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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 5
Heiterkeit durch ein trockenes »Bis nachher!« zurückgewiesen.
Und die Zahlen steigen weiter und weiter. Zwei Konkur
renten kämpfen — der eine rechts, der andere links: immer
wieder fallen die Kufe: 400.000, 450.000. Als die halbe Million
erreicht ist, ertönt ein .allgemeines Ah! — in den letzten
Reihen stellt man auf und reckt sich nach vorne; aber das
Spiel geht fort. 540.000, 550.000, ein Ruf nach rechts, ein Ruf
nach links. Und erst als die 590.000 erreicht sind, stockt der
Kampf — der Hammer fällt: und in einem Rauschen löst sich
die allgemeine Spannung. Kleinberger ist der Sieger.
Nach einer kleinen Erholungspause wurde die Auktion
fortgesetzt. Es kam nun nicht mehr zu solch dramatischen
Momenten, doch hielt das Interesse unvermindert an.
Nach Mantegnas Madonna redete Palma Vecchios
»Verkündigung« die wirtschaftlich tüchtigste Sprache. Hundert
tausend Mark brachte dieses unbezweifelbar echte Werk
aus der letzten Periode des großen Venezianers ein. Und es ist
ein launiger Zufall, daß die farbensatte Tafel just von jenem
Londoner Dowdeswell gekauft wurde, der seinerzeit
Herrn E. F. W e b e r den zinskräftigen Mantegna ver
schafft hat.
Von weiteren Ergebnissen des ersten Tages seien, er
wähnt: Schule des Kölnischen Meisters Wilhelm (Triptychon)
11.000 Mark, Werkstatt des Roger van der Weyden (»An
betung des Christuskindes«) 1050 Mark, Nachfolger des
Meisters v. Flemalle (»Messe des heil. Gregor«) 7400 Mark,
Meister der heiligen Familie (»Kopf der Maria und des
Johannes«) 3000 Mark, Oberdeutsche Schule (»Heil. Katha
rina« und »Heil.' Klara«) 260 Mark, Oberdeutsche Schule
(Madonnenkopf) 600 Mark, Meister des Marienlebens (»Him
melfahrt Christi«) 12.000 Mark, Köln. Nachfolger des Meisters
des Marienlebens (»Der heilige Petrus) 3000 Mark, Kölnische
Schule »Verkündigung Mariae« und »Die Anbetung des
Kindes«) 4200 Mark, Kölnische Schule (»Verkündigung
Mariae) 500 Mark, Schule des Fra Filippo Lippi (»Maria mit
dem Kinde«) 850 Mark, Art des Matteo di Giov. di Bartolo
di Siena (»Maria mit dem Kinde«) 150 Mark, Florentinische
Schule (»Maria mit dem Kinde und der heil. Katharina«)
16.000 Mark, Hans Holbein d. Ae. (»Christus im Tempel«)
17.000 Mark, A. Diirer (»Maria mit dem Kinde«) 7000 Mark,
Martin Schaffner (Grabtafel des Stuttgarter Bürgermeisters
S. Welling) 26.500 Mark, Hans Süß v. Kulmbach (Männliches
Bildnis) 4000 Mark, Hans Mu^lich (männliches Bildnis)
31.000 Mark, Meister von Sankt Severin (Passionsaltar,
Triptychon) 71.000 Mark, Bartel Bruyn d. Ae. »Heilige Fa
milie mit dem heil. Gereon«) 45.000 Mark, Ludger Tom Ring
d. J. (Weibl. Bildnis) 47.500 Mark, Meister der Heiligenblut
kapelle (»Maria mit dem Kinde«) 39.000 Mark, Jean Prevost
(»Jüngstes Gericht«) 25.500 Mark, Meister des Todes Mariae
(»Christus am Kreuz«) 30.000 Mark.
Am zweiten Tag hielten sich die Preise zunächst in
ziemlich niedrigen Grenzen: die Italiener und die italienischen
Schulen wollten nicht recht ziehen. Das männliche Bildnis des
Franciabigio brachte cs nur auf 3400 Mark, Giacomo Francias
»Madonna mit der Vermählung der heil. Katharina« auf
9000 Mark — die kleineren mußten sich mit noch weniger
begnügen. Erst Moretto, »Die große Beweinung Christi«,
brachte stärkeres Lehen: in schnellem Steigen wuchs die
Kaufsumme auf 41.000 Mark. Ihm nahe kam Tintoretto mit
einem männlichen Bildnis, das der Münchener Kunsthändler
Kommerzienrat Drey iiir 29.000 Mark erstand. Bronzinos
»Junge Dame« brachte es dagegen nur auf 2800 Mark und
selbst der große Caracci kam nicht über 4300 Mark. Ein kleines
weibliches Bildnis aus der Schule des Frarigois Clouet erstand
Direktor Friedländer vom Berliner Kupferstichkabinett
als Privatmann für 5100 Mark — der angebliche Greco brachte
es auf 6100, Alessandro Turchis weihender Papst dagegen nur
auf 400 Mark. Höher stiegen die Zahlen dann wieder bei Sasso-
feratos schönem »Christus arn Kreuze«, der in schnellem
Wettkampfe 30.000 Mark erreichte.
