MAK
Nr. 24 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 373 
Wien; mit eigener Lebensgefahr Hungernden Brot 
bringend in Wassernot; bei der Krönung zum Kaiser, 
dann im Jahre 1867 zum König von Ungarn, in Glanz und 
Pracht. 
Wir sehen ihn als Kind, als Jüngling, als Mann auf 
der Höhe seines Lebens, dann wie des nahenden Winters 
erster Hauch auf die blonden Haare fällt, und endlich am 
Sarge der Kaiserin wohl einer der düstersten Momente 
des an schweren Augenblicken überreichen Daseins. 
Aber auch manch heiteres Bild gewahren wir — z. B. der 
Kaiser in Buzias —• anläßlich der großen Manöver — vor 
ihm ein kleiner, schwarzhaariger, dunkeläugiger Bauern 
bub, der mit vertrauensvollem Blick zu ihm aufsieht, und 
ihm ein Bittgesuch überreicht. Gütig beugt sich der 
Herrscher herab zu dem winzigen Untertan und nimmt 
das Blatt entgegen. Dann sehen wir ihn am Manöverfeld 
in Besprechung mit dem Thronfolger und den leitenden 
Generälen, voll Interesse für die Sache, deren Erfolg im 
Ernstfall so viel bedeutet. 
Im Jahre 1860 gewahren wir den Kaiser vor dem 
Jagdschlößchen O f f e n s e e bei Ischl, mit seinen Gästen 
(diese Karte ist nach einem Bild von Kriehuber her- 
Fig. 8. 
gestellt); in jugendlicher Frische steht er da, an den 
Bergstock gelehnt, der erste Weidmann des Reiches, und 
hört den Bericht des Jagdleiters an. Im Kreise der Jäger 
erkennt man den späteren Ackerbauminister Grafen 
Julius F a l k e n h a y n und den damaligen F'lügeladjutan- 
ten Major von Latour, nachherigen Erzieher des 
Kronprinzen Rudolf. 
Aus jungen Jahren ist uns manches Bild des Mon 
archen überkommen, an der Seite der Kaiserin hoch 
zu Roß — z. B. bei einer Parforcejagd in G ö d ö 11 ö, wie 
spielend das Hindernis eines Baches in elegantem Sprung 
nehmend. Auch heutigen Tages ist der Kaiser noch ein 
mustergiitiger Reiter. Das konnten diejenigen bewun 
dern, die ihn auf seinem schönen Gebirgspony sahen, an 
einem der wenigen Sonnenmorgen des heurigen regen 
reichen, lichtarmen Sommers. Niemand wird sich der 
Rührung erwehren können beim Anblick der Karte, die 
den Kaiser zeigt — 1895 — mit drei Enkelkindern. Das 
jüngste hält er am Arme, und blickt wie beschützend auf 
den kleinen Erzherzog Hubert hernieder. 
In bunter Reihe ziehen am Beschauer auch politische 
Ereignisse vorbei. Die Karten, die zu uns aus Deutsch 
land kamen, als Kaiser Wilhelm II. den Thron bestieg, 
eröffnen eine lange Kette von bemerkenswerten Begeben 
heiten. Deutschlands ersten Kanzler; das russische Kaiser 
paar an den Höfen von Wien, Berlin und in Paris; den 
Kronprinzen B o r i s von Bulgarien, als er zum ortho 
doxen Glauben übertrat; König Humbcrt in Monza, 
das Gebet der Königin-Witwe Margherita, Viktor 
Emanuel III. und die Prinzessin aus den schwarzen 
Bergen; Erzherzog Franz Ferdinand mit seiner 
Braut, später mit seiner ganzen Familie; den deutschen 
Kronprinzen mit seiner Frau und seinen Söhnen; Bayerns 
Reichsverweser im Schmuck der neunzig Jahre, allein 
und umgeben von seinem ganzen Hause; Zeppelin 
big. 9. 
mit seinem Luftschiff — ein Herrscher in diesem Reiche; 
Präsidenten Falliere s, W i 1 h c 1 m i n e von Hol 
land empfangend; Königin Viktoria, den König 
Eduard, bei sich zu Hause und als Gast in Oesterreich; 
das jugendlich hübsche Gesicht Manuels von Por 
tugal; den greisen König von Schweden und seinen 
Nachfolger am Throne, Dänemarks früheren Herrscher, 
seinen Sohn und Enkel; Alfons von Spanien und 
die wunderschöne Königin Ena- das alles sehen wir, 
und es ersteht damit vor uns ein Stück Weltgeschichte. 
Wir vergegenwärtigen es uns zu selten, daß ja jeder 
einzelne Tag einen Satz aus einem Kapitel der Historia 
bedeutet. Namen und Bilder tauchen auf, die alle ver 
zeichnet sind im großen Weltenbuche, in dem man sie 
vielleicht in Jahrtausenden noch wird lesen können. 
Den innerösterreichischen Ereignissen, denen wir ja 
1 wohl am meisten Interesse entgegenbringen, sollte ich
	        
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