Nr. 4
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 51
Max Rooses, der die Echtheit der Gemälde aufs entschie- ’
denste bestreitet. Es ist interessant, daß Rooses hauptsächlich in |
dem Umstande, daß die Bilder mit dem Namenszuge Rubens ver- 1
sehen sind, einen Beweis für ihre Unechtheit erblickt, weil i
Rubens bekanntlich nur ganz ausnahmsweise zu signieren
pflegte. Man wird also auch fernerhin annehmen müssen, daß
das im Antwerpener Museum hängende Gemälde das Original
der »Heiligen Dreieinigkeit mit Engel« ist.
Bei dieser Gelegenheit macht Prof. Rooses interessante
Angaben über den schwunghaften Handel, der mit gefälschten
Rubens noch zu Lebzeiten des Meisters getrieben wurde. Rooses
teilt mit. daß ihm jährlich eine ganze Anzahl von Kisten mit
Gemälden zugehen, die angeblich von Rubens stammen undderen
Besitzer über die Echtheit von einem Kenner Aufklärung haben
möchten. In den allermeisten Fällen ist der Befragte dann ge
zwungen, die Auskunft zu geben, daß es sich um eine Fälschung
oder eine Kopie handelt. Diese Fälschungen sind indes zum ge
ringsten Teile neueren Ursprunges, die meisten sind in.der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden. Wie in Italien zur Zeit
der Renaissance geschickte Kopisten und manchmal selbst große
Künstler Marmorstatuen im Aufträge gerissener Kunsthändler
nachbildeten, die sie an römische Kardinale und florentinische
Bankiers verkauften, so gab es schon im 17. Jahrhundert in
Antwerpen und Brüssel eine blühende Industrie falscher Gemälde,
und kein Gesetz zum Schutze des künstlerischen Eigentums
störte die schamlosen Kopisten in ihrem Treiben, wenn sie ohne
Bedenken ihren Machwerken durch die Beifügung Rubens fec.
höheren künstlerischen Wert zu verleihen suchten. Hauptsächlich
die kirchliche Malerei des Meisters bildeten sie in zahllosen
Stücken nach und ganze Wagenladungen davon gingen ins Aus
land. namentlich nach Spanien, wo sie besondere Liebhaber
in den Klöstern fanden.
Der Ueberfluß. in dem diese Fälschungen vorhanden sind,
hat die Kenner mißtrauisch gemacht, und heute sind die Werke
Rubens’ ziemlich genau katalogisiert, so daß es schwieriger ist,
eine Nachbildung als echt einzuschmuggeln; die Möglichkeit
neuer Entdeckungen ist ziemlich genau umschrieben und eng be
grenzt. Auch heute noch bildet indes die Fälschung alter Bilder
ein gewinnbringendes Geschäft in Antwerpen. Es gibt da eine
ganze Anzahl von sehr geschickten Malern, die namentlich die
früheren flämischen Meister bearbeiten. Sie haben sich die
Technik des Malers, den sie gerade behandeln, vollständig zu
eigen gemacht und verbinden damit eingehende chemische
Kenntnisse, die es ihnen gestatten, die Farben in c'er erforder
lichen Weise wiederzugeben und durch die Patina auch den Ein-
diuck des Alten vorzutäuschen.
So gelingt es ihnen, einen Memling oder einen Roger
van der Wenden ohne viel Mühe täuschend ähnlich nachzu-
rriachen. Für ihre Fälschungen finden sie im Kunsthandel stets
willige Abnehmer, nur gehen ihre Erzeugnisse heute nicht mehr
nach Spanien, sondern zum großen Teile nach Amerika.
Das niederösterreichische Landesmuseum.
Von Dr. Oswald Menghin (Wien).
