Nr. 13
Internationale S a m ni 1 e r - Z e i t u n r.
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aber mit den Worten: »Sie brauchen nichts zu sagen; ich weiß
schon,« kurzerhand jede Erörterung ab und bot sofort
250.000 Mark für das herrliche Stück und erstand es auch für
diesen hohen Preis.
Verschiedenes.
(Die Karikaturen Sammlung des Kaisers
Wilhelm.) Eine der interessantesten Sammlungen des
Kaisers Wilhelm ist unstreitig seine Karikaturensammlung.
Viele Jahre hindurch wagten die Karikaturisten es nicht, den
Kaiser in direkter Zeichnung mit ähnlichen Gesichtszügen zu
karikieren, um nicht mit dem Strafgesetz in Konflikt zu kommen.
Die Person des Kaisers wurde nur symbolisch angedeutet. Aber
Wilhelm 11. ist bekanntlich ein Freund des feinen und auch des
derben Witzes, und deshalb tat er gelegentlich die Aeußerung,
daß er Zeichnungen über sich selbst stets von der scherzhaften
Seite ansehe. Hiermit war das Eis gebrochen und die erste
direkte Karikatur des Kaisers brachte der »Kladderadatsch«
im Jahre 1905 durch die Zeichnung eines Kürassiers, dessen Ge
sicht aus einem Fragezeichen bestand, aber unverkennbar die
Gesichtszüge des Monarchen wiedergab. Seit jener Zeit wollte
ein Witzblatt das andere in der Kaiserkarikatur übertreffen.
Dazu kam, daß das bekannte Kaiserkarikaturenbuch »Lui« von
John Grand Carter et in Paris, des Begründers und Vor
sitzenden der deutsch-französischen Verständigungsgeseil-
schaft pour rnieux se connaitre, dessen Vertrieb in Deutschland
verboten war, auf Veranlassung des Kaisers in Deutschland für
den Handel freigegeben wurde. Dieses Buch enthält mehrere
hundert Kaiserkarikaturen und bildet den ersten Band der
Karikaturensammlung des Kaisers. In den übrigen Bänden sind
etwa tausend Karikaturen nicht nur aus deutschen,
sondern auch aus englischen, französischen, italienischen,
holländischen, schweizerischen, schwedischen, dänischen, nor
wegischen, österreichischen, spanischen und polnischen sowie
amerikanischen Zeitungen und Witzblättern enthalten. Russische
Erzeugnisse fehlen ganz, da die dortige Zensur derartige scherz
hafte Veröffentlichungen nicht zuläßt. Kaiser Wilhelm hat den
Auftrag gegeben, ihm jede Karikatur über sich zu übermitteln
und freut sich jedesmal, wenn er seine Karikaturensammlung
wieder um einige Exemplare bereichern kann. Auch auf Post
karten gedruckte Karikaturen sind in der Sammlung mehrfach
enthalten. Der Kaiser blättert gern in dieser eigenartigen
Sammlung und ist jedesmal erfreut, wenn er sie wieder um ein
besonderes originelles Blatt bereichern kann. Den Beschluß der
Sammlung bilden gegenwärtig die Karikaturen, die der Fiirsten-
besuch anläßlich der Vermählung der Prinzessin Viktoria
Luise gezeitigt hat.
Museen.
(Die Kunstsammlung in Marosvasärhely.)
Unter den ungarischen Provinzstädten, die sich durch ihre
lebhafte Kulturtätigkeit auszeichnen, verdient Maros-
väsärhely an erster Stelle genannt zu werden. Hier wurde
jetzt ein Kulturpalast »Franz Josef-Kulturhaus« errichtet,
dessen eine bedeutende Rolle im geistigen Leben des Landes
zu warten scheint. Der Palast wurde von den Architekten
Marczell Komor und Desider Jakab in ungarischem Stil
erbaut. Seine ganze Innendekoration ist von Alexius F a 1 u s. Es
wurden darin ein großer Konzertsaal, ein kleiner Konzertsaal,
eine Bibliothek mit Lesesaal, das städtische Museum und die
Galerie eingerichtet. Letztere besteht aus sechs Sälen mit
Seitenlicht. Das Museum für bildende Kunst, das einen Teil
seines großen Materiales in Provinzsammlungen unterzu
bringen pflegt, deponierte bereits 68 Kunstwerke in dieser
Galerie. Es befinden sich darunter einige Bilder, die sich be
reits größerer Volkstümlichkeit erfreuen, wie König Ladislaus
und Rudolf von Habsburg von Maurus T h a n, das Innere der
Alhambra von Alexander Wagner, streitende Frauen von
Adolf Fenyes, Honvedbegräbnis von Stephan R e t i,
Waldinneres von Ladislaus v. P a ä 1, Adam und Eva von
Johann V a ß a r y, Brennende Burg und Pallida Mors von
Edmund K a c z i ä n y, dem Sohne der Stadt Marosvasärhely,
und auch andere, weniger bekannte, aber charakteristische
Werke von Karl L o t z, Alexander Liezen -Mayer, Geza
M e ß ö 1 y, Bela P ä 11 i k, Oskar M e n d 1 i k und Graf Stephan
Z i c h y. Aus der Sammlung des im vorigen Jahre verschie
denen Amateurs Dr. Bela J änossy wurde die wirkungsvolle
und dramatische Grablegung von Karl von Ferenczy und
ein Interieur von Stephan R e t i angekauft. Der eifrigen Miu-
seumleitung gelang sogar eine frisch und breit gemalte, in leb
haften Farben gehaltene Komposition »Die Wäscherinnen« von
Munkäcsy zu erwerben. Das Bild kostete die Galerie 8000
Mark. Als Organisator hatte sich der gewesene Bürgermeister
und jetzige Obergespan Bernädy verdient gemacht. Die
Galerie wurde im Aufträge der Direktion des Museums für
bildende Kunst von Dr. Desider v. Rözsaffy eingerichtet.
