Seite 344
Internationale- Sammler-Zeitung.
Nr. 22
Er fuhr in der Karosse,
Und warf den Stummel weg,
Da hob ich ihn begeistert
Mit Hurra aus dem Dreck!
Ich hab’ ihn mir erfochten
Mit vieler Müh’ und Not,
Drei Misses und drei Kinder
Trat ich im Rif er tot.
Nun prangt er in der Stube,
Er ist mein liebstes Gut,
Wenn Sorgen mich belasten,
Er gibt mir neuen Mut.
Und lieg' ich krank im Bette,
Den Körper matt und wund,
Des Stummels hehrer Anblick,
Macht froh mich und gesund.
Und wenn ich einstens sterbe,
’s ist keine Hoffnung mehr,
Dann ist mein letzter Seufzer:
»Reich’ mir den Stummel her!«
Entzünde ihn, o Gattin,
Ich rauche ihn zu End’,
Der einst in eines Prinzen
Erlauchten Mund gebrennt!.
Dann schwillt vor Stolz mein Busen,
O, welch ein Götterschmaus,
Und mit dem letzten Zuge
Haucht sanft mein Leben aus!
Eine wirklich köstliche Persiflage unter diesen
Zirkumstanzien und in diesem Falle, das ist »hündischer
Byzantinismus« doch auch hier gilt »si duo faciunt
idem, non est idem«. Es kommt auf die Persönlichkeiten
und Umstände an.
Pilz erwähnt nach dem »Neuen Wiener Tagblatt«
einen Sammler in Wien, der durch 35 Jahre von hervor
ragenden Persönlichkeiten abgelegte Zigarren sammelte
und in Vitrinen verwahrte. Da soll ein von König
Milan während der elektrischen Ausstellung vor dem
Rotundenportale weggeworfener Stummel sein. Ein
Zettel meldet Datum, Ort des Fundes und die Note, daß
Milan damals in Zivil gewesen. Eine andere angebrannte
Zigarre erinnert an S a 1 v i n i. Ferner finden sich Zi
garrenstummeln vom Prinzen von W a 1 e s, dem König
von Portugal u. a. m. Solche Liebhaber sind nicht
vereinzelt, wenigstens sind mir manche historische
Stummel bekanntgeworden, die aus Pietät aufbewahrt
werden. So trug eine alte Jungfer bis. an ihr seliges
Ende auf der nackten Brust einen Zigarrenstummel, den
Liszt im Jahre 1843 weggeworfen und beim kaiser
lichen Rat Herrn Mayer im Präsidium des Wiener
Rathauses hatte ich Gelegenheit, den Stummel der Zi
garre zu sehen, die Bürgermeister Dr. Lueger kurz
vor seinem Tode noch rauchte, und den dieser Herr
pietätvoll aufbewahrt.
So kann doch auch seinen Affektionswert haben ein
reiner, kleiner - Zigarrenstummel für den Liebhaber
und Sammler.
Kupferstiche.
Die Kupferstichsammlung, deren Versteigerung Am sie r
& Ruthardt in Berlin ankündigen, setzt sich aus Bestän
den der Sammlungen J. Fromm (Gnesen), Hofrat Dr. R u-
land (Weimar) und des Kommerzienrates Josef von Leh
mann in St. Petersburg zusammen. Der Katalog verzeichnet
auf 105 ziemlich eng bedruckten Seiten 1689 Stück, wobei
die zahlreichen Konvolute, die oft 200 und mehr Blatt ent
halten, als Einzelnummern angeführt erscheinen. Daß bei einer
so großen Anzahl jeder Liebhaber von Stichen leicht etwas
nach seinem Geschmacke finden wird, ist einleuchtend.
Fig. 8. Berliner Redensarten.
Jedes Sammlerherz wird seine Ereude an der reichen
Kollektion von Blättern Daniel Chodowieckis haben.
Der mit Recht geschätzte Berliner Künstler ist mit beiläufig
400 Blättern vertreten, worunter manches Rarissimum sich
findet. So zum Beispiel ist der Probedruck der Darstellungen
zur Geschichte des Siebenjährigen Krieges und zum Berliner
historischen Archenholtzischen Kalender 1789 äußerst selten,
Chodowiecki sandte diesen Abdruck vor den Nummern
und den Unterschriften mit Korrektur, gefaltet in einem Briefe,
an den Stecher Pen t ze 1 und schrieb auf den Unterrand die
folgenden Zeilen: »Liebster Herr Pentzel! Ir. Nehmen Sie es
nicht für ungut, daß ich Ihre Arbeit geschmiert habe. 2e. Ziehen
Fig. 9. Berliner Hökerinnen.
Sie allerwegen, wo ich mit dem Bleystift gewischt habe,
leichte Striche mit der kalten Nadel und planieren 3e., was ich
mit Kreide übergangen habe, so daß einige Dinge mehr Hal
tung und das Ganze mehr Harmonie bekomme. D. Chodo
wiecki.«
Seltenheitswert besitzt auch unser in Eig. 6 abgebildetes
Blatt, das des Künstlers Reise nach Dresden im Juni 1789