MAK
Seite 142 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 9 
Museen. 
(F i n .lugend w e r k B e 11 i n i s.) Die Gemäldegalerie 
des Louvre in Paris, der bisher ein eigenhändiges Werk 
des größten venezianischen Quattrocentisten fehlte, hat soeben 
ein Jugendwerk Giovanni Bellinis erworben, die Halbfigur 
des Erlösers vor einer Landschaft. Das Bild, das dem Louvre 
den verhältnismäßig geringen Preis von 75.000 Franken 
kostete, ist von Direktor Dr. Max J. F r i e d 1 ä n d e r in 
Berlin als Jugendwerk des Meisters erkannt worden, aus 
jener Zeit, wo Bellini noch unter dem Einfluß Mantegnas 
stand. Die herbe Gestalt des Erlösers, in leichtem Hemd, das 
über der Seitenwinde offen ist, hält in der Linken ein Buch 
und hat die Rechte segeuspendend erhoben. 
(Die neue Pi na ko t lick von Prat.) Die Reihe 
der altitalieiiisclien Kunstsammlungen in Toskana hat eine 
schöne und wertvolle Bereicherung erfahren: in der Vor 
woche wurde die neue Pinakothek von Prat festlich einge 
weiht. Die Bilderschätze der zur Zeit der Renaissance be 
rühmten toskanischen Stadt in der Nähe von Florenz sind 
unter Leitung ü. Poggis neugeordnet worden und haben 
jetzt in dem zu diesem Zwecke restaurierten prächtigen 
Palazzo Pretorio, der aus dem Trecento stammt, ihr ständiges 
Heim gefunden. Die Sammlung enthält u. a. eine wundervolle 
Madonna auf dem Throne von Filippo L i p p i. 
Vom Kunstmarkt. 
(Die erste Versteigerung im Berliner 
Kunstauktionshaus Gebrüder H e i I b r o n.) Das 
Berliner Kunstauktionshaus Gebrüder H e i 1 b r o n teilt uns 
über seine erste Versteigerung folgendes mit: Am 15. April 
wurden für die bemerkenswerteren Skulpturen von Begas 
erzielt: Die große Bismarckbüste 10.000 Mark, Venus mit 
Amor (Erwerber Nationai-Galerie) 16.300 Mark, Faun und 
Psyche, Marmor (Erwerber Geheimrat Woog), 37.000 Mark, 
kleinerer elektrischer Funke in Marmor (derselbe Erwerber) 
21.200 Mark. Den großen elektrischen Funken ersteigerte 
ebenfalls Geheimrat Woog mit 67.500 Mark, an kleineren 
Werken erwarb er «Adam und Eva« in Bronze für 1300 Mark, 
die prachtvoll individualisierte Kindergruppe in Marmor mit 
8000 Mark, den lebensgroßen Merkur rnit 5500 Mark und eine 
Tänzerin rnit 2700 Mark. An weiteren Begas-Werken wurden 
an diesem Tage noch Pan mit flötenspielendem Putto in 
Marmor für 9550 Mark erworben; für einen charakteristischen 
Moltkekopf zahlte man 3500 Mark, während die Atelierbronzen 
Preise von 1000 bis 2000 Mark brachten. An namhaften Ge 
mälden wurden verkauft: Richard Zimmermann, Nr. 265, 
erworben von Direktor Fey er abend vom Görlitzer Kaiser 
Friedrich-Museum, ein Jules Dupre zugeschriebenes feines 
Bild für den billigen Preis von 615 Mark (Burchardt-Lasch), 
ein Andreas Achenbach für 900 Mark (Direktor Wein- 
kauff). Von Herrn Geheimrat Woog wurde die Zentaurin von 
Franz v. Stuck für 3400 Mark, ein kleiner Leibi für 
1900 Mark, das Porträt der Traumtänzerin von Kau Ibach 
für zirka 1600 Mark, ein Bauernmädchen von Trübner für 
2100 Mark erworben. In denselben Besitz gelangte auch das 
Porträt der Herzogin von Urach von Lenbach. Hiesige 
und auswärtige Kunsthändler, unter denen Hamburg und 
München besonders stark vertreten waren, erwarben eine 
große Anzahl von den durchgängig guten Gemälden zu außer 
ordentlich billigen Preisen. Nachdem am ersten Versteige 
rungstage die hauptsächlichsten Werke zum Ausgebot gekom 
men waren, zeigte die Auktion an den beiden darauffolgen 
den Tagen insofern ein verändertes Bild, als wir neben un 
seren Galeriedirektoren nur die ernsthaft in Betracht kom 
menden Reflektanten und Sammler bemerkten, während die 
große Menge Schaulustiger und Neugieriger des ersten Tages 
