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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 8 
vogel hin. Diese Annahme hat um so größere Wahrschein 
lichkeit. als der kunstsinnige und prachtliebende Christoph v. 
Thiina, der Erbauer jenes großen Nordflügels des Lauenstein, 
dessen vornehme Innenarchitektur wir noch heute in seinen 
Prunkräumen bewundern, bekanntlich die besten Kräfte seiner 
Zeit bei seinem Bau zurate zog. 
(Neuentdeckte Werke von Michael 
Pacher.) Aus Innsbruck wird gemeldet: Von dem alt- 
tirolischen Meister Michael Pacher (geb. zu Bruneck 1436 
bis 1440, gest. 1498), dem Schöpfer des berühmten gotischen 
Altars in der Kirche zu St. Wolfgang am Abersee in Oberöster 
reich, sind jetzt sechs bisher unbekannte Originalskulpturen 
von überraschender Schönheit ans Licht gezogen worden. Es 
handelt sich um größtenteils gut erhaltene Holzskulpturen. Sic 
befinden sich im Besitze des Innsbrucker Sammlers Andrea 
Coli i. Am besten erhalten ist ein überlebensgroßer Kopf 
Johannes des Täufers auf einer Schüssel, dessen Wert durch 
gut erhaltene Spuren der originalen Polychromierung noch er 
höht wird. Ein für Pachers Eigenart sehr charakteristisches 
Werk ist eine große Relieffigur des Apostels Paulus, etwa 
1 20 Meter hoch, nur wenig beschädigt und ebenfalls mit Spuren 
alter Polychromierung. Von den drei weiteren, zirka 80 Zenti 
meter hohen Reliefs, stellt jedes einen Kirchenvater dar; diese 
Arbeiten sind früheren Ursprunges als das vorgenannte Relief 
und bis auf eine sehr gut erhalten. Den Beschluß bildet ein 
ganz dünnes Flachrelief eines Engels, zirka 60 Zentimeter hoch, 
ein Stück einer Altargruppe, die verschollen ist. 
(Mittelalterliche Funde in Romont.) Bei 
Straßenbauten in dem reizend über der Balm zwischen Frei 
burg und Lausanne hochgelegenen mauerumgürteten ehemals 
savoyischcn Städtchen Romont wurde in der Hauptgasse 
acht Meter unter dem Boden ein interessanter Fund gemacht, 
bestehend aus einem Kupferkessel mit Dreifuß, einem Bronze 
topf mit eisernen Stützen und einer Menge von Maurerwerk 
zeugen, wie Hacken, Hebeln und Kellen, alles von charakteri- 
stisch-spätmitteialterlichem Typus. Diese Gegenstände stam 
men zweifellos von dem großen Brande von 1434, der fast das 
ganze Städtchen einäscherte. Damals geriet wohl die Werk 
statt und die Wohnung eines Maurermeisters in Brand und 
fiel in Trümmer, die einen Teil seiner Habe bedeckten und so 
der Nachwelt erhielten. Die Funde kamen ins Freiburgische 
Altertumsmuseum. Da mittelalterliche Bauutensilien selten sind, 
repräsentiert dieser Fund einen bedeutenden Wert. 
(Die größte Spieikartensammln n g.) Der 
Glaube, daß die Spielkartensammlung im Britischen Museum zu 
London die größte der Welt sei, ist weit verbreitet. Aber nicht 
ein Staatsmuseum, sondern eine Privatperson kann den Ruhm 
für sich in Anspruch nehmen, die größte Spielkartensammlung 
zu besitzen. Es ist Mrs. Van Rensselaer in Philadelphia, 
die im Laufe vieler Jahre 900 verschiedene Kartenspiele ge 
sammelt hat. Alle Länder und alle Zeiten sind vertreten. Aber 
Mrs. Van Rensselaer unterscheidet sich von den gewöhnlichen 
Sammlern, die ihren Ehrgeiz darin suchen, ein Stück neben 
dem anderen aufzuhäufen, sie sieht ihre Aufgabe darin, an der 
Hand der Spielkarten Kultur- und Rassengeschichte zu treiben, 
und sie hat wohl nicht so ganz unrecht, wenn sie sagt, daß die 
Spielkarten eine Menge von Geheimnissen in sich bergen, und 
daß man beim Studium ihrer Geschichte auf die interessantesten 
Ergebnisse stoßen müsse. »Im allgemeinen wissen die Leute 
furchtbar wenig über Spielkarten; sie sehen in ihnen eben ge 
rade seltsame und ulkige Bilder, oder sie sind für sie Dinge, 
die ihnen Unterhaltung und Zeitvertreib schaffen,« so äußerte 
Mrs. Van Rensselaer in einem interview, das sie einem Ver 
treter der »Tit-Bits« gewährte. »Für mich bedeuten sie eine 
Weltgeschichte. Um die Karten zu verstehen, bedarf man eines 
umfangreichen Wissens; nicht allein mit der Geschichte aller 
Zeiten muß man vertraut, man muß auch in der Anthropologie 
bewandert sein, Religionsgeschichte getrieben haben und über 
ein ansehnliches Wissen auf dem Gebiete der Symbolik ver 
fügen.« Mrs. Vati Rensselaer wies darin auf die eigentümliche 
Tatsache hin, daß der Ursprung der Spielkarten bis heute nocli 
ein unerforschtes Geheimnis geblieben ist. Man weiß nicht, 
welcher Sitte und welchem Brauche sie ihr Leben verdanken. 
