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internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 24
Stück der blauen Mauritiusmarke 29.650 Mark gezahlt und ein
Jahr zuvor waren für je ein Stück der roten und blauen Marke,
die sich noch auf den Umschlägen befanden, in Frankreich 53.000
Mark erzielt worden. Das Reiehspostmuseuni in Berlin besitzt
ein Stück der blauen Marke auf ganzem Brief, das im Tauschwege
erworben worden ist. Die Druckplatte, die zur Herstellung
dieser seltenen Mauritiusmarken gedient hat, ist nunmehr zur
größten Ueberraschung der Sammler in England a u f ge
funden worden. Sie ist anscheinend von einem höheren Post
beamten als Andenken an die ersten Marken der Insel Mauritius
aufbewahrt worden. Nach seinem Tode ging sie auf seinen Sohn
über, der sie lange Jahre im Banktresor aufbewahrte, bis er sich
jetzt von ihr getrennt hat, indem er sie an einen Londoner Brief
markenhändler verkaufte. Dieser hat sie alsbald an einen be
kannten englischen Sammler weiter veräußert. Der Wert der
Platte, die kürzlich in London ausgestellt war, wird auf 100.000
Mark geschätzt, doch ist diese Annahme ziemlich willkürlich. Den
Besitzern der Postofficemarken mag bei der Nachricht von dem
Funde etwas bang zumute gewesen sein. Denn wenn man auch
bei dem jetzigen Besitzer vor der Herstellung neuer Abzüge von
der Platte (sogenannte Neudrucke) einigermaßen sicher sein mag.
so liegt doch, so lange die Platte sich im Privatbesitz befindet,
immer die Qefahr nahe, daß einmal von ihr ein Neudruck ver
anstaltet wird, was gewiß ein sehr einträgliches Geschäft wäre,
aber die Originale der Marken stark entwerten würde. Deshalb
wäre es zu wünschen, daß die Platte in den Besitz eines Mu
seums überginge, wo sie vor Mißbrauch geschützt wäre. Vielleicht
enschließt sich das Britische Museum, das im Besitze einer sehr
großen, von ihm ererbten Briefmarkensammlung ist, zum Erwerbe.
Verschiedenes.
(Briefverschlußmarken und Ansichts
karten in der Armee.) Aus Wien wird uns geschrieben:
Am 7. d. M. gelangte ein Erlaß des 'Kriegsministeriums an alle
höheren Kommandos, Truppen und Anstalten zur Ausgabe, der
die Einführung von Briefverschlußmarken und A n-
sichtskarten anregt, die bildliche Darstellungen aus der
ruhmreichen Geschichte Oesterreich-Ungarns der Mannschaft
geläufig und der breiten Oeffentlichkeit zugänglich machen
sollen. Als Motive für die Herstellung solcher Marken und
Karten kommen ln erster Linie Schlachtenbilder und militärische
Symbole spezieller Natur in Betracht. Das Kriegsministeriurn
weist in dem Erlasse darauf hin, daß sich im Heeresmuseum
und im Kriegsarchive in Wien eine Fülle von Gemälden be
findet, die, von Meisterhand herrührend, bedeutungsvolle
Episoden aus der Geschichte der Wehrmacht schildern. Doch
nicht nur die alten Truppenkörpet, die in der Kriegsgeschichte
eine allgemein bekannte, ruhmreiche Rolle spielten, finden hier
reiches Bildermaterial, das zur Reproduktion auf Briefvef-
schlußmarken und Ansichtskarten geeignet ist, sondern auch
Regimenter, die mit Auszeichnung vor dem Feind bestanden
haben, ohne daß dies weiteren Kreisen bekannt geworden wäre.
Die Heeresverwaltung verspricht sich mit dieser Neuerung, die
auf die Initiative des Thronfolgers Erzherzog Franz
Ferdinand zurückzuführen ist, ein Mittel mehr geschaffen
zu haben, den altbewährten Geist der Armee zu fördern und in
die große Masse des Volkes zu tragen.
(Die Wappensiegel des Generalleutnants
v. Ledebur.) Wie wir schon in Nummer 22 melden
konnten, ist die bekannte Wappensiegelsammlung des in Berlin
verstorbenen Generalleutnants Freiherrn v. L e d e b u r, eine der
größten und schönsten Sammlungen der Welt, in den Besitz
der Kanzlei für Wappen- und Stammbaumforschung in Wies
baden übergegangen. Ergänzend wird uns nun aus Wie s-
baden geschrieben: Die Sammlung Ledebur enthält eine
einzig dastehende Kollektion von Originalen der hervor
ragendsten historischen Persönlichkeiten bis ins frühe Mittel-
alter und umfaßt etwa hundertelftausend Stücke
aller Arten von Wappensiegeln in mannigfachster Ausführung,
sowie eine als Katalog der Sammlung nützbare Sondersamm
lung von ebenfalls kolorierten Wappen. Etwa zwanzigtausend
unbekannte Wappen der Sammlung harren der Aufklärung ihrer
Herkunft. Diese Aufgabe hat sich die Kanzlei gestellt. Besitzer
von Wappen und Ringen auf Petschaften werden um Ein
sendung von zwei guten Abdrücken gebeten. Die kostbare
Sammlung ist in den Räumen der Kanzlei allen Kennern und
Liebhabern stets zugänglich.
