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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 9
Fig. 12. Thelot: Wandschüssel.
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c&D)
Die Fayencesammlung Kjtzinger.
Am 7. d. M. und den folgenden Tagen gelangt in der
Galerie H e 1 b i n g in M ii n c h e n die Fayencesammlung 0.
Kitzinger zur Auktion. Aus diesem Anlässe ist ein mit einem
reichen Illustrationsapparat (40 Lichtdrucktafcln und zirka
200 Markenabbildungen) versehener wissenschaftlich bearbeiteter
Katalog bei Helbing erschienen, der durch ein ausführliches Vor
wort von Dr. H. Stegman n, dem Direktor des National
museums in München, eingeleitct wird.
Mit dieser Kollektion gelangt eine Sammlung auf den Markt,
die der grollen Oeffentlichkeit unbekannt war, aber unter den
Liebhabern und Kennern der deutschen Fayencen sich seit langem
schon eines ganz bedeutenden Rufes erfreute. Und man darf
wohl ohne Uebertrcibung sagen, daß eine solche Sammlung von
deutschen Fayencen sowohl dem Umfange wie der Qualität
nach bisher noch nicht zur Versteigerung gelangte. Seit sech
zehn Jahren hat der Besitzer in unermüdlichem Eifer seine
Sammlung, die nach dem Kataloge 770 Nummern umfaßt, zu-
sammeugetragen und dabei sein Hauptaugenmerk auf tadellose
Erhaltung, gute Qualität und schöne Formen gerichtet. Dem
Umfang nach sind die Fabriken der südwestdeutschen Ecke,
Schwaben, Lothringen, dann auch Franken am stärksten ver
treten. Aber auch Italien, die Schweiz, Norddeutschland, Oester
reich, Frankreich fehlen da nicht.
Aus der ersten Abteilung sind die Majolikateller und Schalen
aus Urbino, Castelli, Cavaletti und Castell-Durante zu nennen,
die teilweise umfangreiches Figurendekor tragen. Weiterhin
kommen in Betracht Apothekengefäße, Konfekt-, Küchen- und
Früchteteiler, sodann die typischen oberitalienischen Teller, die
auf gelbem, blauem und grünlichem Grund ein von Deutschland
stark beeinflußtes Dekor aufweisen. Es folgt eine Reihe von
»Tondinotellern«, von denen einer das nachweisbare Wappen
eines steierischen Geschlechtes, der Roll v. Berkau, auiweist.
Sie gehören wohl nicht in die Steiermark, sondern wurden in
der Schweiz, wo sic auch erworben wurden, gefertigt. Von
Winterthurcr Erzeugnissen sind auch mehrere Wappenteller,
ferner Platten, Krüge, Wandwasserbehälter, Tintenzeug und
Kacheln vorhanden. Von anderen Schweizer Fabrikaten sind
Steckborn, Lenzburg, Münster, Zürich und Bern zu nennen.
»Franckeit und die Maingegend« beginnt mit Hanau-Frankfurt.
Das Blaudekor dominiert hier, wie es die zahlreichen Fächcr-
teller mit den senkrecht übereinander gestellten Chinesenszenen,
Enghalskriige, Bauchkrüge, mit denselben oder Blumen- und
Grasdekor zeigen. Nürnberg ist sehr gut mit Walzenkrügen.
Enghals- und Bierkrügen, Tellern, Terrinen, Tintenzeugen und
Puppengeräten vertreten. Von bester Qualität sind drei Stücke
aus der Zeit und in der Art Grebners: ein flacher Teller, ein
prachtvoller Fächerteller mit bunter Chinesenszene und ein Eng
halskrug mit einem Hirten. Versuchsweise sind auch bei Bay
reuth zwei Vasen eingereiht, die viel Aehnlichkeit mit Delft
haben, aber doch süddeutsch sein müssen. Die Walzenkrüge
zeigen meistens manganvioletten gesprenkelten Grund mit den
glänzend blauen Kartuschenfeldern oder die buntfarbige Felder-