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Internationale Sammler
Zeitung.
Nr. lt
Die Uhrensammlung Dr. Antoine-Feill.
Aus Hamburg wird uns geschrieben:
In Museen und auf Ausstellungen hat man zuweilen Ge
legenheit. kleine Sammlungen von Uhren aus früherer Zeit zu
bewundern. Die Seltenheit und der hohe Wert alter Werke,
zumal wenn sie von Künstlers Hand hergestellt sind, setzen aber
dem Erwerb gewisse Schranken, und so kommt es. daß solche
Zusammenstellungen stets mehr oder weniger lückenhaft sind,
ja gewöhnlich gar nicht den Wissensdurst des technischen Fach
mannes und des Historikers befriedigen. Unverdrossener
Sammeleifer, hohe Liebe zur Kunst, eingehende Sachkenntnis
und — last not least — manch großes Geldopfer müssen schon
vereinigt sein, damit etwas Vollkommenes zustande kommt.
Das trifft nun entschieden bei der Uhrensammiung des Doktor
Antoine-Feill zu, die seit einigen Tagen im Hamburgi-
schen Museum für Kunst und Gewerbe am Steintorplatz aus
gestellt ist.
Auf absolute Vollständigkeit will natürlich auch diese
Sammlung keinen Anspruch erheben — welche Sammlung
könnte es? — das aber, was sie in sich schließt, ist doch so
außerordentlich reichhaltig und vielseitig, daß man einen vor
züglichen Ueberblick über die Entwicklung der Uhr hat. Tech
niker und Historiker kommen da auf ihre Rechnung und auch
der Kunstkenner geht nicht leer aus. Gegen 400 Uhrwerke,
zum Teil von sehr bedeutendem Kunst- oder Materialwerte, er
zählen uns von dem Werdegange der Uhr seit dem Ende des
15. Jahrhunderts bis herauf zu unserer Zeit. Das ganz Neue nur
fehlt, es gehört aber auch nicht in den gleichen Rahmen; neue
■Uhrwerke zu bewundern, dazu bietet sich oft genug Gelegen
heit und bot sich auch vor einiger Zeit in demselben Raum.
Dr. Antoine-Feills Ausstellung ist von ihm selbst im Verein
mit den Herren des Museums für Kunst und Gewerbe im allge
meinen chronologisch angeordnet. Zur Rechten beginnt man den
Rundgang bei den uralten Werken des 16. Jahrhunderts. Damals
war es Sitte, den Zeitweiser in allerlei merkwürdigen Ge
staltungen herzustellen und ihm die verschiedenartigste Sym
bolik beizulegcn. Neben vielen faustgroßen Satteluhren, die man
in: Sattel mitführte, und die in festen, oft mit überaus kunst
vollen Hochreliefs bedeckten Gehäusen eingeschlossen sind, ge
wahrt man hier eine Reihe vorzüglich ausgeführter Tischuhren,
vornehmlich sogenannte Turmuhren. Die christliche Kunst hatte
sich damals auch der Uhrentechnik bemächtigt und schuf Kruzi- |
fixuhren, Madonnenuhren u. s. w. Eine Madonna beispielsweise
trägt eine Krone mit rotierender Zeitteilung und als Zeiger einen
Szepter in der Hand. Ein Kruzifix trägt eine astronomische Uhr.
Weiter erblicken wir einen ruhenden Löwen, der fortwährend
die Augen bewegt und alle Stunden mit dem Maul klappt, dann
w ieder eine Uhr als — Totenschädel, der den Menschen wohl
fortwährend an das »letzte Stündlein« erinnern soll. In dieser
grauen Zeit der Uhrenfabrikation stellte man besonders in
Holland auch Werks mit sogenannten Foliots, oder einer hori
zontal schwingenden Wage, dem Prototyp unserer »Unruhe«,
her, obwohl sich die letzte keineswegs aus dem Foiiot direkt
entwickelte. Eine höchst kunstvolle astronomische Uhr rührt
von dem Uhrmacher P i e i g, der um 1600 in Ulm lebte, her,
eine andere mit Armillarsphäre stammt aus der berühmten
Sammlung M. Kann in Paris, eine dritte astronomische Uhr
verfertigte Zacharias L a n d e c k 1705.