Von weiteren Ergebnissen dieses Tages sind zu ver
zeichnen: Ribera (»Anbetung der Hirten«) 20.000 Mark, Ribera
(»Heil. Andreas«) 2100 Mark, Diego Velazques (Bildnis der
Infantin Maria Theresa) 45.000 Mark, Alonso Cano (»Engel
der Verkündigung«) 5000 Mark, Pedro de Moya (Männliches
Bildnis) 5300 Mark, Murillo (»Maria als Himmelskönigin«)
32.000 Mark, Murillo (»Rückkehr der heil. Familie aus
Aegypten) 34.000 Mark, Mateo Cerezo (»Die heil. Cäcilie«)
3200 Mark, Francisco Goya (»Maja mit roten Schuhen«)
8200 Mark, Goya (Bildnis des Don Tornas Perez Estala)
76.000 Mark, erworben von Schwarz (Hamburg), Goya
(Revolutionsszene) 20.000 Mark, erworben von Terey
(Budapest), Philippe de Champaigne (Männliches Bildnis)
3500 Mark, Rubens (Bildnis der Helene Fourment), für das
Brüsseler Museum angekauft, 48.000 Mark, Rubens (»Länd
licher Ringeltanz«) 9100 Mark, I^ubens (»Kimon und Pero«)
24,000 Mark, Rubens (»Apokalyptisches Weib«), beide für die
Sammlung Nemes (Budapest) 5500 Mark, Frans Snyders
(»Zwei Papageien und ein Affe«) 2200 Mark, Daniel Seghers
(»Blumenumwundenes Steinrelief«) 1000 Mark, Geeraard
Zegers (»Das Opfer Abrahams«) 1100 Mark. Jakob Jordaenr,
(»Beweinung Christi«), erworben von Bondy, 13.000 Mark,
Jakob Jordaens (Faunskopf mit Fruchtkorb) 620 Mark, Jakob
Jordaens (Lockenkopf) 3500 Mark. Anton van Dyck (Bildnis
der Genevieve d’Urfe) 20.001) Mark. Adriaen Brouwer (»Flöten
spieler und sein Kumpan«) v 330 Mark. Frans Francken III (»Die
Kreuzigung Christi«) 300 Mark. David Teniers d. J. (»Unfrei
willige Rückkehr«), angekauft von Bondy, 7000 Mark. David
Teniers d. J. (»Die Bleiche«), angekauft von Schwarz
(Hamburg), 8100 Mark. David Teniers d. J. (»Trinkender
Bauer«), erworben von Cohn, 1200 Mark. David Teniers d. J.
(»Heimkehr vom Fischfang«) 14.000 Mark. Teniers (»Bauern
tanz«) 13.000 Mark. Ryckaert d. J. (»Bauernstube«) 1150 Mark,
Gonzales Coqucs (Familiengruppe) 8000 Mark.
Der dritte Auktionstag stand im Zeichen R e m-
brandts, und es war, als ob dieser Name vorauswirkte.
Gleich der Anfang brachte ein Resultat von ansehnlicher Höhe.
Salomon Ruisdaels schöne Flußlandschaft erreichte in raschem
Anstieg die stattliche Summe von 51.000 Mark — und
»K o e t s c h a u« klang es über die Köpfe hinweg als Ant
wort auf die Frage nach dein Namen de.s Käufers. Die beiden
Pieter de Bloots brachten nur 2000 und 1800 Mark, dagegen
erzielten die beiden Landschaften des Aert van der Neer
15.200 und 12.000 Mark und auch die Delfter »Nieuwe Kerk«
des uerard Hoückgeest gingen für 27.000 Mark fort. Wilhelm
Honthorsts weibliches Bildnis und Dirk van Delens Re
naissancehalle trugen je 2400 Mark ein. Dann aber tönt es
durch den Saal: Nr. 248 Rcmbrandt! Die Darstellung Christi
im Tempel aus dem Jahre 1628 machte den Anfang, die Gruppe
de.s alten Priesters mit dem Jesuskinde irn Arm, vor dem
Maria und Josef knien, dahinter Hantiah hoch aufgerichtet mit
erhobenen Händen das Ganze segnend und zusammen
schließend. Gleich das Anfangsgebot lautete auf 50.000 Mark
— dann ging es in raschem Steigen empor. Das erste 100.000
war schnell erreicht — und immer noch fielen die Zahlen,
Schlag urn Schlag. 125.000, 150.000 — dann 200.000. Langsamer,
zögernder klangen die Rufe weiter, bis bei 225.000 Mark -
der Hammer fiel. Sedlmayer (Paris) ist der Käufer.
Es folgte das Bildnis eines halberwachsenen Jünglings —
ebenfalls aus der Zeit um 1630. 10.000 Mark lautete das erste
Angebot — aber auch hier wurden die 100.000 erreicht und
überschritten: erst bei 117.000 erfolgte der Zuschlag —
wiederum an den Pariser Händler.
Bei den beiden anderen Rembrandts flaute die Stimmung
ab. Die »Ehebrecherin vor Christus« ist zwar, wie der Katalog
besagt, nach dem Urteil der ȟberwiegenden Mehrzahl aller