Seite 116
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 8
5. Weibliche Kunstarbeiten von Netto und Philipson: Drey
neue Arten zu stricken. Das Musselin-Sticken. Blumenfabrika-
tion. Stroh- und Papparbeiten.
6. Häusliche Oekonomie von Netto. Zimmerputz, englische
Delikatessen, Konservierung von Kupferstichen und Konservie
rung von Rauchwaren. — Einige vorzügliche Regeln zur Er
haltung und Vervollkommnung weiblicher Schönheit u. s. w.
Eiir den Berlinischen Damenkalender auf das Jahr 1800,
Berlin, Joh. F. Unger, zeichnet als Herausgeberin Sophie
Mereau. (Von ihrem ersten Mann geschieden, heiratete sie 1803
Klemens Brentano.) Porträt der Königin Luise von Mono Haas.
Gedichte von Sophie Mereau u. s. w.
Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1800. Herausgegeben
von Huber, Lafontaine und Pfcffel, Tübingen, Cotta.
Die beigegebenen Kupfer von d’Argent stellen Haupt
epochen des weiblichen Lebens in Kontrasten zwischen frivoler
und ernster Erziehung dar. Aus dem Inhalt nennen wir einen
Aufsatz von Therese Huber: »Die Frau von 40 Jahren.« Ein
Exemplar der von Therese Huber herausgegebenen Zeitschrift
ist so wenig erhalten wie eine Nummer der sozialpolitischen
Frauenzeitung von Luise Otto-Peters. Dagegen erweckte
besonderes Interesse das von der bekannten Sammlerin
Frau Klara Roth ausgestellte »Archiv weiblicher Haupt-
kenntnisse fiir diejenigen jedes Standes, welche angenehme
Freundinnen, liebenswürdige Gattinnen, gute Mütter und wahre
Hauswirtinnen seyn und werden wollen«. Herausgegeben von
einer Gesellschaft von zweiundvierzig deutschen Frauen und
besorgt von A. H. ü e i s 1 e r dem Jüngeren in Leipzig.
Das erste Heft des »Frauenanwalts«, im Jahre 1870 von
Jenny Hirsch, der Schriftführerin des Lettevereines Berlin,
herausgegeben, enthält Beiträge neben solchen der Heraus
geberin von Fanny Lew r ald, Luise Büchner, Johanna Gold
schmidt, Marie Calm, Ulrike Henschke, Bertha Meyer und
anderen.
»Die Frauenarbeit«, herausgegeben von Jeanne Marie v.
Gayette-Georgens, Dr. Jean Daniel Georgens und Dr. Hermann
Klettke. nennt sich: »Ein internationales Kunstjournal für die
weibliche Geschmacksbildung und die sozialen Interessen der
Frau«, während die 1872 von dem Ehepaar Georgens und
Dr. Gustav Karpeles herausgegebene politisch-soziale und
artistisch-literarische Wochenschrift »Auf der Höhe« eine Vor
läuferin unserer heutigen Revuen ist.
Aus so kleinen Anfängen hat sich die Frauenjournalistik
entwickelt, deren Ergebnis die 150 deutschen Frauen- und
Modezeitungen sind, die der Zeitungskiosk der Ausstellung
barg, während die Mitarbeit der Frauen an den politischen
Tageszeitungen bereits so ins Große gewachsen ist, daß sich
genaue Feststellungen über ihren Umfang nicht machen lassen.
Die Wandteppiche des Straßburger Münsters.
Im Aufträge des Kapitels des Straßburger Münsters wer-
cen zur Zeit in Berlin kostbare Wandteppiche renoviert. Sie
gehören zu einer im Jahre 1739 für das Münster erworbenen
Serie von vierzehn Wandteppichen, die ebensoviele Begeben
heiten aus den: Leben der Maria darstellen. Von ihrer Exi
stenz ist wenig in die Oeffentlichkeit gedrungen, da sie bisher
selten, gewöhnlich nur arn Fronleichnamsfeste, zur Ausstellung
gelangt sind. Selbst Goethe Scheint sie, obwohl er sich für
solche Tapisserien sehr interessierte und beispielsweise die
Raphaelschen Teppiche »gern jeden Tag und Stunde betrachtet,
verehrt, ja angebetet hätte«, nicht gekannt zu haben, wie denn
auch das 1773 bereits in vierter Auflage erschienene »Straß
burger Münster- und Turmbüchlein« ihr Vorhandensein nicht
meldet, trotzdem es über andere Schätze des Münsters, ins
besondere über die von Ludwig XIV. und dem 1680 verstor
benen Domgrafen von Rittberg geschenkten prächtigen Kirchen
gewändern, manche dankenswerte Auskunft gibt.
