MAK
Nr. 9 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 139 
einteilung. Ebenso die Bauchkrüglein, die Enghalskrüge sind viel 
fach »Vögeleskrüge«. 
Raritäten von größter Seltenheit sind die drei Stücke 
mit Golddekor, die offenbar unter dem Einfluß und in Nach 
ahmung Hörolds in Meißen entstanden sind: ein flacher Teller 
mit drei reizenden Chinesenkartuschen, ein feingiliedriiger 
Leuchter und ein Walzenkriiglein mit Chinesenszene, das sogar 
eine etwas verblaßte grüne Bayreuther Marke zeigt. Arnberg 
hat meistens Walzenkrüge mit verschiedenem Dekor beige 
steuert. Ein italienisiererider Teller mit der Abundantia 
figuriert unter Fulda. Hier sind auch die Fabrikate von Flörs 
heim, Kelsterbach, Damm zu erwähnen. Sehr bedeutend ist 
die Abteilung »Schwaben«. Sie setzt mit Kiinersberg ein. Die 
kräftigen Walzenkrüge ähneln im Dekor sehr den Bay- 
reuthern. Der Form nach gehört auch der schöne Krug mit 
dem Wappen der Paumgarten von Lindau Weher. Unverkenn 
bar in der Form sind die Künersberger Enghatekrüge. Auch 
Teller, Tintenzeug und Schalen entstammen dieser Fabrik. 
Das in der Form vielleicht beste Stück der Sammlung ist der 
signierte Gögginger Enghatekrug mit dem Blaudekor eines 
römischen Kriegers. Das bisher wenig bekannte Friedberg 
zeigt verschiedene interessante Spezialitäten seiner Fabrik, 
Krailsheimer Kannen, Terrinen, Tassen und Platten sind nach 
dem unverkennbar gleichen Dekor wie bei einer Terrine im 
Bayerischen Nationalmuseum bestimmt. 
Einen guten Eindruck machen auch die Ludwigsburger 
Stücke: Teller, Platten, Türkenkoppcheh mit vielfarbigen 
naturalistischen Blumen. Unter den Mosbacher Stücken fällt 
besonders eine Serie von fünf Tellern mit bunten Architektlir- 
landsohaften auf. Durlach ist eine große prächtige Vase mit 
blauen Chinoiserien zugeteilt. Ein qualitätvolles Stück ist aucli 
der Bierkrug von 1767 mit einer Jagddarstellung in Grün. 
Auch Tintenzeuge, Saucieren, Jardinieren, Uhrgehäuse stam 
men aus dieser Fabrik. Schretzheim tritt ebenfalls sehr gut 
auf. Zahlreiche Krüge, Kannen, Terrinen, Platten, Tintenzeuge, 
dann die bekannte schöne Aufsatzschale, die auch im Besitze 
des Giechschen Fideikommisses ist, zeigen das ausgesprochene 
schwäbische Dekor. Die Figurenplastik tritt mit einer Enten 
schale, Hennenschalen, einer lebendig modellierten Hirschdose 
und einer Schweinskopfschale auf, Elsaß-Lothringen repräsen 
tiert sich mit seinen beiden bedeutendsten Fabriken vorzüg 
lich. Alle Perioden Straßburgs sind hier vereinigt. Bisher neu 
für Straßburg ist eine kleine, äußerst qualitätvolle Kollektion 
von Platten, Tässchen und Kannen in einem schönen Grün. 
Niederweiler weist im allgemeinen ähnliche Motive wie 
Straßburg auf. 
Norddeutschland wird mit Thüringen eingeleitet, das ja 
in vielem zwischen süddeutscher oder norddeutscher Keramik 
vermittelt. Zwei Vasen in der Art des bunten Delfter Dekors 
werden als Augustenburg angesprochen, ein Walzenkrug mit 
manganviofetter Zeichnung dürfte .nach Magdeburg gehören. 
