MAK
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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 4 
Pfosten in die Erde steckten, die Zwischenräume mit flecht 
werk ausfüllten und mit Lehm verschmierten. Gruben wurden 
in den beiden Häusern auch gefunden, sie dienten aber nur als 
Vorratsräume. Das eine der Häuser zeigte am Eingänge ein 
kleines Entree von zwei Quadratmeter Grolle; von da gelangte 
man in zwei Zimmer, einem Wohn- und einem Schlafraum. 
Ein Zeichen, daß der Mensch der jüngeren Steinzeit doch 
immerhin schon eine gewisse Kultur besaß. Die zahlreichen 
Gefäße, die man fand, verstärken gleichfalls diesen Eindruck, 
sie weisen Verzierungen auf, die ein gewisses Schönheitsbe- 
diirfnis voraussetzen. Die Ausgrabungen, deren Ergebnisse in 
ihrer Art einzig sind, sollen fortgesetzt werden. 
(Die belgische Spitzenindustrie.) Die 
Spitzenindustrie in Flandern, die ehemals in so hoher Bliite 
stand, ist in den letzten Jahren in schnellem Niedergang be 
griffen, und um dieser Entwicklung entgegenzutreten, hat man 
neuerdings verschiedene Maßregeln getroffen. In Brügge 
und T u r n h o u t wurden Schulen für die Spitzenindustrie ge 
gründet, und in nächster Zeit soll noch eine besondere Schule 
für den Point ä läiguille in der Nähe von Alost ins Leben 
gerufen werden. Um den Export zu fördern, hat man eine Kor 
porativgenossenschaft mit einem Kapital von vorläufig 15(1.000 
Francs begründet; die Königin Elisabeth, die eine eifrige 
Förderin der Spitzenindustrie ist, hat hiezu 25.000 Francs bei 
gesteuert. Die Schulen werden von der Regierung und den 
Provinzen unterstützt, und besonders sucht der Ministerial 
direktor Stevens, der die deutschen Einrichtungen auf 
diesem Gebiete genau studiert hat, die Bewegung zugunsten 
der Spitzenklöpplerinnen zu fördern, die durch die Fortschritte 
des Auslandes ins Hintertreffen geraten sind. 
(Der Kaiserpalast des Domitian auf dem 
Palatin.) Die im Oktober vorigen Jahres von B o n i be 
gonnenen Ausgrabungen im Palaste des Kaisers Domitian 
auf dem Palatin haben bereits interessante Ergebnisse ge 
zeitigt. Schon im 16. Jahrhundert hat F a r n e s i, dessen 
Gärten angrenzten, Ausgrabungen dieser Stätte in Angriff ge 
nommen, dann ist aber nichts Ernstliches mehr bis in das 
IS. Jahrhundert begonnen worden. Boni geht darauf aus, den 
gaiizen Plan des Palastes klar zu stellen, der ein typisches 
römisches Haus (Domus) war, das nur in dem Maße er 
weitert worden ist, als es die Bedürfnisse des Herrschers de^ 
J^eiches verlangten. Bei der Arbeit in der Zimmerflucht, die 
die Front des Palastes einnahm, ist man nach einem Berichte 
der Kunstchronik hinter das ganze Drainagesystern gekommen 
und hat außerdem eine erhebliche Reihe von Architekturbrucli- 
stiieken gefunden. Im Atrium stieß man auf ein gewaltiges 
oktogonales Bassin, von dessen Existenz man vorher keine 
Ahnung gehabt hatte. Es mißt 18 Meter auf jeder Seite, ist 
ungefähr 80 Zentimeter tief und war ursprünglich durchaus 
mit Marmor eingefaßt. Im Triclinium, auf dessen Pracht M.ar- 
tial in einer seiner Satiren anspielt, ist alles bis zu dem Fuß 
boden nivelliert. Dabei hat man aber früher einen prachtvollen 
Marmorfußboden übersehen, der jetzt unter wenigen Zenti 
metern Schutt auf eine Länge von fast 150 Metern aufgedeckt 
worden ist. In dem bereits früher erkannten nördlichen 
Nyrnphäum hat man jetzt die Wasserrohren, die das Wasser 
hineinführten, entdeckt. Das südliche Nyrnphäum harrt noch 
der Ausgrabungen; ein Teil davon liegt unter dem nun ver 
lassenen Nonnenkloster della Visitazione, das vor ungefähr 
40 Jahren auf dieser Stätte erbaut worden ist. Dieses moderne 
Gebäude .muß abgerissen werden, wenn der Palast des Domi 
tian in seiner Vollständigkeit ausgegraben und aufgenommen 
werden soll. 
Museen. 
(Oester reiehische Staatsgalerie.) Kaiser 
( ranz Josef hat die Abänderung der Bezeichnung der »Modernen 
Galerie« in Wien in »Oesterreichische Staatsgalerie« genehmigt. 
