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Seite 376 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 24 
und noch immer trutziglich wie einst in die Weife schaut. 
Höchst merkwürdig ist der Karner von Friedensbach, 
dessen Kirche einen Schatz an gotischen Fenstergemälden 
besitzt, der eingehende Publikation und Würdigung findet. 
Daniel Groß hat die Fresken des Schlosses Rosenau 
gemalt. 
Im Orte Zwettl erfährt die Pfarrkirche eine besonders 
eingehende Behandlung, und ausgezeichnete Aufnahmen 
der Stadttürme, des Passauerturm.es, von alten Häusern 
bringen uns die Vergangenheit näher. Bas Stift Zwettl 
wird in einem eigenen Supplement behandelt werden. 
Der IX. Band, die kirchlichen Denkmale der Stadt 
Salzburg, hat wieder Dr. T i e t z e zutn Verfasser. Die 
Stadt Salzburg w r eist so viele Denkmäler auf, daß es 
aus praktischen Gründen angemessen erschien, der Stadt 
Salzburg mehrere Bände zu widmen, von denen der vor 
liegende sich mit dem ungemein reichen kirchlichen Be 
stände beschäftigt. Die Baugeschichte des Domes wird 
klargelegt, an dessen Gestaltung Scamozzi und Sentino 
Solosi mitwirkten. Ueber die Grundsteinlegung existiert 
eine interessante Medaille. Da zur Zeit der kunsttopogra- 
phischen Arbeiten der Dom einer Reparatur wegen 
eingerüstet war, war es möglich, ganz besonders gute 
photographische und zeichnerische Aufnahmen anzu 
fertigen, die dem Bande zur hervorragenden Zierde ge 
reichen. 
Hervorzuheben wären im Domschatze eine eucha- 
ristische Taube des XII. Jahrhunderts, ein Reliquienglas 
des XIV. Jahrhunderts, die verschiedenen Reliquiare, ein 
Reisealtärchen des XIV. Jahrhunderts, die sog. Reise 
flasche des heil. Rupertus, XIII. Jahrhundert, die Meßge 
wänder, Tapisserien u. s. w., die alle von dem Glanze 
der Salzburger Erzbischöfe erzählen. 
Nicht viel weniger interessant ist die Pfarrkirche 
unserer lieben Frau. Die Monstranz von zirka 1680 ver 
dient hervorgehoben zu werden, wie denn überhaupt in 
den Monstranzen ein besonderer Reichtum entfaltet wird. 
Fast jede Kirche hat ein Stück, das jedem großen Museum 
zur Zierde gereichen würde, und in denen das kostbarste 
Material mit Geschmack verarbeitet ist. Von besonderer 
Pracht ist der Hochaltar der Kollegienkirche, der von 
Fischer von Erlach entworfen wurde, der ja auch 
die Kirche selber schuf. Auch die Dreifaltigkcitskirchc 
rührt von ihm her, und hiemit ist auch ungefähr die 
Stellung angedeutet, die Salzburg in der Kunstgeschichte 
Oesterreichs einnimmt. Es ist uralter Kulturboden, der 
schon in römischer Zeit eine eigene Kunstblüte schuf, 
und der dann fortwährend im Kontakte mit den ver 
schiedenen Kunstübungen u. a. blieb, und jedenfalls durch 
sein Beispiel zur Verbreitung bestimmter Kunst 
anschauungen beitrug, so daß man noch oft salzburgi- 
schen Einflüssen begegnen wird. Allerdings glaube ich, 
daß man mit der Kunstgeschichte allein die bisweilen 
sehr merkwürdigen Tatsachen in dem österreichischen 
Kunstbestande nicht immer wird genügend aufklären 
können. Es werden da oft persönliche Verhältnisse, 
politische und sonstige Verbindungen, uralte Gewohn 
heiten mitspielen. Anders wird sich zum Beispiel das 
Vorkommen eines Altares mit einer slovenischen In 
schrift in Oberösterreich kaum erklären lassen. Solche 
Probleme werden allerdings im vorliegenden Bande nicht 
tangiert, aber doch durch die w-eitgehende Heranziehung 
von Italienern zu dem Dombaue angeregt, wenngleich 
diese Erscheinung in der Zeit (Anfang des XVII. Jahr 
hunderts) durchaus keine singuläre ist. Auch der Dom in 
Laibach wurde unter italienischeer Mithilfe gebaut und 
seine Ausschmückung w urde fast ganz von Italienern be 
sorgt, die damals die Architekten und Maler für ganz 
Europa waren. Und es wird einmal lehrreich sein, diesen 
italienischen Einfluß bis in seine letzten Verzweigungen, 
bis in die Volkskunst hinein zu verfolgen. 
