Nr. 13
Seite 194
Internationale Sammler-Zeitung.
als Spätwerk charakterisiert. Das letztere Bild hat schon
Ventil ri beschrieben, Sack bildet beide in seiner
Tiepolo-Monographie ab.
Eine unserem Geschmack etwas kitschig erschei
nende, jedenfalls aber ausgezeichnet gemalte Madonna
von Sassoierrato schließt sich an; die Corsini-
Galerie besitzt eine Replik, die nicht so gut sein soll.
Weit interessanter ist aber ein mittelgroßes, die »Ver
lobung der heiligen Katharina« darstellendes Gemälde
mit Halbfiguren, dessen schöner Silberton den Betrachter
fesselt. Die Schönheit der Madonna, und als negatives
Kriterium das häßliche Christuskind weisen auf keinen
geringeren als Mo r e 11 o, den seltenen.bergamaskischen
Meister. Weiter wäre ein Triptychon mit einer Pieta zu
erwähnen, das die Merkmale der venezianischen Schule
deutlich erkennen läßt. Auf den Flügeln nahen Engel mit
Räuehergefäßen, auf dem Mittelbild rührt besonders die
feine Demut eines kleinen kindlichen Engels, der des
toten Heilands Fuß küßt. Wahrscheinlich stammt das
Bild von Schiavon e. Auch ein hübscher C a n a 1 c 11 o
ist vorhanden, aus der Spätzeit des Meisters, mit einer
besonders gelungenen Ansicht des Markusplatzes. Zwei
große Gemälde, Gegenstücke, die sich zu einer »Ver
kündigung« ergänzen, hat Maier als Guercinos er
worben. Der Engel in seiner barocken Bewegtheit und
dem reichen Ausdruck seines Mienenspiels trägt offen
die Eigenart des von Goethe so geschätzten Meisters;
nicht ganz hält aber die Madonna in ihrer etwas apathi
schen Art, den gut gemalten, aber unvornehm großen
Händen und dem kalten Ton der Farben solcher Prüfung
stand. Maier ist daher geneigt, trotz der äußerlichen Zu
sammengehörigkeit der Bilder für die Madonna nur einen
Manieristen als Schöpfer anzunehmen. Vielleicht ist end
lich auch das eindrucksvolle Bildnis eines Mönches in
weißem Habit, mit tizianischem Timbre der Hautfarbe
die Arbeit eines tüchtigen Italieners.
Gehen wir zur nördlicheren Kunst über, so dürfte
das älteste Bild der Sammlung ein Christophorus nieder
ländischer Herkunft sein. Die auf Holz gemalte Tafel
scheint der Teil eines Triptychons zu sein und ging ur
sprünglich auf den Namen des Jan M o s t a e r t; zufällig
besitzt Maier einen wirklichen Mostaert, eine Madonna
mit dem typischen schmalen Oval des Antlitzes, den
kirschroten Lippen, dem merkwürdig geschweiften
Kinn, und neben diesem Bild sieht man die Unmöglich
keit, beide auf einen Meister zurückzuführen. Wahr
scheinlich hat den Christophorus ein Schüler des üerard
David nach dessen italienischer Reise gemalt. Die duftige
Atmosphäre der Landschaft, zwei nebeneinander ge
stellte Rot, die deutlich auf verschiedene Provenienz
von van Eyck und Giorgione hinweisen, die braunen
Fleischtöne lassen diese auffallende Einwirkung italieni
schen Geistes auf ein niederländisches Bild gut erkennen.
Verweilen wir bei einigen Keinen holländischen Bildern,
so wären die kaum handfiächengroße Darstellung eines
gähnenden Bauern, gemalt in der breiten Art des jün
geren Pieter Brueghel, ein sehr schöner, durch seine
kühle graue Farbenskala auffallender David 'Feniers
der Jüngere, ein guter Jan Steen mit lesenden und zu
hörenden Bauern in einer Wirtsstube und vor allem ein
überaus feiner A. B r o u w e r hervorzuheben, den auch
Hoofstede de Groot erwähnt und dessen zarte
und doch fast monumentale Farbenintensität das Auge
je länger, desto mehr fesselt. Mit einer Landschaft von
Salomon R u i s d a e 1, einer ausgezeichneten atmosphäri
schen Studie, auf der ein rotgekleideter Bauer einen
köstlich raffinierten Farbenfleck bildet, nähern wir uns
dann dem Stolz der Sammlung, den vier Jakob Ruis-
d a e 1 s. Das Hauptbild ist die große Darstellung eines
Wasserfalles, das reife Werk des fertigen Meisters.
