MAK
Seite 212 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 14 
Bilderpreise einst und jetzt 
Von Adolph Donath (Berlin). 
Die Ergebnisse der großen Auktionen, die man in der 
letzten Zeit in Paris erlebt hat 1 , zeigen uns den Kunst 
markt in seinen bunten, oft sehr interessanten Varia- 
Fig. 3. Bordone zugeschr.: Papst Gregor XII. (Im alten San- 
sovinorahtnen.) 
tioncn. Nicht die eine Million Franken, die Reni- 
b; r a n d t s »Bathseba« aus der Galerie Steengracht er 
reichte, gehören, wie uns scheint, zu den wichtigsten 
Resultaten, sondern die 425.000 Franken, die für Adriaen 
Brouwers »Tabagie« gezahlt worden sind. Die Preise 
für diesen vlämisch-holländischen Bauernmaler des 
17. Jahrhunderts, für den Wilhelm Busch schwärmte, 
schwanken nämlich, soweit wir ihre Geschichte kennen, 
seit jeher. Eigentlich ist er erst im letzten Jahrzehnt, als 
man ihn unter die Vorläufer des Impressionismus warf, 
stärker in die Höhe gekommen. Noch vor 200 Jahren 
hatte man sich nicht gescheut, für einen Brouwer sechs 
Franken zu geben, und erst 1767 finden wir, als eine Art 
Kurisoum »Un estaminet« mit 2500 Franken bewertet. 
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhält man dann 
für die Brouwers wieder nur ein paar Franken, bis 1873 
»Der Operateur« 5800 Franken erzielt, um 25 Jahre 
später, also 1898, wieder auf 1600 Franken zu sinken. In 
den Achtzigerjahren erwarb übrigens ein mir bekannter 
großer Berliner Sammler eine Studie zu Brouwers 
Münchener »Rauchern« in einer Berliner Auktion für — 
etliche 50 Mark. 
Das zweite bemerkenswerte Moment der letzten 
Kunstmarktsensationen sind die Preise, die man in Paris 
für die alten Bilder der Galerie Nenres bezahlt hat. 
Der Frans Hals, den der Budapester Sammler vor etwas 
mehr als 1R± Jahren in der Versteigerung der berühmten 
Hamburger Galerie Weber bei Lepkc in Berlin für 
195.000 Mark erstand, ergab jetzt schon 290.000 Franken. 
Was aber Nemcs - - und das scheint uns gerade für den 
Pariser Markt bezeichnend — sonst an alten Meistern 
bei Weber an sich gebracht hatte, blieb sich bisher im 
Preise so ziemlich gleich. So kostete zum Beispiel die 
Skizze zu dem Münchener »Apokalyptischen W'eib« des 
Rübe n s bei Weber 35.000 Mark, bei Nemes lVi Jahre 
später 56.000 Franken, oder die beiden Porträts von Hans 
v. K u 1 m b a c h, die bei Weber auf 45.000 Mark gegangen 
waren, fanden diesmal für 55.000 Franken ihren Lieb 
haber. Daß daneben die französischen Impres 
sionisten gut abgeschnitten haben, überrascht uns bei 
der Regsamkeit des Marktes für französische Kunst 
natürlich nicht. Als amüsantes Detail wäre etwa zu ver 
merken, daß Courbets »Porträt des Mr. Marlet«, das 
in der dritten Vente Courbet vor 21 Jahren bei 680 
Franken den Zuschlag erhielt, in diesen Tagen 5500 
Franken erreichte, oder das des Meisters »Femme 
couche«, für die noch 1899 Lipptnann 2500 Franken ge 
geben hatte, heute auf 36.100 Franken kam. Daß 
Cczanne, dessen Stilleben im Jahre 1894 650 und 
680 Franken kosteten, während man für die Landschaften 
102 bis 175 Franken anlegte;, bei Nemes mit 40.000 bis 
56.000 Franken versteigert wurden, daran hat allerdings 
mehr der deutsche als der Pariser Markt seinen 
Anteil. 
Diese Preissteigerung, die oft auch eine 
Preisüberschätzung ist, steht gewissermaßen im 
Zeichen des Amerikanismus, der den Kunstmarkt 
Fig. 4. Tintoretto: Alter Mann, 
von heute beherrscht. Aber der Begriff des Ameri 
kanismus ist durchaus nicht von heute, sondern hat 
eigentlich immer existiert, von der Antike an bis auf
	        
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