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Seite 188 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 12 
Bibliophilie. 
(Die Bibliothek Erich Schmidts.) Aus 
Berlin wird uns berichtet: Die Bibliothek Erich Schmidts, 
die, soweit die neuere Literaturgeschichte in Frage kommt, als 
die umfangreichste Privatbibliothek gelten kann, ist der letzt- 
willigen Verfügung des Gelehrten zufolge dem Berliner 
Antiquar Martin Breslauer zur Verwertung übergeben 
worden. Die Bibliothek, deren Katalog im Manuskript schon fast 
vollständig vorliegt, soll; im November dieses Jahres ver 
steigert werden, falls sie nicht im ganzen in den Besitz eines 
Institutes oder eines Privatsammlers übergeht. Es ist zu 
wünschen, daß die amtlichen Stellen in Deutschland einem 
Verkauf nach Amerika zuvörkämen. Gerade amerikanischen 
Bibliotheken stehen für diese Zwecke bedeutende Mittel zur 
Verfügung. So wurden die berühmten germanistischen Biblio 
theken der hervorragendsten deutschen Literaturhistoriker nach 
Amerika verkauft, so die von Erich Schmidts Meister Wilhelm 
Scherer, von Karl W e i n h o 1 d und Michel B e r n a y s. 
von Moritz Heyne und Friedrich Z a r n c k e, von Rudolf 
Hildebrandt, Richard Heinzei und Reinhold Bech- 
s t e i n. 
(Ein R a r i s s i m u m.) Auf der Hut h - Auktion bei 
S « t h e b y in London kam ein interessantes Büchlein zur Ver 
steigerung. Es ist Benjamin Franklins »Dissertation über 
Freiheit und Notwendigkeit, Freude und Schmerz«, die er als 
Neunzehnjähriger (1724) geschrieben, selbst gesetzt und in 
100 Exemplaren gedruckt, zum größten Teile aber später aus 
dem Buchhandel gezogen und vernichtet hatte. Soweit bekannt, 
sind nur noch zwei Stücke übriggeblieben, und eines von diesen 
kam jetzt unter den Hammer. Das Werkchen, das 1850 von dem 
Buchhändler Henry Stevens für 2'50 M'k. gekauft worden 
war, wurde von dem Sohne des ersten Besitzers für 20.100 Mk. 
erworben. 
(Eine verloren geglaubte polnische 
Bibliographie.) Der Bischof Josef Andreas Zaluski 
(1702—1774), dessen 230.000 Bände zählende Bibliothek 1795 
auf Befehl der Kaiserin Katharina II. aus Warschau nach 
St. Petersburg gebracht wurde, wo sie noch heute den Grund 
stock der kaiserl. öffentlichen Bibliothek bildet, hatte eine 
polnische Bibliographie in neun Bänden hinterlassen. Diese 
»Bibliotheca polona magna universalis« galt bisher als ver 
loren; jetzt ist es Stanislaus Tu'rowski gelungen, sieben 
Bände des Werkes in der Petersburger öffentlichen Bibliothek 
zu finden. Der Fund ist für die polnische Bibliographie von 
großer Bedeutung, da die Arbeit Zaluskis, wie Turowski fest 
gestellt hat, zahlreiche wertvolle Angaben über Polonica und 
polnische Handschriften enthält. 
Bilder. 
(Ein neuer H o 1 b e i n.) Im Danziger Stadtmuseum, in 
einem Schaupult der kunstgewerblichen Abteilung, hat der 
Direktor des Münchener Münzkabinetts, Dr. Georg Habich, 
ein bisher unbekanntes Werk Hans H o 1 b e i n s gefunden. 
Das kleine Werk ist eine Miniatur, in Tempera auf ein rundes 
Stück Papier gemalt, in der Art, wie es der Meister auch sonst 
häufig genug tat. Auf lapislazuliblauem Grunde erscheint da 
die Halbfigur eines bartlosen Mannes in schwarzem Seiden 
gewand mit tiefschwarzer Samtmütze. Nur ein feingesticktes 
Hemdstück am Halse und am Handgelenk und die Lederhand 
schuhe in der ringgeschmückten Hand bringen einen helleren 
Ton hinein. Der deutsche Rassekopf zeigt vielleicht slavischen 
Einschlag. Das Bildnis ist besonders interessant durch seine 
Datierung. Es stammt danach aus Holbeins Todesjahr 1543. 
Die kühle Meisterschaft der Spätzeit des Meisters wird ja be 
sonders durch den Verzicht auf reichere Farbe, wie es auch hier 
geschah, charakterisiert, ferner durch das ausgeglichene Email 
der Form. Der Dargestellte, auf den eine z-förmige Hausmarke 
auf den Siegelring deutet, ist vielleicht ein Mitglied der mit den 
Schwarzwald verwandten . Danziger Familie von Reesen. 
