MAK
Nr. 7 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 107 
wenn es hieher gelangt, bei Ozmits zuversichtlich eine große 
Attraktion für hiesige und auswärtige Kunstfreunde bilden. Das 
Bild stellt die heilige Jungfrau mit dem Jesuskinde vor. Rück 
wärts ein Hiigelzug, vorne links ein Korb mit Kinderwäschc. 
Die Jungfrau ist ungemein anmutig, das Kind lieb. Interessant 
ist. daß unser hiesiger Franziskaner-Orden aus. Anlaß der im 
Jahre 1865 im Palais Grassalkovich—Erzherzog Friedrich ver 
anstalteten großen Ausstellung unter Nummer 3 des Kataloges 
einen »St. Franziskus von Assissi« ausgestellt hat. welcher da 
mals dem Correggio zugeschrieben wurde. 
(Ein authentisches Porträt von Cer 
vantes.) Es ist eine gewiß berechtigte Neugier, wenn wir 
uns danach sehnen, die wirklichen Gesichtszüge großer Geistes- 
fürsten kennen zu lernen, um auch in diesem äußeren Abbild 
ihrer Persönlichkeit jene Merkmale aufzufinden, die wir in 
ihren Werken bewundern. Bei Cervantes, dem Schöpfer 
des unsterblichen »Don Quixote«, der zu den vier oder fünf 
größten Dichtern der Weltliteratur gehört, konnte diese Sehn 
sucht bisher nicht befriedigt werden. Man besaß kein authen 
tisches Bildnis von ihm. Nun aber hat ein glücklicher Zufall die 
Welt in den Besitz eines Porträts gesetzt, das Cervantes Züge 
getreu wiedergibt. Die Entdeckung ist einem Maler, dem 
Professor an der Kunstgewerbeschule von Oviedo, Jose 
A 1 b i o 1, gelungen. Wie Albiol der spanischen Akademie, der 
er das Bild zum Geschenk machte, mitgeteilt hat, tauschte er 
im vergangenen Jahre eines seiner eigenen Werke gegen ein 
völlig verschmutztes und schlecht erhaltenes altes Gemälde 
ein, auf dem ihn die undeutlichen Linien eines charaktervollen 
Antlitzes merkwürdig anzogen. Eine sorgfältige Reinigung ließ 
das Bildnis eines Spaniers in großer Halskrause zutage treten, 
ein kluges Gesicht mit hoher Stirn, großen sinnenden Augen 
und schmaler, feiner Kopfform; eine Unterschrift, die als gleich 
zeitig mit dem Gemälde angesprochen werden durfte, be- 
zeichnete die dargestellte Persönlichkeit als Don Miguel de 
Cervantes Saavedra, als Maler Juan de Jaregui, und als 
Datum das Jahr 1600. Dem glücklichen Entdecker, der zugleich 
ein guter Kenner seines großen Landsmannes war, fiel sofort 
die Aehnlichkeit auf, die dieses Gesicht mit dem literarischen 
Selblstporträt zeigt, das Cervantes von sich im Prolog seiner 
Novellensammlung »Novelas Exemplares« entworfen hat. Er 
bezieht sich in dieser an die Leser gerichteten Vorrede auf das 
günstige Anerbieten eines Freundes, »der, wie es Brauch ist, 
auf das erste Blatt des Buches mein Porträt hätte in Kupfer 
stechen können, das ihm der berühmte Don Juan de Jauregui 
zur Verfügung gestellt haben würde; darunter wollte er 
schreiben: Der, den Ihr hier seht, diie Haare braun, die Stirne 
frei und hoch, die Augen fröhlich, die Nase gebogen, aber da 
bei wohlgeformt, den Mund klein, den Bart von Silber — der 
vor zwanzig Jahren von Gold war — die Zähne spärlich — er 
hat nur noch sechs, und die in schlechtem Zustand und noch 
schlechter verteilt, denn sie stimmen in ihrer Stellung nicht 
miteinander überein — das ist der Schöpfer der Galatea und 
des Don Quixote.« Diese Beschreibung, in der sich Cervantes 
keineswegs geschmeichelt hat, und die mit dem aufgefundenen 
Bilde genau übereinstimmt, lieferte den Beweis, daß sein 
Porträt von der Hand des bekannten Malers und Schriftstellers 
Juan de Jauregui existierte. Aber man hatte ein solches 
Bildnis früher nicht auffinden können und mußte sich mit 
apokryphen Porträts des großen Spaniers begnügen, die dann 
an der Spitze seiner Werke das echte recht schlecht vertraten. 
So hatte man in einem Bilde des Pacheco, des Lehrers und 
Schwiegervaters von Velasquez, das sich im Museum von 
Sevilla befindet, die Züge von Cervantes erkennen wollen, eine 
Annahme, die man nun wird aufgeben müssen. Einer der be 
kanntesten Cervantes-Forscher, Rodriguez Marin, hat nach 
gewiesen, daß sich der Maler Jauregui im Jahre 1600 zusammen 
mit Cervantes in Sevilla befand. 
