MAK
Nr. 6 
Internationale S a m m i e r - Z e i t u n g. 
Seite 83 
Farbenstiche nach Morland und anderen, dann die 
Kreuzigung des Gerard Edelink nach Lebrun schmücken 
die Wände der Sammlungsräume. Eine Uhr im 
Louis XVI.-Stil von Bonnot freres ist in Weißbergers 
Besitz. Die merkwürdigsten Stücke der Sammlung aber 
bilden unstreitig die Wachsplastiken, deren Pro 
venienz nach Italien, Spanien und Deutschland weist. 
Der »Alte Fritz« in täuschender Lebensnatürlichkeit, ein 
»Hexenmeister« und eine »Hexenmeisterin«, vene 
zianische Arbeiten aus dem 16. Jahrhundert, endlich vier 
in einem gemeinsamen Rahmen unter luftdichtem Glas 
verschluß vereinigte Halbfiguren allegorischer Bedeu 
tung aus Spanien werden alle, die sich näher mit dieser 
sonderbaren Kunst des Wachsbildcns beschäftigt haben 
(vgl. Schlosser: Geschichte der Wachsplastik), außer 
ordentlich interessieren. 
Die Kruppsche Neujahrsplakette von 1912. 
Von Dr. Max Weinberg (Wien). 
Das Mitglied des Herrenhauses, Großindustrieller 
Artur Krupp, hat seit mehreren Jahren die Gepflogen 
heit, seine Freunde 
mit Neujahrsplaket 
ten zu überraschen, 
durch welche er un 
seren Medailleuren 
Gelegenheit zur Lö 
sung interessanter 
künstlerischer Auf 
gaben bietet. Dem 
gewiß nachahmens 
werten Beispiel 
dieses Mäzens ver 
danken bereits einige 
sehr schöne Arbei 
ten ihre Entstehung. 
Gewöhnlich sind es 
Rückblicke auf 
wichtige Ereignisse 
des verflossenen 
Jahres, die als 
Thema gegeben 
werden. Diesmal 
batte Regierungsra* 
Professor Stephan 
S c h w a r t z den 
Auftrag, die Ver 
mählung des Erz 
herzogs Karl 
Franz Josef mit 
Prinzessin Zita von 
Parma - Bo u r- 
bon durch eine 
Plakette zu ver 
ewigen. 
Während die frü 
heren Kruppschen 
Neujahrsplaketten 
zumeist in Bronze 
guß ausgeführt wa 
ren, ist diesmal eine 
Prägepiakette in 
Bronze geschaffen 
worden, die aller 
dings die aparte Höhe von 100 Millimetern aufweist. — 
Der geschätzte Künstler hat seine Arbeit geradezu 
monumental durchgeführt und die Köpfe des erzherzog- 
lichen Paares sind malerisch und in vorzüglicher Perspek 
tive gruppiert. Man kann in jedem der beiden Porträts 
(Fig. 1) die kräftige Betonung aller wichtigeren Details, 
dabei die plastische Weichheit und den vornehmen 
Schwung der Linien 
wiederfinden, die 
alle Schöpfungen 
dieses Meisters aus 
zeichnen. Einen be 
sonderen Reiz er 
hält das Werk da 
durch, daß die bei 
den Köpfe nach der 
Natur modelliert 
wurden und des 
halb von außer 
ordentlicher Natur 
treue sind. Das erz 
herzogliche Paar 
gewährte dem 
Künstler während 
der Brautzeit meh 
rere Sitzungen im 
Schlosse zu 
Schwarzau und war 
dabei von solcher 
Unermüdlichkeit, daß 
es einmal sogar von 
Vs 10 Uhr vormittags 
bis 4 Uhr nachmit 
tags, bloß mit Unter 
brechung der Früh 
stückspause, saß. 
Unter den Por 
träts sieht man links 
das habsburg-loth 
ringische Haus 
wappen, rechts das 
Wappen von Bour 
bon-Parma. Die Le 
gende lautet: Erz 
herzog Karl Franz 
Josef. Zita von Bour 
bon, Prinzessin von 
Parma. Vermählt 
am 21. X. 1911. Auf 
der Rückseite der 
Plakette liest man: Prosit Neujahr. Am Brand*) 1912. — 
Professor Schwartz hat mit dieser Plakette ein Werk 
geschaffen, das sich seinen hervorragenden Arbeiten 
würdig anreiht. 
?) Villa Artur Krupp in Berndorf. 
Fig. 1. Die Kruppsche Neuiahrsplakette. 
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