(Eine unbekannte Dürerzeichnu ng.) Der
Schatz an Dürerzeichnungen, den. das Berliner Kupfer
stic h k a b i n e 11 birgt, ist soeben durch ein Geschenk um
ein ganz erlesenes Stück vergrößert worden. Es ist eine
bisher unbekannte Skizze aus der letzten Zeit des
Meisters, ein Entwurf zu einer Darstellung der heiligen Familie.
Zwar die männlichen Verwandten Christi sind nicht so zahl
reich versammelt, wie sie sich etwa auf Dürers Holzschnitt von
1511 um Maria und den Knaben scharen. Man zählt insgesamt
nur sieben Personen. Aber das liegt vielleicht daran, daß hier
nur ein allererster Entwurf Dürers vorliegt. Er ist mit der Feder
in flüchtigsten Strichen, die ganz der Eingebung des Momentes
folgen, hingeschrieben. Nur die Umrißlinien sind angedeutet,
das reiche Netz der Modellierungen, dieser wahre Tummelplatz
der formenden Linie des Meisters, fehlt noch.
Vom Kunstmarkt.
(Gothaer Almanache unter dem Hammer.)
Der Versteigerung der Veröffentlichungen zur Geschichte des
früheren deutschen Theaters, über die wir an anderer Stelle
berichten (s. Bibliophilie) folgte bei Martin Breslauer in
Berlin das Ausgebot d B r Sammlung Edward Clement
(Magdeburg), die die bedeutendste Vereinigung vollständiger
Folgen und einzelner Jahrgänge des »Almanach de Gotha«
bildete. Das Interesse an der Auktion war außerordentlich groß.
Außer den bekanntesten Händlern und Sammlern aus Berlin und
Frankfurt a. M. waren aus Frankreich, Belgien und der Schweiz
Interessenten erschienen. Die Preise gingen zum Teil sehr
hoch; sie richteten sich hauptsächlich nach der Erhaltung, den
Abdrücken der Kupfer und den Einbänden. Bezahlt wurde für
den Jahrgang 1764 (mit später eingefügtem heraldischen Titel
kupfer und 7 aufgezogenen, sehr galanten Kupfern in Rotdruck)
255 Mk. Die sehr seltene französische Ausgabe des ersten
Jahrganges, zugleich das einzige seit Jahrzehnten in den Handel
gekommene Exemplar, brachte 1810 Mk., der Gothaische Hof
kalender 1765—1892, eine ganz vollständige Reihe in Original
bänden und mit zahllosen Kupfern, kam auf 3000 Mk. und eine
andere vollständige Reihe von 151 Bänden (1766—1912) mit
den Supplementen zu den Ergänzungen 1882—1884 erzielte
sogar 6800 Mk. In dieser Reihe befand sich auch der auf Ver
anlassung Napoleons unterdrückte Jahrgang 1808, sowohl in
der zu Paris redigierten (kastrierten) Ausgabe als auch in der
ursprünglichen. Der Jahrgang 1766 brachte 510 Mk., ein anderes
Exemplar aus demselben Jahre 455 Mk., der Jahrgang 1767
305 Mk., der Jahrgang 1768 300 Mk., der Almanach de Gotha
von 1777 mit galanten Kupfern nach Boucher, Fragonard und
Eisen 360 Mk. Der Jahrgang 1778 mit 12 Monatskupfern von
Chodowiecki nach dem damals beliebten Roman von Hermes
»Sophiens Reise von Memel nach Sachsen« ging für 105 Mk.