Ich verrate schließlich ein offenes Geheimnis, wenn 
ich mitteile, daß nunmehr auch Dalmatien an die KJeihc 
kommen wird, dessen Kunstschätze dadurch den Ge 
bildeten erst erschlössen werden. Es ist staunenswert, 
wie viel sich da in bisw'eilen recht unansehnlichen Orten 
erhalten hat. 
Hoffentlich tragen die bis nun erschienenen Bände der 
Kunsttopographie dazu bei, daß man in Oesterreich selbst 
den erhaltenen Kunstwerken mehr Interesse entgegen 
bringt, daß insbesondere die gebildeten Kreise die Ge 
legenheit benützen, sie kennen zu lernen. 
Denn gerade daran scheint es bei uns noch zu fehlen. 
Es wird das w r ohl darauf zurückgehen, daß die Kunst 
hand hier ihre Beispiele zumeist aus Italien, Frank 
reich, Deutschland nahm. Aber das allein genügt nicht 
als Grund. Denn während der Oesterreicher auf der Reise 
im Auslande jede Kirche, jede Sehenswürdigkeit besucht, 
fehlt ihm im eigenen Lande die Lust an Entdeckungs 
fahrten, in die Kirchen der Städtchen, Märkte und Dörfer, 
die oftmals, wie eben die Kunsttopographie beweist, 
höchst bemerkenswerte Werke besitzen. 
Chronik. 
Bibliophilie. 
(Französische Romantiker.) Eine Sammlung 
von Originalausgaben von Werken, die vorwiegend der Epoche 
der französischen Romantik angehören und jetzt im 
Hotel Drout in Paris versteigert wurden, erzielte zum Teil 
überraschend hohe Preise. Für ein broschiertes Exemplar von 
Viktor Hugos »Notre Dame de Paris« wurden 5200 Franken, 
für die beiden Bände von Theophile Q a u t i e r s »Made 
moiselle de Maupin« (1835/36) 5300 Franken, für Stendhals 
»Karthause von Parma« 2000 Franken bezahlt. 
(Sondersammlungen in amerikanischen 
Bibliotheken.) Die neuzeitliche Neigung im Bibliotheks- | 
wesen, ein bestimmtes Feld planmäßig und vollständig auszu- ! 
beuten, statt die Kräfte an alle möglichen Gebiete zu ver 
zetteln, hat in Amerika zur Anlage von Büchereien geführt, die 
gewissermaßen als Sachbibliotheken für gewisse Gegenstände 
anzusprechen sind und sich durch Vollständigkeit auf ihrem 
Sondergebiet auszeichnen. So hat zum Beispiel die Harvard- 
Universität in Boston-Cambridge eine der besten Buch- und 
Materialiensammlungen über die Türkei und die Balkan 
staaten in Gestalt der berühmten Riant-Kollektion, die 
Harvard 1899 erworben und seitdem auf ungefähr 4000 Bände 
über das Ottomanische Kaiserreich vermehrt hat. Die staatliche 
Geschichtsbibliothek zu Madison im Staate Wisconsin besitzt 
in der Schlüter-Sammlung Materialien zur Geschichte des 
deutschen Sozialismus, die selbst in den Berliner 
Archiven der Sozialdemokraten nicht zu finden sind. Wahr 
scheinlich die bedeutendste Dante-Literatur ist in der Cornell-
	        
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