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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
4. Jahrgang. Wien, 1. März 1912. Nr. 5. 
Isabey. 
Von Dr. Schiller Marmorek (Wien). 
Ein Werk Isabeys ist jetzt in Wien aufge 
taucht, ein Porträt von Napoleons jüngstem Bruder 
Jerome, dem »immer Iustikcn« Könige Westfalens. Es ist 
ein Oelbild, eines der 
wenigen, die Isabey 
gemalt hat. Denn 
hauptsächlich brillierte 
er in der Miniature auf 
Elfenbein, im Aquarell, 
in der Sepiazeichnung 
auf weißem Papier und 
Karton. Auf dem Grab 
steine, den die Fried 
hofsmauer des Pere 
Lachaise birgt, steht 
nur: Jean Baptiste Isa 
bey, Peintre en Minia 
ture. 
Diese schlankere 
Kunst brachte er zur 
höchsten Blüte, aber 
vor der wuchtigeren, 
klassischen hielt er 
sich zumeist fern. Er 
übte sie, wie er alle 
Zweige seiner Kunst 
übte. Er hatte ja auch 
Dekorationen für die 
Oper entworfen, den 
Ordensstern der Ehren 
legion, damals kein 
Kreuz mehr, gezeich 
net, für die staatliche 
Fabrik von Scvres 
einen Riesen - Mar 
schallstisch von einem 
Meter Durchmesser 
verfertigt, er war höfi 
scher Zeremonien 
meister und inszenierte 
den Hochzeitszug Na 
poleons, jetzt Schwä 
hers der Habsburger, und den Trauerkondukt des zehnten l 
Karl von Frankreich, er arbeitete für Frauenblätter und j 
schuf Moden und war für Madame Isabey nicht nur ein | 
billiger, sondern auch ein erfindungsreicher Schneider. 
Aber sein Genie gehörte der Miniature. Wer diese Kunst 
kennt und davon spricht, sagt Leisching, denkt an 
Isabey. 
Mit ihr bringt er 
den Charme und das 
Gefühl mehrerer Zeit 
alter zum Ausdruck. 
Mit ihr verewigt er 
große Damen, Herren, 
Prinzessinnen, Sei 
gneurs, und in ihnen 
allen gerade ihre 
besten Vorzüge. Die 
Reihe seiner vielen 
hundert Porträts bildet 
eine gute Gesellschaft, 
in der nur Rühmliches 
erzählt wird. Wie 
Goya der Maler der 
Medisance, ist Isabey 
der Maler des Kompli 
ments, das aber an 
Wirkliches anknüpft 
und nicht banal übers 
Ziel schießt. Diese 
große Künstlertugend 
hat also weit mehr 
als ein halbes Jahrhun 
dert lang seinen Pin 
sel geführt. Er sah 
noch die Abendsonne 
des untergehenden 
Königtums der Bour 
bonen. und durfte in 
Versailles Maria An 
toinette bewundernd 
nachblicken. Er machte 
die messerflinke Re 
volution mit, die Repu 
blik, und. atmete wie 
der unter dem Konsu 
late und dann dem Kaisertume in erstandener Lebens 
lust auf. Bis zu dem dritten Napoleon reicht sein Schaf 
fen, bis zur Oppositionszeit der kaiserlichen Cousine Ma- 
Fig. 1. Isabey
	        
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