(Gemäldekarten.) Die Firma Gebrüder Ander
mann in Elberfeld hat gut ausgeführte Reproduktionskärten von
Gemälden slavischer Künstler hergestellt, die Szenen aus
dem Volksleben, naturgetreue Landschaften und historische Er
eignisse darstellen. Ebenso sind die österreichischen Künstler-
Karten für jeden Kunstfreund von Interesse. Die Kollektion
Napoleon k arte n, die die Firma anbietet, zeigt uns in Re
liefausführung den großen Korsen in Porträts aus den Jünglings
jahren bis zu seinem Tode, darunter auch in vielen Schlachten
bildern. Für Napoleonschwärmer ist dies eine besonders
empfehlenswerte Sammlung,
(Dieersten Karikaturen.) Die Karikatur ist älter,
als man gemeinhin annimmt. Die ältesten Karikaturen, die die
geschichtliche Forschung kennt, sind uns aus Aegypten über
mittelt worden. Es handelt sich in der Hauptsache um die Ver
spottung des Königs Ramses III., der in den Jahren 1269 bis
1244 v. Chr. gelebt hat. Wie die Geschichte berichtet, hatte der
König an den Ternpelwänden zu Medinet-Habu seine siegreichen
Kriege durch kolossale Inschriften und Bildwerke verherrlichen
lassen, die heute noch bestehen. Anscheinend hat dies dem
ernsten Sinn der Aegypter nicht behagt und deren Spott in
größerem Umfange hervorgerufen. Ebenso hat wohl das
Familienleben des Königs, das gegen die damaligen Sitten stark
verstoßen hat, bei seinen Untertanen Anstoß erregt, und ferner
ist anzunehmen, daß die Habgier des Monarchen Anlaß zu Spott
und Satire gegeben hat. Alle diese Eigenschaften sind nun recht
drastisch verspottet worden, was auf dem sogenannten
Londoner Papyrus zu sehen ist. Der Londoner als auch der
Turiner Papyrus stellen äußerst wertvolle und umfangreiche
Dokumente dar, die tatsächlich die ersten Karikaturen der
Weltgeschichte für uns bedeuten. Einmal wird Ramses, dessen
j Eitelkeit und Ruhmsucht man in diesem Falle wohl verspotten
will, von einem Streitwagen gezogen, der mit Hunden be
spannt ist, während er selber als Rattenkönig dargestellt ist.
Die Festung, gegen die er zieht, wird von Katzen verteidigt.
Im vergrößerten Maßstabe ist dieser Vorgang übrigens in dem
historischen Saal des Berliner Aegyptischen Museums als
Wandgemälde zu sehen, ln. dem im Britischen Museum aufbe
wahrten Papyrus sehen wir weiter einen Löwen, der auf einer
Sitzbank Platz genommen hat und mit einer gleichfalls sitzen
den Antilope auf einem Brett mit Figuren spielt, die Aehnlich-
keit mit unseren Schachfiguren besitzen. Zur Charasteristik
der Geldgier des Monarchen Ramses hält die linke Löwenklaue
bereits den Gewinn fest, der wohl erst auf Grund des Spieles
zur Verteilung gelangt. In dem Turiner Papyrus sieht man eine
Satire auf einen alten Priester, der sich anscheinend mit einer
Sängerin oder Priesterin aus dem Amonstempel abgibt. Die
verschiedenen Liebesabenteuer sind in äußerst drastisch wirken
den Abbildungen dargestellt. Vermutlich sind die Karikaturen,
die auf den beiden Papyruswerken niedergelegt sind, nie den
Verspotteten zu Gesicht gelangt, da sie nach der ganzen Art
der Aegypter sich als eine geheime Rache der Unterdrückten
darstellen.
(Vom Reisegepäck in alter Zeit.) Einen zeit
gemäßen Ueberblick über den Entwicklungsgang des Gepäck
wesens gibt ein Werk, das Louis Vuitton in Paris ver
öffentlicht. Schon den Phöniziern, dem Reisevolk des Alter
tums, waren Koffer und Reisekisten wohl bekannt, während
die Griechen erst zu Zeiten der persischen Invasion besondere
Gerätschaften entwickeln. Man verfertigt schwere Kasten aus
massivem Holz, die in späterer Zeit noch mit Bronzeplatten
und eisernen Beschlägen verstärkt und mit kunstvollen Riegeln