Nr. 10
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 157
Denkmäler von jenem entscheidenden Wendepunkte, als die
deutschen Künstler unter der Führung Dürers nach italienischen
Vorbildern Studien begannen. Die stehende Frau in ihrer edlen |
Gewandung, die Dürer übrigens von seinem Vorbilde ab
weichend vollkommen umgearbeitet hat, blickt aus ernsten
Augen voll auf den Beschauer, sie führt Schwert und Wage.
Neben ihr stolziert ein kleiner Storch, eine Kugel in der Klaue,
wohl ein altes Symbol der Klugheit des Richters. Die Zeichnung,
die tatsächlich einst ernsthaft einem Raffael-Schüler, dem Penni,
als Studie für die Justitia in der Camera di Constantino im
Vatikan zugeschrieben wurde, gehörte einst Savigny. dem
Berliner Juristen. Heute ist sie verschollen.
(Qemäldediebstah 1.) Wie uns aus Florenz ge
meldet wird, wurden im Museum von F i e s o 1 e mehrere kost
bare Gemälde gestohlen, darunter die »Krönung der Ma
donna«, die Fra Beat. A n g e 1 i c o zugeschrieben wird.
(Ein Bildnis Christ. Mart. Wielands mit
Familije.) In der Galerie Helbing in München befindet
sich zum freihändigen Verkauf ein Familienbild, das nach der
Tradition Chr. M. Wieland (1733—1813) mit seiner Familie
darstellt. Gewichtige Bedenken stehen dieser Annahme nicht
entgegen, da die Aehnlichkeit mit authentischen Porträts
evident ist. Das Bild müßte sowohl nach dem Alter der Darge
stellten wie nach der Tracht um 1775 entstanden sein, zu einer
Zeit also, wo der Dichter seit wenigen Jahren nach Weimar
berufen war. Er selbst in kräftigstem Mannesalter steht rechts
in braungrauem langem Schoßrock mit weißem Spitzenjabot, den
rechten Arm bequem auf die Lehne eines roten Stuhles gelehnt,
den seine Gattin einnimmt. Sie trägt eiin weißes, duftiges
Musselinkleid und arbeitet an einem Seidentuch, das auf einem
kirschbaumenen Louis-seize-Tischchen liegt. Links steht sein
kleiner Sohn in blaugrauem Gewand. Auf seine Schulter fallen
die strohgelben Haare. Den Hintergrund des Raumes nimmt ein
blaues Himmelbett ein. Das anmutige Bild bleibt in Linien
führung und Farbe in der dezenten Haltung, die der Malerei
unserer großen klassischen Literaturperiode, am charakteri
stischesten etwa Tischbein, eigen ist. Es ist auf Leinwand gemalt
und von goldenem Empirerahmen umgeben. Die Hohe beträgt
66 Zentimeter, die Breite 56 Zentimeter.
Numismatik.
(Münzenfund.) Nach einer Meldung der »Alien
steiner Ztg.« wurde auf dem Grundstück des Schmiede
meisters Wieczorek in der Aliensteiner Straße in einer
Tiefe von 50 Zentimeter einen Topf mit 3000 Silbermünzen aus
dem 15. Jahrh. gefunden. Ein Teil dieser Münzen wurde an
das Prussia-Museum nach Königsberg gesandt.
(Papierabdrücke von Münzen.) Um Papier
abdrücke von Münzen zu erhalten, feuchtet man ein nicht zu
dickes, glattes Papier auf einer Seite etwas an, legt es mit
dieser auf die Münze und drückt es fest an. Am leichtesten
geht es, wenn man zum Andrücken in Holz gefaßtes Gummi
nimmt. Dann schwärzt man den Abdruck mit Graphit,
während dessen dieser auf der Münze liegen bleibt.
(Eine Kinderdenkmünze.) Nach dänischem Vor-
bildc will man in Deutschland eine Kinderdenkmünze
einführen, die, in Silber geprägt und mit dem Namen des
Kindes versehen, den Vätern Neugeborener gegen ein von
ihnen selbst zu bestimmendes Entgelt angeboten werden soll,
wodurch man Mittel zu gewinnen hofft, die wohltätigen
Zwecken zugeführt werden. Ein Komitee hervorragender
Frankfurter Persönlichkeiten, unter der tätigen Leitung von
Sanitätsrat Dr. V ohsen und Frau Konsul W o 1 f f. hat es i
sich zur Aufgabe gemacht, diesen Gedanken erstmals in dieser
Stadt zugunsten der Säuglingsfürsorge in die Tat umzusetzen,
wovon man sich eine vorbildliche Wirkung auf andere Städte
und Gebiete Deutschlands verspricht.
Philatelie.
