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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 4
Die Nachlaßsammlung Kirnig.
Von August Strobel (Prag).
Vor Jahresfrist starb in Prag siebzigjährig ein deutscher
Künstler, eer fast nicht mehr dafür gehalten wurde. Alois
Kirnig, dessen Name bei älteren Leuten einen guten Klang hatte,
galt denen, die nur sein zeitgenössisches Schaffen kannten, für
einen sehr untergeordneten Mann. Wie bei vielen, die sich über
lebt haben, brachte nun eine kürzlich in Prag im Rudo.lfi-
n u m eröffnete Ausstellung aus seinem Nachlasse auch diesen
Meister wieder zu Ehren, Er hatte sein Bestes in den Sechziger-
und Siebzigerjahren geleistet und mehrere hundert Bilder und
Skizzen aus dieser Zeit, die dergestalt jetzt zur Ausstellung und
gleichzeitig zum Verkauf gelangten, haben auch für die Zukunft
den unterschätzten Künstler rehabilitiert, ln des Malers Mappen
und Schränken hatten diese Arbeiten, von ihm selbst fast nie
hervorgeholt und sonst allgemein unbekannt, all die Jahre, ge
legen. Sie stellten gewissermaßen ein gemaltes Tagebuch seines
Lebens dar, waren nicht daheim in Muße, sondern mit schnell
fertigem Pinsel draußen in der Natur entstanden, wo gerade der
unruhevolle Wandertrieb den damals jungen Künstler hingeführt
hatte. Das war weit genug gewesen. Böhmerland, das wurde
besonders fleißig durchwandert, aus Nordmähren stammte er
selber, und umfaßte auch diese Landschaft mit heimatlichem
ücfiihl. Dann kamen die Alpen, die lieblicheren im Salzkammer
gut und im Bayerischen, und die wilder-pittoresken, die Dolo
miten, die Schroffen bei Görz oder im Krainischen. Und natür
lich auch Italien! Alle diese Eindrücke werden durch diese Stu
dien und Bilder belegt, die bis 1854 zurückreichen, wo der Schüler
des Altprager Malers L e p i e seine erste Zeichnung fertigte,
so daß diese Ausstellung beinahe ein halbes Jahrhundert emsiger
Malerei umspannt.
Welcher Art ist nun die Persönlichkeit, die diese alten,
merkwürdig gleichmäßigen und keinesfalls eine krisenreiche Ent
wicklung verratenden Arbeiten widerspiegeln, Von ängstlichem
Suchen und Irren künden diese sicher komponierten Landschaften
nichts. Da ragen stolz und ruhig majestätische Eichen gegen
einen ernsten Himmel; Birken zittern am hinrauschenden Wässer
lein; der Sturzbach schäumt zwar zwischen klobigen Fels
blöcken, aber lieblich polstert grünes und rotes Moos ihre Ecken
und Kanten, und schummeriges Blättergezweig läßt den Blick
in freundliche Tiefen versinken. Diese drei Dinge liebt der Jüng
ling vor allem; schöne, kubische, zyklopisch geschichtete Ge
steine, kleine, friedliche oder höchstens übermütige Gewässer,
und dann die Bäume, den Wald. Das »Gewurl« der im Winde
spielenden Blätter, der sich hundertfach verschränkenden und
kreuzenden Zweige, in denen das durchfallende Licht versickert,
zu Dämmer und Dunkel wird. Manchmal nur neigt sich etwas
in dem Maler auch dem Erhabeneren, .dem Größeren entgegen:
so malt er weite Ebenen, die sich tief in den Hintergrund ver
lieren, und malt schroffe, wolkenumwitterte Zacken, mit Ver
ehrung. aber nicht ohne einige Zaghaftigkeit; dann kehrt er
rasch wieder zu seinen intimeren Naturausschnitten, zu den lieb
lichen Szenen zurück. Docli muß es hervorgehoben werden, daß
auf Kirnigs Bildern völlig das Anekdotische fehlt. Das ist be
merkenswert aus einer Zeit, wo entweder Gestalten aus Mär
chen und Sage jede Landschaft beleben mußten oder wenigstens
die Büsche und Bäume, das Mondlicht und die zerrissenen
Wolken grausig-gespenstisch oder romantisch-lieblich verkleidet
auf der Szene zu stehen schienen. Auf Kirnigs Bildern von 1860
und 1870 führt nur die reine Natur, die genügsame Freude an
dem; was ist und wie es ist, den Pinsel, So bewährt sich Alois
Kirnig durch diese Ausstellung weder als Bahnbrecher, noch als
großer Vollender, wohl aber als treuer und begabter Schüler
jener Meister aus dem Anfang des Jahrhunderts, die, damals
verkannt, erst unsere Zeit zu Ehren gebracht hat.
Wir geben im folgenden einen kleinen Auszug aus der
Liste der Verkäufe samt den Bilderpreisen, die allerdings aus
nehmend niedrig angesetzt waren. Wo nichts anderes angegeben,
sind die Käufer Prager.
Verkauft wurden; Nr. 474 Eichen mit Brettsäge K 80.—,
und Nr. 516 Waldweg K 80.— (Prof. F'orrnanek), Nr. 116 See
bei Raibl K 250.—. Nr. 17 Strand K 100.- -. Nr. 63 Genua
K 150.—. Nr. 89 Partie aus Rügen K 150.—. Nr. 167 Terrain-
Studie K 100.— . Nr. 146 und Nr. 125 Partien aus Thüringen
K 80.—, bezw. K 125.— (Max v. Haase-Wranau). Nr. 133
Feldweg K 90.—. Nr. 136 Fünfspitz bei Raibl K 60.—. Nr. 138
Ahornbäume irrt Nebel K 80.— (Diiektor Slansky). Nr. 15
Hiitte in Augezd 1\ 80.—. Nr. 43 Ulme bei Sturm K 180.—.