Diese neue Benennung hat ihren Grund darin, daß die bisherige 
Moderne Galerie durch Erweiterung des Sammlungsprogrammes 
auf die österreichische Kunst der Vergangenheit ausgestaltet wer 
den soll. Die Tätigkeit der Staatsgalerie wird sich sonach in Hin 
kunft im wesentlichen auf zwei Gebiete erstrecken. Ihre haupt 
sächliche Aufgabe wird jene sein, der die bisherige Moderne 
Galerie gewidmet war, das ist in ideellem Anschluß an den 
übrigen öffentlichen Kunstbesitz in Wien die allgemeine Kunst- 
entwicklung vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart 
in ihren wesentlichen Linien und Phasen durch große typische 
Beispiele der schöpferischen richtunggebenden Kräfte zur Dar 
stellung zu bringen, wobei naturgemäß das Ausland nur in den 
überragenden, die gesamte Entwicklung beeinflussenden Er 
scheinungen, die österreichische Kunst hingegen in reicherer Aus 
gestaltung und Berücksichtigung aller rein künstlerischen Rich 
tungen und führenden Meister zur Geltung kommen soll, Dar 
über hinaus ist der Staatsgalerie die neue Aufgabe gestellt, auch 
die ältere österreichische Kunst ohne zeitliche Ein 
schränkung (also von ihren Anfängen an) aufzunehmen. 
Diese Seite der Sammeltätigkeit wird, da sie sich in engster 
Fühlung mit den Grundsätzen der modernen Denkmalpflege zu 
vollziehen hat, einen vorwiegend erhaltenden Charak 
ter haben und sich im wesentlichen darauf beschränken, solchen 
älteren österreichischen Werken, die bereits von ihrem Ur 
sprungsboden losgelöst sind oder die an Ort und Stelle dem Ver 
derben ausgesetzt wären, eine Stätte zu bieten. 
(Manets »Frühstück im Atelier«.) Manets 
berühmtes Hauptwerk, das »Frühstück im Atelier« aus dem Jahre 
1869, ist soeben als Schenkung eines Kunstfreundes, der nicht 
genannt sein will, in die Münchener »Neue Pinakothek« gelangt, 
Noch Geheimer Rat v. T s c h u d i hatte Schritte unternommen, 
um das Bild seinem Museum zu sichern. Das »Frühstück« war 
vor zwei Jahren mit der großen Manet-Sammlung von Pellerin 
nach Deutschland gelangt. Es stellt einen Blick in Manets Werk 
statt dar, wo vor dem Frühstückstisch der Schwager des Künst 
lers, Leon Leenhoff, in einer Samtjacke steht, während hinten ein 
rauchender Mann und das Dienstmädchen mit der Kaffeekanne 
sichtbar werden. Das Bild fand, als es 1869 im Pariser Salon 
ausgestellt wurde, scharfe Kritik, noch mehr allerdings stieß das 
andere Werk Manets in diesem Salon, das Balkonbild, das heute 
irn Luxembourg-Museum hängt, auf das Gelächter des Publi 
kums. Dieser neue Besitz der Münchener Pinakothek ist zweifel 
los neben dem Bilde der Erschießung Kaiser Maximilians in 
Mannheim und dem »Treibhaus« in der Berliner Nationalgalerie 
das bedeutendste Werk Manets, das sich in deutschen öffentlichen 
Sammlungen befindet. 
(Fränkische Altertümer im Berliner Mu 
seum.) Von einigen Freunden des germanischen Altertums 
erhielt jetzt die vorgeschichtliche Abteilung der Berliner 
Museen einige hervorragende Arbeiten fränkischer Herkunft 
aus dem frühen Mittelalter. Das hervorragendste Stück ist 
eines der seltenen fränkischen Schwerter, 
das aus dem bekannten Gräberfunde von E e r e b r i a n g e s 
im Marne-Departement stammt. Während die Eisenteile durch 
Rost gelitten haben, ist, wie Dr. E b e r t in den amtlichen Be 
richten ausführt, das Mundblech der Scheide besonders merk 
würdig, ein breites, vergoldetes Silberband, das mit aufge 
löteten Zellen und Stegen von Goldblech verziert ist; zwischen 
diesen stehen flache, auf üoldiolie liegende Almandine, dunkel 
grüne Glaspaste und aufgelötetes Goldfiligran. Auf der an 
deren Seite zeigt die Verzierung Tierschmuckstücke. Diese 
wertvolle Waffe, die von der reichen Ausstattung fränkischer 
Schwerter in dieser prunkliebenden Zeit eine gute Vorstellung 
gibt, stammt aus dem Ausgang der Merowingerzeit, 
etwa der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts. Dieser Zeit ge 
hört auch die neuerworbene Klinge einer Streitaxt an, die 
einzige tauschierte Axt westgermanischer Herkunft aus dieser 
Zeit, von zwei prächtigen goldtauschierten Aexten abgesehen, 
die vor etwa einem Monat aus einem Rheinarm in Holland 
gebaggert würden. Die Streitaxt entspricht in ihrer Form den
	        
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