MAK
Seite 216 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 14 
Stellung aber unmöglich, so zeige man bei senkrechter An 
ordnung das Schloß als den technisch wichtigsten Teil, wenn 
nicht in Augenhöhe, so doch etwa in Tischhöhe, also zirka 80 
bis 90 Zentimeter vom Fußboden. 
Für die Gestelle ist Holz dem Eisen vorzuziehen, nicht 
nur aus Billigkeitsgründen, sondern weil man dem Eisen der 
Waffen keinen stofflichen Konkurrenten an die Seite geben 
soll. Wo das Eisen das Holz berührt, bleibt ihm stets der 
Charakter des Ueberlegenen, Unverletzlichen, während es im 
anderen Fall durch eine weiche Umhüllung des Trägers ängst 
lich geschützt werden muß. Die Waffe aber soll, auch im be 
scheidenen Raume des Sammlers, nicht als Symbol der Ver 
gänglichkeit, sondern als Zeichen des Sieges im Kampfe 
wirken.« 
Der nächste Abschnitt bringt eine übersichtliche Zu 
sammenstellung der öffentlichen Sammlungen in Deutschland, 
denen sich die außerdeutschen, sowie Privatsarnrnlungen und 
kleinere Rüstkammern anreihen. 
Wer durch dieses vorzügliche Handbuch angeregt, sich in 
der Waffenkunde weiter ausbilden will, der wird dem Ver 
fasser gewiß auch für die Hinweise auf die einschlägige Lite 
ratur sehr dankbar sein, die den von der Verlagsbuchhandlung 
Schmidt & Co., prächtig ausgestatteten und mit 88 Illustrationen 
versehenen Band abschließen. 
Neuerwerbungen der Berliner königlichen Museen. 
Unter den Neuerwerbungen der Berliner königlichen 
Museen, die das soeben zur Ausgabe gelangte Juli-Heft 
der »Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunst 
sammlungen« verzeichnet, ist bemerkenswert ein 
»Heiliger Hieronymus«, der als Geschenk der Herren 
Colnagyi, Obach & Co. ins Kaiser Friedrich-Museum 
gelangte. 
Das Bild ist von der Hand des »Meisters des heiligen 
Aegidius«, von dem nur wenig Werke auf uns gekommen 
sind, und von dessen Malweisc wir erst seit etwa 
20 Jahren überhaupt eine, wenn auch nur schwache Vor 
stellung haben. Im Jahre 1892 fanden sich auf der Aus 
stellung altniederländischer Bilder im Burlington Fine- 
Arts Club zwei Tafeln zusammen, die ursprünglich die 
Flügel eines Altars gebildet hatten. Das eine Bild zeigt, 
wie eine Hirschkuh sich in den Schutz des .Einsiedlers 
Aegidius rettet, das andere stellt den heiligen Aegidius 
dar, wie er die Messe liest in Gegenwart eines knienden 
Kaisers. Ein Engel mit einem Spruchband schwebt herab 
und offenbart dem Heiligen eine Sünde des Kaisers. Diese 
Legende wird auf Karl Märtel oder auf Karl den Großen 
bezogen. Andere, demselben Künstler angehörende Stücke 
hat dann v. Tschudi erkannt, vor allem zwei Bilder in der 
Sammlung von Kaufmann in Berlin: die »Flucht nach 
Aegypten« und die »Darbringung Christi im Tempel«. 
Auch ein Porträtpaar in Chantilly wurden als Werk des 
Meisters identifiziert, und gleichfalls von dem Künstler 
des Aegidius-Altars rühren zwei Tafeln her, die auf der 
Auktion de Beurnonville zu Paris verkauft wurden. Dar 
gestellt ist ein heiliger Bischof, der vor einer Kathedrale 
eine Ansammlung von Kranken segnet, und auf dem 
zweiten Bild, wie derselbe Bischof einen König tauft. 
Gemeint ist wahrscheinlich der Bischof Remigius, der den 
König Chlodwig tauft. Zu diesen Werken tritt außer einer 
sich noch im Pariser Kunsthandel befindlichen Madonna 
in Halbfigur jetzt der heilige Hieronymus im Kaiser 
Friedrich-Museum. Wert und Reiz dieses Bildes liegen 
eher in Einzelheiten und Nebendingen als in der Haupt 
figur. Das Schönste ist die botanisch scharf charakteri 
sierte Vegetation, die im Vordergrund am Boden liegen 
den Bücher sowie die Hintcrgrundlandschaft. 