»Fünfzehn Autoren, mich selbst eingeschlossen,« sagte sie, 
»haben diesen Gegenstand in umfangreichen Werken behandelt. 
Aber ich allein — das darf ich wohl mit Stolz sagen — habe es 
erst jetzt fertiggebracht, die Karten bis zu ihrem Ursprung 
zuriickzuverfolgen, die Karte, mit denen wir Bridge spielen, 
aus denen Italiener und Zigeuner weissagen, mit Hilfe deren 
die Japaner ihre Kinder erziehen, und in meinem neuerscheinen 
den Buche werde ich die Ergebnisse meiner Forschung nieder 
legen.« 
Museen. 
(Der R o t h s c h i 1 d s c h e T h e I o 11 - I J r u u k- 
schrei n.) Man schreibt der »Frkf. Ztg.«: Unter den kost 
baren Altertümern, die der verstorbene Baron Meier Karl v. 
Rothschild in Frankfurt in seiner einzig dastehenden Samm 
lung am Mainkai vereinigt hatte, fiel den Besuchern gewöhn 
lich ein meterhoher Prunkschrein mit Uhr auf, der, in Silber 
getriebene Arbeit auf Schildpatt, die Prachtlicbe der Barock 
zeit in prägnanter Weise zum Ausdruck bringt. Auf einer 
breit ausladenden Basis erhebt sich ein Mittelbau mit ge 
wundenen Säulen; zwei mit silbergetriebenen Figurengruppen 
geschmückte Türen lassen beim Oeffnen acht zierliche Schieb- 
lädchen mit zahlreichen Geheimfächern sehen, die gleichfalls 
reich geschmückt sind. Der Oberbau enthält eine Uhr, die eine 
Weltkugel trägt. Bei Tag zeigt sie die goldene, bei Nacht die 
blaue, mit Sternen besäte Hälfte. Die Bekrönung des Schreines 
bildet eine siiberne ziselierte Urania. Etwa 40 getriebene, teil 
weise vergoldete Figuren und Plaketten beleben das Kunst 
werk, für das Rothschild schon vor 40 Jahren eine hohe Summe 
bezahlt hat. Obgleich das interessante Stück nicht signiert ist, 
läßt sich docli erkennen, daß die reiche Silbertrieb-Arbeit von 
dem Augsburger Goldschmied Thelott aus dem Ende des 
17. Jahrhunderts stammt; es geht dies auclt aus einem Ver 
gleiche mit einer silbergetriebenen Plakette (im Besitze des 
Augsburger Numismatikers v. Förster) und mit anderen in 
Augsburg befindlichen Thelott-Arbeiten hervor. Das kostbare 
Stück ist nun durch hochherzige Schenkung in das Eigentum 
der Stadt Augsburg übergegangen und dem dortigen 
Maximilian- Museum einverleibt worden. 
(Bremer K u n s t h a 11 e.) Aus Bremen wird uns be 
richtet: Eine Anzahl von Werken der Berliner Sezessionisteti 
ist jetzt von unserer Kunsthalle erworben worden. Der Galerie 
verein machte der Sammlung ein Selbstbildnis von Prof. Max 
Liebermann zum Geschenk. Eine Landschaft Theo von 
Brockhusens, dem der diesjährige Preis des Deutschen 
Künstlerbundes für die Villa Romana in Florenz zugefallen ist, 
die »Brücke von Baumgartenbrück«, wurde von Direktor 
Dr. Pauli angekauft, ferner »Das Landhaus« von Prof. Max 
S1 c v o g t und Waldemar Roeslers »Sonnige Land 
schaft«. Von der Vereinigung der Freunde der Kunsthallo er 
hielt die plastische Abteilung der Galerie einige Arbeiten von 
Prof. Louis T u g i 11 o n und von Georg K o 1 b e. 
(Ein National - Hygiene museu m.) In einer so 
eben erschienenen Denkschrift, die den Dresdener Stadtbehör 
den, der sächsischen Regierung und auch der Reichsregierung 
ebenfalls zugehen wird, legt der Wirkl. Geheime Rat Dr. L i n g- 
n c r, der Schöpfer der Dresdener Hygiene-Ausstellung, den 
Plan für ein nationales Hygienemuseum vor, das in Dresden 
mit Hilfe des Staates und der Stadt errichtet und unterhalten 
werden soll. Das Museum wird in einem eigenen Gebäude von 
mindestens 6000 Quadratmeter Grundfläche untergebracht. Es 
enthält in drei Abteilungen die Schauobjekte »Der Mensch« so 
wie die »historischen und ethnographischen Sammlungen«. 
Außerdem sind in dem Gebäude Vortragssäle und Ateliers vor 
gesehen, da mit dem Museum eine Akademie verbunden wer 
den soll, in welcher populäre und wissenschaftliche Vorträge 
sowie Demonstrationen geboten werden. Nach dem beige- 
gebenen Finanzplane kostet der beabsichtigte Bau des Museums 
außer Grund und Boden 3,594.000 Mark. Die Ausstellungs 
objekte, die dem Dresdener Museum geschenkt wurden,
	        
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