Die größten Exemplare dieser Wandteppiche sind
4 9 Meter hoch und 623 Meter breit, die anderen in Höhe und
Breite um eine Kleinigkeit geringer. Vorbesitzerin war Notre
Dame de Paris. Ihr hatte der Abbe Le M a s 1 e, Prior des
Roches und Kantor von Notre Dame, sowie der Sieur Char-
pentier, Sekretär des Kardinals Richelieu, im Jahre 1636 je
einen Wandteppich gestiftet, denen dann Le Masle bis zum
Jahre 1657 noch die zwölf anderen folgen ließ.
Nachweislich sind die beiden zuerst gestifteten Wand
teppiche nach Kartons des von Ludwig XIII., Richelieu und den
Jansenisten viel beschäftigten Malers Philippe de Champagne
gewebt worden. Auch fiir einige der übrigen Wandteppiche
scheint der Künstler die Kartons geliefert zu haben, hingegen
fiir andere nur die Skizzen, wie denn manche Unterschiede in
der Durchführung der Kompositionen auf die Beihilfe von Mit
arbeitern schließen lassen. Jedenfalls ist das Bedeutsame aus
dem Leben der Maria in großen Linien anschaulich zum Aus
druck gebracht, wobei jedoch nach der damals üblichen fran
zösischen Art die theatralisch-dekorative Auffassung über eine
tiefere Erfassung seelischen Lebens den Sieg davon getragen
hat. Besonders tragen zur dekorativen Wirkung die Hinter
gründe mit ihren im Charakter der Hochrenaissance gehaltenen
Säulen- und Bogenhallen bei. Breite Bordüren mit Putten,
Fruchtfestons, Kartuschen samt Wappen, Namenszügen und In
schriften, seitlich auch mit biblischen Gestalten, umrahmen die
Darstellungen.
Die Uebertragung der Kartons in Wolle und Seide ent
spricht ganz der für Gobelins üblichen Technik der Kunsthand
weberei. Ein Exemplar ist untrüglich in den Brüsseler Ateliers
gewebt worden, andere tragen auf der Webekant den Namen
des Pariser Webers Pierre Damour, der für eigene Rech
nung arbeitete, also nicht zu den im Solde des Königs stehen
den Webern gehörte, wieder andere sind ohne Angabe des
Webers und des Webeortes geblieben, lassen aber die Ver
mutung zu, daß sie ebenfalls aus dem Atelier Damours stammen.
Nach ihrer Fertigstellung wurden die Teppiche im Chor
von Notre Dame de Paris aufgehängt. Als dann Ludwig XIV..
um ein Gelübde seines Vorgängers zu erfüllen, den Chor der
Kathedrale in den Jahren 1699 bis 1714 neu ausschmücken ließ,
waren die Wandteppiche daselbst nicht mehr verwendbar.
Das Kapitel verlieh sie hin und wieder zu bestimmten Fest
lichkeiten an andere Pariser Kirchen, entschloß sich aber später
zu ihrer Veräußerung, zumal da sie schadhaft geworden waren
und die Kosten ihrer Ausbesserung auf mindestens 6000 Franken
geschätzt wurden. Es gelang im Jahre 1739, sie für 10.000
Livres an das Kapitel des Straßburger Münsters zu verkaufen.
Und dieses ließ unten in der Bordüre eines jeden Teppichs die
in einer Kartusche befindliche alte Inschrift kunstgerecht durch
eine neue lateinische ersetzen, welche einfach besagt, daß die
Kosten für diese Wandteppiche das Straßburger Kapitel auf
gebracht habe, also die Herkunft der kostbaren Gewebe ab
sichtlich verschweigt.