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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 8
j u g e n d h i 1 d u i s des Kaisers selbst befand. Da als Maler
dieses Bildes ein Studiengenosse des Kaisers auf der Militär
schule in Brienne, Pontarni n i, festgestellt worden ist, so
ergibt sich daraus, daß hier nicht nur ein unbekanntes Jugend-
porträt Napoleons, sondern sein erstes authentisches
Bildnis überhaupt gefunden worden ist. Mit den übrigen Ge
mälden ist das Porträt jetzt nach Schloß M a 1 m a i s o n über
führt worden, um in dem dortigen, dem Andenken Napoleons
geweihten Museum eine dauernde Stätte zu finden.
(Zwei neuentdeckte Porträts von Frans
Hals) sind, wie dem »Newyork Herald« aus Amerika tele
graphiert wird, soeben in Newyork von dem bekannten
kanadischen Kunstsammler Sir William Van H o r n e ange
kauft worden und sollen in den nächsten Tagen die Reise nach
Kanada antreten. Der Verkauf erfolgte durch den Newyorker
Kunsthändler Van Slochem. Die beiden Werke sind Por
träts und geben das Bildnis eines Mannes und das einer Frau.
Sie wurden im Jahre 1637 von dem Künstler geschaffen. Nähere
Einzelheiten über die beiden kostbaren Stücke und ihre Her
kunft sind bis jetzt nicht zu erlangen gewesen.
(Eine Landschaft von Pieter P o 11 e r.) In Hol
land wurde vor einiger Zeit ein altes, auf Eichenholz gemaltes
Oelgemäklc von einer deutschen Dame erworben. Bei der Re
staurierung des Bildes kam, nach der Entfernung der oberen
Schicht, eine Landschaft mit einem Schalmei blasenden Hirten
und dem etwas undeutlichen Namenszug des Malers und die
Jahreszahl 1643 zum Vorschein. Wie nun Prof. Dr. W. Mar-
t i n im Haag festgestellt hat, ist das Gemälde, das sich jetzt
in Karlsruhe befindet, dem Pieter Pott er (1600 bis
1652), dem Vater und Lehrer des berühmten Paul Potter, zu
zuschreiben. Von diesem Meister sind in Deutschland fast keine
und selbst in seiner Heimat Holland nicht viele Werke vor
handen.
(Der Meister des betenden Knabe n.) Man
schreibt uns aus Berlin: Eines der schönsten Stücke der Ber
liner Antikensammlung ist die Bronzestatue eines betenden
Knaben. Dieses durch viele Kopien allbekannte Werk, das
Friedrich der Große für den damals außerordentlich hohen Preis
von 5000 Talern sich gewann, kann jetzt mit aller Wahrschein
lichkeit seinen Platz in der Geschichte der alten Kunst ein
nehmen. Es ist ein schon in der Antike berühmtes Original
werk, eine Schöpfung des Boedas, eines Sohnes und Haupt
schülers des Lysipp. Vielleicht ist es unter den Augen des Hof
bildhauers Alexanders des Großen selbst entstanden. Diese
schon von mehreren Archäologen ausgesprochene Bestimmung
macht jetzt Prof. Hans Lucas, Charlottenburg, in den »Neuen
Jahrbüchern für das klassische Altertum« mit neuen Gründen
wahrscheinlich. Zuerst wird von ihm die Vermutung zurück
gewiesen, die Wilhelm Raabe im »Hungerpastor« als erster
ausgesprochen hat, es handle sich gar nicht um einen Betenden,
sondern um einen Knaben, der seinen Ball wieder fangen will.
Vielmehr zeigen nach Lucas antike Denkmäler mehrfach, be
sonders ein Relief aus Nemea, die Arrne des Beters zur Gott
heit erhoben, mit gebeugtem Ellenbogen, die Hände schräg vor
dem Kopf, die Handflächen nach außen der Gottheit zugewandt.
Die in Frankreich ausgeführten Ergänzungen der Arme der
Berliner Figur sind danach zu berichtigen. Lucas weist nun auf
Münzen der Stadt Skyon, auf Tetradrachmen Alexanders des
Großen, die wie auf dem Nemeischen Relief mit Wollbinden
geschmückte Gestalt des Beters nach. Von dem Berliner
Adoranten vermutet Lucas in Uebereinstimmung mit Professor
Bruno Sauer in Gießen, daß er jener betende Knabe ist, den
der Geograph Dionysus von Byzanz am Bosporus als in dem
heiligen Bezirk beim Tempel des Zeus Urios stehend aufführt.