Mehrere Uhren sind mit Musikwerken ausgestattet und
spielen allstündlich ein anderes Stück mit zarten Tönen. Da sieht
man zum Beispiel eine Tischuhr mit einem Fenster, hinter dem
eine junge Schöne mit einer Gitarre sitzt und stündlich ein
Liedlein spielt.
Dem 17. und 18. Jahrhundert gehören besonders zahlreiche
Satteluhren an, deren Kapseln vielfach in Gold und Silber ge
trieben sind, jede einzelne ein kostbares Kunstwerk. Sonder
bare Gesellen unter den übrigen sind die »Sägeuhren«, die auf
einer senkrecht stehenden Zahnstange angeordnet sind und durch
ihre eigene Schwere getrieben werden — man zieht sie auf,
indem man sie einfach an der Zahnstange in die Höhe schiebt.
Pendeluhren sind in allen erdenklichen Ausführungen vertreten
bis zurück in das 16. Jahrhundert, aus dem eine Schwarzwälder
Uhr noch heute lustig ihre Räder schwingt. Sehr hoch in der
Kunst steht eine Münchener Konsoluhr mit prächtiger Boulle-
Arbeit. Wunderlich in ihrer Form ist eine ovale Wanduhr des
17. Jahrhunderts von Johannes Mayus in Berlin, aus neuerer
Zeit wieder stammt eine mechanische Uhr, deren Steuerung
durch eine schiefe Ebene bewirkt wird, auf der eine Kugel ihre
verschlungenen Bahnen zieht.
Herrliche Email-Arbeiten — eine Freude für jeden Kunst
kenner — zeigt eine Abteilung französischer Taschenuhren. Eine
Anzahl für den Orient in London gearbeiteter Uhren bietet ein
nicht minder großes Interesse. Ihnen schließt sich auch ein im
18. Jahrhundert in Holland für China hergestelltes Werk mit
zwei Foliots an. Eine Uhr besitzt sogar die Gestalt eines Vogel
bauers, in dem zwei niedliche Vögelchen sich bei jeder vollen
Stunde bewegen. Das Non plus ultra der kleinen Uhren finden
wir unter den zumeist vorzüglich gearbeiteten Ring-, Medaillon-
und anderen Schmuckuhren des 18. und 19. Jahrhunderts, es ist
ein Uhrchen in der Größe eines Fünf Pfennigstückes. Schon auf
die neue Zeit weisen die bereits mit Porzellanzifferblättern ver
sehenen Werke aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Vergessen wollen wir schließlich nicht zu erwähnen, daß
alle Uhren, selbst die 400jährigen Greise, bis auf einzelne Aus
nahmen noch jetzt ihre Pflicht und Schuldigkeit tun und »gehen«
Wie ägyptische Altertümer gefälscht werden.
Die Kunst, ägyptische Altertümer zu fälschen, ist gegen
wärtig zu einer solchen Höhe gelangt, daß selbst Fachleute
mitunter nicht angeben können, ob sie einen echten, alten
Skarabäus, einen echten blauen Anubiskrug oder eine ge
schickte moderne Nachahmung vor sich haben, ja die Her
stellung und Verkauf solcher ägyptischen Altertümer im
großen Maßstabe ist im heutigen Aegypten zu einem blühenden
Geschäft gediehen,
Der Aegyptologe Dr. T. G. Wake l'ing hat über diesen
Gegenstand soeben ein ganzes Buch veröffentlicht, in dem er
den Sammlern (wobei er namentlich die Amerikaner im Auge
bat) die erbaulichsten Dinge erzählt. Die Abbildungen, die er
dem Buche .beigegeben hat, sind nach Gegenständen (echten
und falschen) seiner eigenen Sammlung hergestellt. Eines der
einträglichsten Geschäfte ist die Herstellung »alter Mumien
in Originalverpackung«. So ein Ding kann, wenn es geschickt
nachgemacht wird, an die 20.000 Mark oder mehr einbringen,
und von dieser Summe kann ein geschickter, dabei be
scheidener ägyptischer Kunstfälscher zeitlebens zehren. Seine
Barauslagen belaufen sich dabei auf noch nicht 100 Mark, und
was er . sonst noch aufzuwenden hat, ist Mühe und Fleiß. Er
kopiert also irgend eine echte Mumie mit ihrer Umhüllung;
die Ornamente, die Symbole, alles wird in Gestalt und Farbe
aufs treulichste nachgeahmt, ein Bündel Lumpen für die