Holbein mag ihn im deutschen Kaufhause in London, im Stahl 
hof, gemalt haben. Dabei trägt dieser offenbare Deutsche eng 
lische Tracht. Vielleicht war es schon damals der Ehrgeiz junger 
Hanseaten — dieser ist nach Inschrift 24jährig — sich englisch 
zu equipieren, und in diesem Habit hat er sich dann malen lassen. 
(Eine interessante R a f f a e 1 - E n t d e c k u n g.) 
Aus Paris wird uns geschrieben: Professor Li pp mann 
machte der Akademie der Wissenschaften im Namen des 
belgischen Chemikers Wanters eine interessante Mitteilung. 
Es gibt gewisse Zeichnungen Raffaels, die zur Zeit Jugend 
arbeiten in Rötel und darüber palimpsestartig neue Sepia 
zeichnungen zeigten. Die Sepiazeichnungen sind mit der Zeit 
bis zur Unkenntlichkeit verblaßt lind nur die älteren Rötel 
zeichnungen sichtbar geblieben. Wanters ist es nun durch ein 
von ihm ersonnenes Verfahren gelungen, Photographien herzu 
stellen, auf denen nur die mit freiem Auge nicht mehr zu er 
kennenden Sepiazeichnungen erscheinen, während die Rötel 
zeichnungen nicht wiedergegeben sind. 
Numismatik. 
(Die Münzauktion im Wiener »Dorotheum«.) 
Die von uns in der vorigen Nummer avisierte Münzauktion im 
Wiener »Dorotheum« findet am 25. d. M. (eventuell noch 
am 26.) statt. Es gelangt eine Sammlung von Münzen und 
Medaillen aus dem Besitze eines Wiener Amateurs zur 
Versteigerung, die hauptsächlich österreichische 
Prägungen enthält. Besonders wären die Medaillen Maria 
Theresias, Franz Josefs 1. und die Serie Salzburger hervorzu 
heben. Aber auch die Sammler von Städtemünzen und 
Medaillen auf Privatpersonen werden reichliche 
Gelegenheit haben, ihre Sammlungen zu ergänzen, da auch 
diese beiden Kategorien sehr gut vertreten sind. Ebenso sind 
Scüützenmünzen in reicher Serie und durchwegs bester 
Erhaltung in der Sammlung vorhanden. Die Besichtigung der 
Sammlung kann am 23. und 24. Juni von 10 Uhr vormittags bis 
’.'iß Uhr nachmittags im Kaiser Karl-Saal (1. Stock) des Doro- 
theums erfolgen, wo tagsdarauf (von %3 Uhr bis %7 Uhr nach 
mittags) auch die Auktion vor sich gehen wird. 
(Ein Brandenburger Pfennig des Königs 
Wenzel.) Der Mangel an Um- und Aufschriften bei den 
deutschen Pfennigen des 13. und 14. Jahrhunderts bildet in der 
Münzkunde ein schweres Hindernis für die genauere Be 
stimmung. Unter den etwa 600 Typen Brandenburger Pfennige, 
die aus diesen 200 Jahren erhalten sind, tragen nur etwa 30 den 
Namen oder die Namensinitialen ihres Miinzherrn, und zwar nur 
der Askanier und Wittelsbacher, während man den Namen 
eines der Luxemburger Herren der Mark Brandenburg bisher 
auf ihren Münzen nicht nachweisen konnte. Es ist daher ein 
wichtiger Gewinn für die Brandenburger Münzkunde, daß, wie 
Professor M e n a d i e r in den »Amtlichen Berichten« aus den 
Berliner königlichen Kunstsammlungen mitteilt, ein Branden 
burger Pfennig mit dem Brustbild und der Umschrift König 
Wenzels in den Besitz des Berliner Münzkabinetts gelangt ist. 
Die Münze, die auf dem Katharinen-Kirchhof in Brandenburg 
gefunden wurde, besitzt als der erste »redende Brandenburger 
Pfennig« eines Luxemburgers besondere Bedeutung. 
(Goldmünzenfund in Toskana.) Aus Rom 
wird uns gemeldet: Ein Bauer von Sinalunga bei Chiusi 
(Toskana) fand bei Grabung eines Brunnens in geringer Tiefe 
einen Eisentopf mit 320 Goldmünzen aus der Zeit Karls V. 
und Klemens VII. Die Münzen sind vortrefflich geprägt. 
Man glaubt, daß sie bei der historischen Plünderung Roms 
(1527) von Landsknechten des Connetable von Bourbon er 
beutet und hier vergraben wurden, um sie bei günstiger Ge 
legenheit gefahrlos heben zu können. 
(Eine M a h 1 e r - M e d a i 11 e.) Der Wiener Groß 
industrielle Alfred Roth'berger, der in seinen Mußestunden 
sein schönes Modellierungstalent betätigt, hat die Serie seiner 
Künstlermedaillen durch eine auf den Tondichter Gustav 
Mahler, den ehemaligen Direktor der Wiener Hofoper, be 
reichert, die die von uns wiederholt gewürdigten Vorzüge der
	        
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