In Byzanz selbst wird ein Künstler Boedas genannt. Ein dort
her stammender Knabe mag sich an Wettspielen in der Nähe
oder In Griechenland beteiligt und vorher den ihm aus seiner
Heimat wohlbekannten, als hilfreich vielfach erkannten Zeus
vom Bosporus angerufen haben. Nach erfolgtem Siege stellte
er dann in Zeus heiligem Bezirke die eigene Statue als Weihung
auf. Die Berliner Figur läßt sich bis Venedig und Aguileia zu
rück verfolgen. Im Dogenpalast steht heute noch ein Nach
laß, den man wahrscheinlich heimlich machte und unterschob,
als das Original in der Stille verkauft wurde. Lucas ve.qriutet
nun, daß der betende Knabe ebenso wie die berühmten vier
antiken Bronzepferde auf der Markuskirche aus Konstantinopel
nach Venedig kam. Und die Kaiserstadt des Ostens wird die
Figur zu jener Zeit erhalten haben, als Kaiser Konstantin und
sein Nachfolger ziemlich rücksichtslos unzählige Statuen 1 von
nah und fern zum Schmuck der neuen Hauptstadt zusammen-
schlepptcn.
(Auffindung von B i 1 d e r s c h ä t z e n.) Aus
Lissabon wird berichtet: In dem ehemaligen Königsschloß,
dem Palaste Necessidades, wurden eine Anzahl Gemälde aui-
gefunden, die, in Kisten verpackt, über hundert Jahre in einem
Speicher versteckt lagerten. Es handelt sich um drei Werke
Giovanni B e I 1 i n i s, und zwar zwei Madonnen, sowie ein
Bildnis des Dogen Giovanni Mocenigo, ferner um zwei
Tizians, ein umfangreiches Gemälde mythologischen In
haltes und ein Bildnis Kaiser Karl V.. das eine auffallende
Aehnlichkeit mit dem in der Münchener Pinakothek befind
lichen zeigt. Die Gemälde sind Eigentum der portugiesischen
Königsfamilie.
Numismatik.
(Münzauktion in M ii n c h e n.) Der bekannte
Numismatiker Dr. Jakob Hirsch in München bringt am 6. Maj
und den folgenden Tagen vier Sammlungen, zwei deutsche
(H. G. Qutekunst in Stuttgart und Albert N ie ß' in Brauti-
sdiweig) und zwei englische, antiker Münzen zum Verkauf:
666 Nummern Griechen, 220 römische Republik, 1400 Kaiser
und 360 Byzanz. Für die Zusammensetzung der hier ausge-
botenen, ziemlich ungleichmäßigen griechischen Reihen ist in
erster Linie die Schönheitsfreude maßgebend gewesen. Daher
sind nur Autonommünzen vorhanden, durchweg Stücke von
vortrefflicher Erhaltung und bedeutendem Kunstwert, und die
Münzen von Groll-Griechenland und Sizilien sind verhältnis
mäßig zahlreich. Besonders reich ist Katana vertreten: hier
finden wir die Künstlernamen Herakleidas und Euainetös, in
Syrakus letzteren und Eumenes, in Thermae Kle . . . Von
Korinth und seinen Kolonien sind stattliche Folgen von silbernen
Pegasosstateren da, während die ansehnlichste Reihe die von
Baktrien ist, die bis in die Sassanidenzeit hinabreicht. Sie ent
hält auch wohl die rein wissenschaftlich bedeutendsten Stücke,
zum Beispiel die Tetradrachme des Antimachos Theos mit dem
kämpfenden Zeus und die des Eukratides mit Heliokles und
Laodike. Auch bei der Auswahl der Römer hat die Rücksicht
auf den Kunstwert mitgesprochen: unübersehbar ist die Zahl
der schönen Goldstücke und durch vorzügliche Bildnisse aus
gezeichneten Großbronzen. An Medaillons finden sicli neben
mehreren griechischen (M. Anton und Octavia, Agrippina und
Claudius) solche von M. Aurel mit Comrnodus, Lucius Verus,
Probus, Herenriia Etruscilla, Constantius Gallus in Bronze, von
Eugenius in Silber. Unter den Goldmünzen verzeichnen wir
Galeria Valeria, Attalus, Avitus, Pulcheria, Aelia Ariadne und
zahlreiche sehr seltene Byzantiner der späteren Zeit. Alles in
allem ein Angebot, das wieder einen stürmischen Wettbewerb
der Münz- und Kunstfreunde entfesseln wird.
(Münzeiifund.) 620 altrömische Münzen wurden in
einem Felde bei dem Eifeldorfe B e 11 e 1 d o r f gefunden. Nur
wenige Stücke sind Silbermünzen. Neben einem Denar, der
noch aus der Zeit der römischen Republik stammt, handelt
es sich zumeist um schlecht erhaltene und stark abgerissene
Kaisermünzen aus der Zeit des Galba bis Comrnodus. Besser
steht es mit dem Erhaltungszustand der Silbermünzen der
späteren Zeit des Diokletian. Konstantins Chlorus und Maxi
mians. Die Kleinbronzen dagegen, die ohne Ausnahme aus der
Zeit kurz vor der Vergrabung des Schatzes herrühren, sind
dementsprechend weit weniger airgeschliffen und von ansehn
lichem Aeußern. Sie umfassen nur Stücke des Maximian, der