Nr. 12
ln tornationale Sammler-Zeitung.
Seite 181
Interessant ist die erste italienische Nachahmung des
Hofkalenders, der »Almanacco ed Effemeridi per l’Anno 1788«,
der im wesentlichen eine Uebersetzung des deutschen Jahr
ganges ist, sich aber in der Fortsetzung bis Ende des Jahr
hunderts hielt. 1782 bringt die ersten Modenkupfer (mit
deutscher und lateinischer Signatur). Sie sind von R o s-
mäßler und stellen »habillemens de Berlin und coeffures
de Leipsic« dar. Im Jahrgang 1783 finden wir die ersten vier
»Coeffures und Habillemens de Dresde (Rosmaesler sc. ä
Dresde«). Fig. 3 gibt eines dieser Kupfer wieder.
1789 ist friderizianisch mit Bildern aus seinem Leben,
1790 parisisch mit einer Abbildung der Bastille. 1793 be
ginnen die Porträts von Fürstlichkeiten mit Franciscus II.
Rom. Imp., von Bosch gezeichnet, vom Riepenhausen
gestochen. (Fig. 4.) Daneben fehlen natürlich nicht die
Monatsbilder, von denen zwei hier ihren Platz finden mögen.
(Fig. 5 eine Szene aus der Geschichte der Zarin Katharina
von Rußland, und Fig. 6 Herzog Ulrich von Württem
berg und Hans von Hutten im Zweikampf.)
1795 eröffnet die Reihe der weiblichen Porträts mit der
Kronprinzessin L u i s e von Preußen und deren Schwester
und Schwägerin, der Prinzessin Friederike. Die aus
diesem Jahrgang stammenden Monatskupfer betiteln sich:
FRANCISOUS Il.IWi. Imp.
Fig. 4. Gotha, 1793.
»Poternkin zu Füßen der Kaiserin von Rußland« (Fig. 7) und
»Patriotismus der Franckfurter Bürger« (Fig. 8). In den ersten
Jahrgängen des neunzehnten Jahrhunderts tauchen Ansichten
berühmter Orte, Landschaften, Gebäude u. dergl, sowie Bilder
aus der Zeitgeschichte auf; 1824 und 1825 enthalten Szenen
aus Scottschen Romanen, von 1832 ab aber beschränkt sich
der »Gotha« nur noch auf Porträts fürstlicher Persönlichkeiten
und bekannter Staatsmänner. Merkwürdig ist, daß in den
meisten Exemplaren des Jahrganges 1804 die Bildnisse des
Erbprinzen und der Erbprinzessin von Sachsen-Gotha (die
wohl nur einigen beigegeben wurden) fehlen.
1808 ist natürlich der interessanteste Jahrgang. Er liegt
hier in 19 Exemplaren vor. Napoleon hatte Anstoß daran
genommen, daß schon 1807 die Machtverschiebungen der
letzten Jahre nicht zum Ausdruck gekommen waren und dem
Minister des Acußern anbefohlen, in Gotha zu beantragen,
daß nach dieser Richtung hin Remedur eintrete. Die in bis
herigem Sinne redigierten Ausgaben beider Kalender für 1808
waren aber bereits ausgedruckt, als der Verleger von der
Gothaer Regierung genötigt wurde, die Bücher mit einer
großen Menge von Veränderungen neu zu drucken. Die Haupt
änderungen waren folgende: Von den Kunstbeilagen fehlen in
der neuen Ausgabe die Bildnisse von Nelson, Pitt und
Murat (letzterer stand gerade in Ungnade bei dem Impera
tor). Als Titel der deutschen Ausgabe wird »Gothaischer
Kalender« gewählt (was bis 1814 so blieb). Im genealogischen
Teil bilden die beiden Linien des Hauses Sachsen nach wie
Fig. 5. Gotha, 1793.
vor den Anfang, auf sie folgen aber nicht wie bisher alle
anderen Fürstenhäuser in alphabetischer Reihe, sondern zu
nächst das Haus Frankreich und die Rheinbundfürsten, dann
erst die anderen. 93 Familien sind ganz gestrichen, vor allem
Bourbon, Braunschweig, Kurland, Hessen,
Hohenlohe, Nassau; dazu gekommen sind dagegen
Benevent und Lucqnes und Pinombino. Auch die
Fig. 6. Gotha 1793.
sonstigen Artikel sind geschickt im Sinne napoleonischer Eitel
keit umredigiert wmrden.
Immerhin ist die erste Ausgabe nicht völlig untergegangen.
Von der deutschen bietet der Katalog ein Exemplar an, natür
lich als Rarissimum ersten Ranges: mit Titelkupfer, den