(Entdeckung von neun Tiepolos.) Aus T r c- 
viso wird gemeldet: Vor einigen Tagen wurde der Maler 
Professor Anton B e n i von dem Bischof der Diözese von 
Treviso beauftragt, die Neudekorierung der Pfarrkirche von 
Meolo zu studieren und zu leiten. Professor Beni fand nun im 
Chor der Kirche neun Fresken, über und über von Rauch und 
Staub bedeckt. Nachdem sie gereinigt waren, glaubte Beni 
Arbeiten des Domeniko T i e p o 1 o in ihnen feststellen zu 
können. Vier Bilder stellen die vier Evangelisten dar, vier 
kleinere die vier Kardinaltugenden, in deren Mitte in einem 
runden, größeren Bilde die Taufe Christi gemalt ist. Beni 
meint, daß diese Fresken aus dem goldenen Alter des Tiepolo 
stammen. 
(Zwei Meisterwerke des Velasquez nach 
Newyork verkauft.) Aus N e w y o r k kommt die Nach 
richt, daß die berühmten Porträts Philipp IV. von Spanien 
und seines Ministers O 1 i v a r e s, zwei Meisterstücke des 
Velasquez, in der Sammlung eines Newyorker Millionärs 
und Kunstfreundes ein neues Heim gefunden haben. In Kunst- 
kreisen bildete das rätselhafte Schicksal der beiden Werke 
schon seit einiger Zeit einen Gegenstand der Sorge und zahl 
reicher Vermutungen. Als die Besitzerin der beiden Bilder, die 
Herzogin von Viliahermosa, starb, bemühten sich 
zahlreiche Kunsthändler und Agenten um den Ankauf der be 
rühmten Meisterwerke, aber der Erbe der Herzogin, der Herzog 
von Luna, lehnte alle Angebote ab und erklärte, die beiden 
Velasquez unter keinen Umständen herzugeben. Doch seit 
einiger Zeit konnten die Werke merkwürdigerweise nicht mehr 
besichtigt werden, und zugleich lehnte der Herzog alle An 
gaben über sie ab. Gerüchtweise verlautet, die beiden Velasquez 
seien bereits im Jänner nach Amerika versandt worden, aber 
alle Nachforschungen blieben fruchtlos, und man nährte immer 
noch die Hoffnung, daß diese Meisterwerke aus der Frühzeit 
des Velasquez der Alten Welt erhalten bleiben würden. Nun 
stellt sich heraus, daß die Kunstwerke bereits seit Monaten die 
Hauptzierde einer amerikanischen Privatsammlung bilden. Der 
Herzog von Connaught konnte sie bei seinem Besuche in 
Amerika bereits besichtigen, und jetzt geben auch die be 
kannten Newyorker Kunsthändler üebr. D u v e e n zu, daß sie 
sie in Spanien gekauft und weitergegeben haben. Der Name 
des jetzigen Besitzers wird jedoch noch geheimgehalten. Auf 
beiden Porträts heben sich die Gestalten der dargestellten Per 
sönlichkeiten von einem lichtgrauen Hintergründe ab, der im 
Ton von den später von Velasquez verwandten dunkleren 
Hintergründen vollkommen abweicht. Bei den Bildern befand 
sich auch die eigenhändig von Velasquez unterschriebene 
Quittung über das Honorar; dies historisch denkwürdige Doku 
ment gibt zugleich eine genaue Beschreibung der beiden 
Porträts, in der auch die Namen der dargestellten Pensönl.ich- 
keiten ausdrücklich erwähnt werden. Der Wert der beiden 
Bilder wird von Sachverständigen auf rund 4 Millionen Mark 
geschätzt. 
Handschriften. 
(Die Dichtungen der Aurora von Königs 
mark.) Dem Harzverein für Geschichte und Altertumskunde 
zu Quedlinburg ist aus Upsala eine bedeutsame 
Meldung zugegangen. Dort ist nämlich eine langvermißte hand 
schriftliche Niederschrift der rühmlichst bekannten »Aurora 
von Königsmark« — Geliebte Augusts des Starken — die als 
Dichterin und Musikliebhaberin hervorgetreten ist, aufgefun 
den worden. Der Titel dieser psalmartigen geistlichen Lieder 
heißt »Nordischer Weihrauch oder zusammengesuchte An 
dachten schwedischer Frauenzimmer«. Das Manuskript ent 
hält elf Dichtungen der Aurora und mehrerer Schwestern von 
ihr, Gräfin Löwenhaupt und einiger Cousinen. Im Rhythmus 
sind die in den Formen der zweiten schlesischen Dichter 
schule geschriebenen Psalmen interessant und einwandfrei, in 
haltlich aber von geringem Wert. Seit mehr als 100 Jahren
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.