(Ein Briefmarkenprozeß.) Wiener Blätter
melden: Ein in Kreisen der Philatelisten viel erörterter Streit
um den Kauf einer großen Partie von Briefmarken und Wert
zeichen beschäftigte vor einigen Tagen das Zivillandesgericht in
Wien. In der vom Briefmarkenhändler Richard Nadrage
j gegen den Sammler Hugo Spitz eingebrachten Klage auf
! Zahlung von 2500 Kronen wurde folgendes ausgeführt: An der
Briefmarkenbörse trat Herr Spitz mit dem Kläger wegen eines
Ankaufes eines großen Postens Briefmarken, der sich im Be
sitze des Klägers befand, in Verbindung. Dieser Posten, der
über 100.000 Marken und Wertzeichen aller Länder umfaßt,
war ungeordnet, und Herr Spitz begab sich zur Besichtigung
der Sammlung in die Wohnung des Herrn Nadrage, wo er
durch mehrere Stunden die Marken besichtigte und kalkulierte.
Herr Nadrage verlangte 3000 Kronen, und schließlich war er
bereit, die Marken dem Käufer um 2500 Kronen zu überlassen,
wobei er ihm noch eine Anzahl bosnischer Essays darauf gab.
Der Kauf kam in Bausch und Bogen zustande. Die ganze
Sammlung wurde in einer Zuckerkiste vom Käufer mitge
nommen, der dem Verkäufer einen Scheck auf die Union
bank über den Kaufbetrag gab. Als Herr Nadrage am nächsten
Tage den Betrag beheben wollte, erfuhr er, daß Herr Spitz
die Auszahlung inhibiert hatte, und erhielt von Spitz einen
Brief mit dem Inhalt, ihn zu besuchen. Bei dem Besuch suchte
nun der Käufer den Kauf rückgängig zu machen und erklärte,
daß ihn der Kauf nicht freue, wobei er dem Kläger zugab, daß
der Verkauf ganz fair vor sich gegangen sei. In der Klage
beantwortung wurde eingewendet, daß der Beklagte durch
Irreführung zum Abschluß des Kaufes veranlaßt worden sei.
Herr Nadrage sollte behauptet haben, daß der Katalogwert des
Markenquantums sich auf 40.000 Kronen oder mehr belaufe.
Nur auf Grund dieser Annahme habe Herr Spitz den Preis
von 2500 Kronen gegeben. Als er dann sofort die Marken zu
Hause sichtete und berechnete, habe er gefunden, daß der
Katalogwert nur 10.000 bis 12.000 Kronen betrage und daß er
daher einen zu hohen Preis bezahlt habe, weshalb er die
Giltigkeit des Kaufes anfechte, Demgegenüber erklärte der
Kläger, daß er nie den Katalogwert von 40.000 Kronen an
gegeben habe. Der Senat lehnte alle Beweise als irrelevant
ab und verurteilte den Beklagten zur Bezahlung des einge
klagten Kaufvertrages von 2500 Kronen. Der Gerichtshof ging
dabei von der Erwägung aus. daß der Käufer als Fachmann
nach einer mehrstündigen Besichtigung und Prüfung der großen
Vorräte diese in Bausch und Bogen gekauft habe und den
Scheck dem Verkäufer übergab, ohne sich den geringsten
Vorbehalt zu machen. Bei der Eigenschaft des Käufers als
Fachmann und bei dem Umstande, daß er selbst die Marken
vorher geprüft habe, sei der Vorwurf der Irreführung ganz
unberechtigt.
Verschiedenes.
(Eine Brillenausstellung.) Eine interessante
Sonderausstellung wird in der Zeit vom 15. Mai bis 15. Juni
in den Heidelberger städtischen Sammlungen zu sehen
sein: eine B r i 11 e n a u s s t e 11 u n g, die die Entwicklung
des Augenglases von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart
darstellt. Die wertvolle, einzig dastehende Sammlung von
Brillen aus dem Besitze der Herren Geh. Medizinalrat Proi.
Dr. Gr e eff (Berlin) und Prof. Dr. v. Pflugk (Dresden)
wird in Heidelberg zum erstenmal der weiteren Oeffentlich-
keit zugänglich gemacht.
(Ein antiker Fund in Durazzo.) ln dem jetzt so
viel genannten albanischen Hafen Durazzo ist jüngst ein
besonders schöner antiker Fund gemacht worden, der Por-
trätkopf einer Frau, der zu den interessantesten Frauenbild
nissen der römischen Kunst zählt. Der Kopf befindet sich im
Besitze des Barons von Bornemisza, des Generalkonsuls
von Oesterreich-Ungarn.
Museen.
(Ein Museum des Druckereigewerbes.) In
Haarlem ist kürzlich, wie man uns berichtet, ein Museum
des Druckereigewerbes eröffnet worden. Es wurde von der
bekannten Druckerei J o h. Enschede & Söhne in Haar
lem errichtet und gibt ein genaues chronologisches Bild von
dem Entstehen und der Geschichte des Druckereigewerbes,
insbesondere der Typen und Buchstaben. Man findet dort die
O r i g i n a 1 d r u c k e von Laurens C o s t e r und Guten-
b e r g, ferner wundervolle Initialen von H o 1 b e i n u. a.
Und neben alten Matrizen aus dem 15. und Druckpressen aus
späteren Jahrhunderten sieht man die neuesten Buchdruck
maschinen.