Der Meister des Bildes scheint in Frankreich tätig 
gewesen zu sein, denn auf der Tafel mit der Messe des 
heiligen Aegidius ist der Altar von St. Denis, den Karl 
der Kahle gestiftet hat, sowie das Kreuz, das von Suger 
hinzugefügt wurde, mit größtem Verständnis für früh 
mittelalterliche Stilreformen dargestellt. Nach den Ab 
bildungen ist eine stilkritische Beurteilung und Datierung 
der nicht mehr vorhandenen Heiligtümer möglich. Die 
Begegnung des heiligen Aegidius mit Karl Märtel (oder 
Karl dem Großen) ist eine spezifisch französische Episode 
der Legende, und der Aegidius-Altar hat sicher, wenn 
auch nicht gerade in St. Denis, so doch auf französischem 
Boden gestanden. Auch die Tafeln, die den Bischof 
Remigius darstellen, sind höchstwahrscheinlich für eine 
französische Kirche gemalt worden. In allen seinen 
Werken ist der Meister besonders stark in den Einzel 
heiten, während seine Perspektive große Mängel auf 
weist, so sind zum Beispiel die Bodenflächen der Kirchen 
erstaunlich unrichtig konstruiert. Die Figuren haben 
eigenartig breite Köpfe, die öfters in Verkürzung ver 
zerrt und zerdrückt erscheinen. Die Hände sind krallig, 
von derber Form, aber großer Sorgfalt in der Bewegung. 
Durch Eintragung von Schattenlinien und Lichtlinien er 
scheinen die Gesichter öfters unsymmetrisch und auf 
gelöst, doch ist ihnen ein malerischer Reiz sowie 
Lebendigkeit und Illusion nicht abzusprechen. 
Für das Kunstgewerbe-Museum konnte eine Scheibe 
des Ulmer Glasmalers Hans Wild erworben werden. 
Eine lange Reihe monumentaler Werke dieses Meisters 
ist bekannt. Erstaunlich ist die Arbeitskraft dieses 
Künstlers, der in einem Zeitraum von zwei Jahrzehnten 
für wenigstens zwölf Städte Kirchenfenster geschaffen 
hat, unter denen sich die besten und umfangreichsten 
Denkmäler der spätgotischen Monumentalmalerei in Süd 
deutschland befinden, wie zum Beispiel das Kramer 
fenster in Ulm, das Volkamerfenster der Lorenzkirche 
in Nürnberg und das Scharfzandtfenster der Frauenkirche 
in München. Eine solche Produktivität war natürlich nur 
mit Hilfe einer großen Werkstatt für die technische Aus 
führung der Glaserarbeiten denkbar, doch hat der durch 
aus einheitliche, scharf ausgeprägte Stil der Werke, so 
wohl in den Figuren und Draperien, den Architektur 
formen und Ornamenten, wie auch in der Farbenwahl, 
nicht nur den Entwurf des Ganzen durch Hans Wild 
selbst, sondern auch seine weitgehende Mitwirkung an 
der Bemalung der Scheiben zur notwendigen Voraus 
setzung. So zahlreich die erhaltenen Kirchenfenster von 
Hans Wild sind, die sich heute noch an Ort und Stelle be 
finden, so spärlich ist seine Kunst in Museen vertreten. 
Als der hervorragendste Glasmaler kurz vor 1500 war er 
mit Aufträgen für Kirchen überhäuft, so daß er für kleinere 
Arbeiten wenig Zeit fand. 
Bislang besaß das Kunstgewerbe-Museum von Hans 
Wild nur das Fragment einer kleinen Scheibe mit der 
Verkündigung, das sehr gut die Ausschlifftechnik der 
Ueberfanggläscr veranschaulicht, und zwei Scheiben mit 
Fialen und spätgotischem Ornament aus den Baldachin 
bekrönungen der verlorenen Kapitelsaalfenster im 
Münster zu Konstanz. Obwohl die ornamentale Er-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.