fehlte. Die Auktion begann mit der Versteigerung des Repro 
duktionsrechtes sämtlicher Begas -Werke und wurde vom 
Auktionsleiter für den Gesamtpreis von 60.000 Mark airge- 
boten. Es sollte damit bezweckt werden, daß nicht kleine 
Fabriken die Reproduktion von Einzelwerken in die Hand 
bekämen: von weiteren Reproduktionswerken wurden nur 
solche Werke aiigeboten, die in Edelmaterial bereits ihre 
Liebhaber gefunden hatten. So erwarb auch Geheimrat Won g 
das alleinige Recht für die Reproduktion des »elektrischen 
Funken« zum Preise von 2800 Mark. Die Nationai-Galerie, die 
durch ihren Direktor Herrn .1 u s t i vertreten war, erwarb 
den lebensgroßen Gipsabguß »Badendes Mädchen« für 14011 
Mark. Einige kleinere Marmorarbeiten brachten 2400 bis 3000 
Mark. Ein Weitkampf zwischen Direktor Marko w s k y 
vom Rauch-Museum und dein Kapitän Begas in Kiel ent 
stand um den Erwerb eines Tondo, das von Lenbach uikI 
Hertel bemalt war. Kapitän Begas siegte mit dem für 
diesen Gipsabguß angelegten Preis von 3100 Mark. Von Gips 
skulpturen wurden eine Tänzerin für 500 Mark, Abgüsse von 
den ausgeführten Werken von Begas in größerer Anzahl noch 
verkauft. Von namhaften Gemälden wurden von Hovelt 
die Kühe am Waidesrande für 600 Mark und neben vielen an 
deren kleineren Werken ein sehr gutes Gemälde von Holz 
zum Preise von 520 Mark verkauft. Dasselbe Bild zeigte der 
dritte Tag. Direktor Justi von der Nationai-Galerie kaufte die 
Menzelsche Totenmaske und die beiden Menzel-Hände, 
die ursprünglich von den Erben zurückgezogen wurden, aber 
der öffentlichen Galerie doch erhalten bleiben sollten. Die 
Bronzeabgüsse der bekannten Begasschen Zentaurengruppe 
brachten 400 bis 1800 Mark. Von bemerkenswerten Gemälden 
wurde ein Schmutzler für 1000 Mark ausgeboten, die 
Namenstagfeier von S p e r 1 ging für den billigen Preis von 
1100 Mark in den Besitz eines Liebhabers über. Die Spinnerin 
von Teixera erzielte 600 Mark, zwei Gemälde von Voltz 
750 und 800 Mark. Das Gesamtresultat der drei Ver 
steigerungstage beträgt zirka 350.000 Mark. — Von anderer 
Seite wird uns geschrieben: Die Marmorgruppe von »Venus 
und A m o r«, die Direktor Ludwig Justi zur Bereicherung 
der nicht eben großen Begas-Sammlung der Berliner Nationai- 
Galerie erwarb, ist eines der schönsten Werke aus der römi 
schen Jugendzeit des Meisters. Sie entstand nicht, wie der 
Katalog angibt, um 1880, sondern im Jahre 1864 auf des Künst 
lers Hochzeitsreise und atmet das ganze Glück jener Tage, 
wo der Dreiunddreißigjäh rige im Zusammenarbeiten mit 
Feuerbach und B ö c k I i n sein Bestes gab. Einer der 
heitersten Schöpfungen hellenischer Dichtungen entnahm er 
den Stoff, deti Versen Auakreons, in denen der Knabe Eros 
der göttlichen Mutter sein Leid klagt: eine Biene, in einer Rose 
versteckt, habe ihn in den Finger gestochen: 
»O weh mir, rief er, Mutter! 
O weh, ich bin des Todes! 
Da hat mich eine Schlange 
Gebissen, klein, mit Flügeln: 
Der Landrnann nennt sie Biene.« 
Und jene sprach: »So schmerzet 
Der Stachel einer Biene. 
Nun denke, wie es schmerzet, 
Wenn, Eros, du verwundest!« 
Die in holdester fraulicher Schönheit prangende Aphrodite, 
in deren Modellierung Begas sein ganzes Können in der 
weich spielenden Belebung des Marmors gezeigt hat, neigt 
sich da zu dem kleinen Knaben herab; in köstlicher Unbe 
fangenheit steht das nackte Kind und zeigt die verletzte Stelle 
am Arm, während die Mutter ihm begütigend den Kopf 
streichelt. 
i (Die Kunstsammlungen Freiherr von 
Franckenstei n.) Wir haben in unserer vorigen Num 
mer (siehe Seite 125 und 126) die bei der Versteigerung der 
ersten Abteilung der Freiherr v. Franc kensteinschen
	        
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