Nun hat endlich auch Niederösterreich als letztes
aller Kronländer sein Landesmuseum erhalten. Die Idee
reicht weit in die vormärzliche Zeit zurück; auch in den
Achtzigerjahren wurde sie wieder aufgegriffen — aber
zu einer Gründung kam es nicht. Daß wir heute trotzdem
dieses für die Erforschung der Heimat so wichtige
Institut besitzen, ist vor allem das Verdienst zweier
Körperschaften: der niederösterreichischen Landesver
tretung, in der sich besonders Landesausschuß Professor
S t u r m für die Angelegenheit interessierte, und des
Vereines für Landeskunde von Niederösterreich. Dieser
Verein, der schon seit Jahren eine ungewöhnliche Rührig
keit im Interesse der Heimatforschung entfaltet, hat in
seinem Sekretär Landesarchivar Dr. Max Vancsa die
ganze Arbeitslast der Museumsgründung auf sich ge
nommen und mit zäher Ausdauer bewältigt. Die Raum
frage war schon 1904 durch das Entgegenkommen des
Landesausschusses dahin gelöst, daß dem Museum in
dem alten, hübschen Palais Geymiiller (I. Wallnerstraße
Nr. 8) fünf Säle im ersten Stockwerke zur Verfügung
gestellt wurden. Dazu kamen später noch zwei Räume
im Erdgeschoß. Nach mancherlei Verzögerungen wurde
das Museum am 18. Dezember 1911 durch Herrn Erz
herzog Leopold Salvator in Vertretung des
Kaisers feierlich der Oeffcntlichkeit übergeben.
Wenn wir es auch nur mit einem Anfang zu tun
haben, so repräsentiert die neue Sammlung doch schon
einen staunenswerten Reichtum. Das Lapidar ist in
der Einfahrtshalle des Palais und zwei anschließenden
Kammern untergebracht und enthält eine große Zahl von
Denkmälern der römischen Zeit, romanischer und goti
scher Kunst sowie der Renaissance und des Barocks. Die
bekannte Sammlung W i d t e r, zumeist aus Grabsteinen
vom 14. Jahrhundert an, aber auch aus romanischen
und jüngeren Skulpturen bestehend, bildet den Grund
stock des Lapidars.
Die in den fünf Sälen des ersten Stockes zur Schau
gestellten Sammlungen gliedern sich iri drei Gruppen.
Der numismatischen und archivaji sehen
Abteilung sind vorläufig die zwei Vitrinen des
eisten Saales eingeräumt. Das niederösterreichische
Landesarchiv, unter dessen Verwaltung das Museum
steht, bildet selbstverständlich für diese Art von Denk
mälern ein unerschöpfliches Reservoir. Der durch
Wandmalereien der Empirezcit glänzend dekorierte
Raum gestattet aber keine Ueberladung durch Schau
kasten, so daß erst dann reicheres Material geboten
werden kann, wenn dem Museum neue Lokalitäten zur
Verfügung gestellt werden, was hoffentlich nicht lange
auf sich warten läßt. Der zweite Saal enthält die natu r-
wissenschaftlichen Sammlungen. Auch hier
konnte natürlich vielfach nur eine Auswahl der im Be
sitze des Museums befindlichen Objekte zur Ausstellung
gebracht werden. Wir sehen hier vollständige Serien der
Gesteine und Mineralien Niederösterreichs, Glasschränke
mit niederösterreichischen Vögeln und paläontologischen
Funden, eine Vitrine mit Sammlungen von Schnecken,
Käfern, Schmetterlingen und Moosen. Der dritte Raum,
ein äußerst reizvoll mit bemalten Seidentapeten ge
ziertes Empirezimmer, .soll mit der Zeit auch das ent
sprechende Meublement erhalten. Er bildet aber schon
an und für sich, so wie er urn den Anfang des 19. Jahr
hunderts ausstaffiert wurde, ein Musealstück. Der
vierte und der fünfte Saal enthalten die volkskund
lich-historische Abteilung des Museums. Da
sind in und außer den Glaskasten die vorgeschichtlichen,
römischen und frühmittelalterlichen Fundserien, glänzende
Kollektionen heimischer Keramik, volkstümlicher Geräte,