Sehr interessant ist ein Walzenkrug und ein Enghalskrug, die 
beide die Naumburger Zinnarbe tragen. Vermutlich nach 
Braunschweig gehört ein Teilerchen und ein Birnkrug. Nach 
Münden gehört eine Vase und ein Konfekteller, nach Lesum 
ein japanisierender Teller und nach Kiel zwei Muschelteller 
und ein Konfektkörbchen. Proskau zeigt in seinem Dekor die 
nachhaltige Beeinflussung von Straßburg, wie es Vasen, 
Kannen, Platten zeigen. Gute Proben weisen die fremden 
Länder auf: Hollitsch Vase und Platten, Salzburg hauptsäch 
lich Geräte mit Blaudekor, Mariaberg eine Nestsohale, Eng 
land einen sitzenden Alten. Umfangreicher zeigt sich Frank 
reich mit gelben Moustierssachen, einem Saucesalzfaß, einer 
Felsenschlucht und einem eigentlich der Neuzeit augehören- 
den Froschungeheuer von Galle, das in Form und Glasur den 
Qualitäten der Alten zum mindesten gleichkommt. Von den 
Delfter Sachen ist die große Schraubflasche mit Figuren das 
Bedeutendste. 
Chronik. 
Ansichtskarten. 
(Die Karte der Kunstausstellung in 
Venedig.) Man schreibt uns aus V,e n e d i g unterm 
25. April: Die illustrierte Postkarte der am 23. d. M. eröffneten 
10. internationalen Kunstausstellung gibt die genaue Repro 
duktion des Plakates, das Augusto Sezanne für diesen 
Anlaß geschaffen hat. Dieses Plakat nimmt natürlich Bezug 
auf das große Ereignis des diesjährigen St. Markustages: die 
Einweihung des aus den Trümmern neu erstandenen Cam 
panile am 25. April, ln das Stockwerk mit den von schlan 
ken Mädchen in Bewegung gesetzten Glocken blicken wir 
hinein: ein roter Prachtteppich mit dem goldenen Löwen von 
San Marco weht herab; die italienische Flagge flattert; im 
Vordergrund ragen die Kuppeln von San Marco mit ihren 
goldenen Bekrönungen — das Ganze eine phantastische Kom 
position, wie es zu Venedig paßt. Auf dem Campanilepfeiler 
rechts steht Post fata resurgo — Aus Schicksalsschlägen 
stehe ich wieder auf. So hat es der Campanile gehalten, 
dessen Zusammensturz wir einst wie das Verschwinden eines 
lieben Menschen betrauerten, und über dessen Wiederauf 
lichtung und Vollendung wir uns herzlich freuen. 
Bilder. 
(Entdeckung eines Murillo.) In der Sankt 
Simeonskapelle des Lazaretts von Vigo entdeckte ein Mit 
glied der Madrider Akademie ein seit undenklichen Zeiten mit 
Staub bedecktes Madonnenbild. Die Untersuchung ergab, daß 
es sich um ein unbekanntes Werk Mur illos handelt. Das 
Bild wurde mit einem Werke des Velasquez im Jahre 1808 
von den Soldaten Napoleons gestohlen und jetzt von einem 
Budapester Kunstfreund gekauft, der es dem spanischen Staate 
als Geschenk überließ. 
(Ein falscher Rudolf v. Alt.) Aus Wien wird 
uns gemeldet : Der 44jährige Provisionsagent Leopold Frau e r, 
Leopoldstadt, Tandelmarktgasse wohnhaft, wurde vom Stadt- 
kommissiariat verhaftet. Er hat einige Tage vorher dem Kunst 
händler J. J. P 1 a s c h k a, Wolizeiie 29. durch seine Geliebte, 
die Plaschka nicht kennt, ein minderwertiges Aquarell als ein 
echtes Bild Rudolf v. Alts um 1200 K verkauft. Um den Be 
trug auszuführen, wurde eine ganze Komödie aufgeführt. Erst 
kam die Verkäuferin und gab sich für die Vertraute einer Dame 
aus, die ein Bild aus einer reichen Sammlung zu verkaufen 
wünsche. Sie zeigte das Bild, das die Signatur »Rudolf v. Alt 
1847« trug, und verlangte dafür 1200 K. Plaschka, dem es gar 
nicht auffiel, daß das Gemälde mit »von Alt 1847« signiert war, 
obwohl Alt erst in den letzten Lebensjahren geadelt wurde, 
kaufte es und stand schon mit dem Antiquitätenhändler Link
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.