Nr. 109 Eichen mit Forsthaus K 120;—- (Gustav Preuß). Nr. 12
Sandsteinterrain K 30.—. Ohne Nummer Sandsteinfelsen bei
Libotz (Herr Gratum). Nr. 46 Die Wartburg K 100.—.
Nr. 166 Fiume K 120.—. Nr. 177 Schloß Biirgstein K 50.—
(Oberbaurat Prof. Bach). Nr. 212 Jalouz K 150.—. Nr. 150 Das
Höllental K 150.— (Ingenieur Hans v. Müller). Nr. 77 Kol-
bachfälle in der Tatra K 80— (Architekt Rudolf Vomaüka).
Nr. 218 Ari der Thaya K 120.— (Wilhelm Horn). Nr. 51 Dorf
bei Partenkirclien K 120.— : (Fritz Wagner). Nr. 112 Von der
Rohansehen Insel (Kontrollor August Steiner). Nr. 149 Baum
gruppen bei Gmunden (Fiuanzrat Dr. Weiß). Nr. 108
St. Prokop bei Prag K 100.— (Großmeister des Kreuzherrn-
ordens Marat). Nr. 187 Seeköpfe K 120.—. Nr. 195 Fels
häuser aus Torhole K 200.-- (Ingenieur Konrad Herbst).
Nr. 130 Der große Fischsee in der Tatra K 180.— (Fritz
Mayer). Nr. 81 Trauerweiden aus Petersburg i. B. K 100.—
(Oktavian Peschka). Nr. 65 Teufelskanzel auf dem Brocken
K 60.— (F'rau v. Müller). Nr. 209 Teufelsmauer bei Flohenfurt.
Nr. 123 Aus der Bistritzer Sprachinsel (Sekretär Weinert).
Nr. 181 Protestantischer Friedhof in Rom K 100.—. Nr. 73
Kolosseum in Rom K 100.— (Frau Erna Wolf). Nr. 197
Erlen K 70.—. Nr. 85 Eichen mit Teich in Petersburg K 100.—
(Frau Schuh). Nr. 40 Aus Neusedletz K 200.—. Nr. 165 An
der Wiirm K 120.—. Nr. 168 Straßenbild aus Gmunden K 90.—
(Hugo Mann). Nr. 179 Steg über den Ramsaubach K 25.—
(Herr Feistmantel). Nr. 35 An der Mora. Ohne Nummer Herta
hein] auf Rügen K 100.— (Prof. Ernst Hermann Haas). Nr. 2
Blick in die Grünau K 120.—. Nr. 49 Valie Vercello K 70.—.
Nr. 93 Unterer Teil der Kolbachfällc K 70.—. Nr. 184 Der
Almsee K 80.—. Nr. 199 Alpenspitze K 70.—. Nr. 200 Der
vordere Langbathsee K 50.— (Bergrat Franz Heißler). Nr. 31
Kirche in Bensen. Ohne Nummer Felsstudie K 80.—. Nr. 79
San Michaele in Rom K 80.- -. Nr. 30 Terrainstudie K 30.—
Nr. 81 Weg zum Ferdinandsbrunnen. Ohne Nummer Ruine
Waldeck K 70.— (Frau Rosa v. Schöller). Nr. 148 Tempel
der Vesta in Rom K 200.— (Berta Winternitz). Nr. 67 Linde.
Ohne Nummer Palatin in Rom K 80.— (Emil Chitz). Nr. 170
Tannenstämme in Waldeck K 30.—. Ohne Nummer Bach
studie aus der Ramsau K 15.— (Konservatoriumsdirektor
v. Kaan). Nr. 112 Teufelsbrücke im Bodental. Nr. 137 Steine
von der Ruine Waldeck K 25.— (Apotheker Klöckner). Nr. 226
Die Eger bei Kaaden K 50.—. Nr. 120 Pfraumberg bei Haid
K 60.— (Frau Mehlschmidt). Nr. 69 Weidengruppe bei Troja
K 70.— (Julius Heinrich). Nr. 76 Fichte aus Netschetin. Nr. 77
Baumgruppe aus Bojetitz (Frau v. Herget). Nr. 86 Steine aus
der Scharka. Nr. 87 Steine. Nr. 89 Bachstudie. Nrn. 91, 92. 93
Die Moldau bei Hohenfurt (Oberleutnant Grimm). Nr. 94
Pappelallee K 100.—. Nr. 67 Vesuv von Capri aus K 150.—
(Anton Scheiner). Nr. 32 Eiche mit Hohlweg K 100.— (Otto
Röders). Nr. 97 Wald bei Turn K 125.— (Dr. Klemperer'i.
Nr. 98 Birken K 80.—. Nr. 99 Terrainstudie K 20.—. Nr. 100
Partie bei Teplitz K 125.— (Dr. Mischkönig). Nr. 21 Schloß
Podmokl (Prof. Dr. Anton Elschnigg). Nr. 102 Alter Teil des
Neuhauser Schlosses K 80.— (Graf Franz Czernin). Nr. 103
Hirnser Teich K 100.— (Gräfin Czernin, Flohenelbe).