majestätisch in der düster-ernsten Haltung der Land
schaft, köstlich in den Einzelheiten, dem Wolkenvorhang,
den massigen Bäumen, dem rund um ihre Kontur aus
gesparten Himmelsblau, übrigens mit wahrscheinlich
eigenhändigen Staffagefiguren geschmückt. Dann ist die
Frühzeit des Meisters durch ein kleineres Bild voller
Frische, die spätere Zeit durch zwei Landschaften »Som
merabend« und »Nach dem Gewitter« vertreten, die sich
ebenso durch die haarscharf getroffene Luftstimmung
wie durch die eigenhändige Bezeichnung als echte Werke
des Meisters legitimieren. Es dürfte nicht viele Privat
sammlungen geben, die sich an vier Ruisdaels zugleich
erfreuen können.
Noch ein zweiter Künstler ist bei Maier durch Werke
S aus verschiedenen Entwickiungspcrioden interessant
charakterisiert: Aart van der Neer, von dem ein
bestrickendes Bild »Der kühle Morgen« mit unverkenn
baren Rubensgoldtönen in die beste Zeit seiner ersten
Entwicklung weist, während das zweite als »Mond-
j scheinlandschaft« mit kühlerer Palette seine älteren Tage
kennzeichnet. So liebevoll auf dem letzteren die silbern
überflutete Landschaft bis in die durchsichtigen Schatten
behandelt ist, so steht doch das auch bei Bode (aller-
| dings noch aus der Sammlung eines belgischen Prinzen,
i von dem es Maier erwarb), zitierte Frühbild mit dem
hinter Wasserdunst und Ferne sich ankündigenden
strahlenden Morgengestirn noch weitaus höher. Es ist
mit der Jahreszahl 1646 und dem Monogramm des Künst
lers signiert. Ein interessantes Bild ist wegen des Stoffes
eine Meereslandschaft des als Stillebenmalers bekannten,
aber nur selten als Landschafter auftretenden Abraham
von Beyer eil (1620 bis 1674). Wieder in anderer Art
verdient eine Landschaft mit Windmühle des Jan van
Goyen (bcz. 1649) die Aufmerksamkeit, weil sie
charakteristisch ist für den Uebergang des Künstlers vom
Silberton zur braunen Sauce seiner späteren Malweise.
| Ein prachtvolles Stück, das dem Sammelgenie Maiers
| besondere Ehre macht, ist endlich ein Architekturstück
i des außerordentlich seltenen Malers Delorme aus
| Rotterdam. Der jung verstorbene Meister zeigt auf dem
j Bilde das Innere der Rotterdarner Hauptkirche in dern
hellen Ton seiner letzten Zeit, aus der überhaupt nur
zwei Bilder existieren sollen. Ein Stück besitzt Bürger
meister Six, das andere hat Maier unter ganz anderer
| Marke (als de Witt e) vor wenigen Jahren erstanden,
j Er ließ das Bild in Paris reinigen und zu seiner eigenen
Ueberraschung trat sodann das Signum des Meisters
deutlich zutage. Wie auf dem Bilde das Licht teils durch
die unbemalten Fenster in silberner Kühle, teils durch
farbige Vorhänge durch in warmer Gedämpftheit in den
Raum mit seinen schwarzweißen Figuren flutet, ist für
j jedes empfindsame Auge ein erwählter Genuß.
Man kann einen tüchtigen W. Mieris (Dame mit
Pagen), einen ausgezeichneten .1. F y t (Stilleben mit
Grünspecht, Rebhuhn und Schnepfe vor rotem Vorhang),
eine Austern essende Gesellschaft des Ostadeschülers
Brackenburg, einen guten, charakteristischen
M a e s aus dessen letzter Zeit flüchtiger übergehen, um
sich drei in ihren Meistern zweifelhaften, in der Qualität
aber sicheren Männerporträts zuzuwenden, die gerade
in ihrer Nebeneinanderstellung viele Reize für den Be
trachter enthüllen. Ein Männerbildnis, das als Bath. v. d.
Heist in die Sammlung gelangte, scheint mit seinem
hellen, schon von Velazquez beeinflußten Hintergründe
und der ganzen Manier nach eher auf Cornclisz Jans-
! s e n van Keulen hinzuweisen. Ein zweites Bildnis
eines Mannes in weißer Halskrause ging früher als
| Adracn Hahnemann, ist aber wahrscheinlich ein
j Ravenstein und trägt jedenfalls alle guten Eigen
schaften der van Dyckschen Schule zur Schau. Das