diesen symbolischen Akt den Bruch mit den Alten ausgedrückt, den er in
seiner Architektur eigentlich schon viele Jahre vorher vollzogen hatte.
Die Wut der Alten, die nun systematisch begannen, die ganze öffentliche
Meinung gegen ihn aufzuhetzen, war unbeschreiblich.
Alle bösen Instinkte waren mit einem Male entfesselt. Neid, Eifersucht,
Parteihaß, Konkurrenzangst und schließlich der bloße Pöbelinstinkt, der
die Freude am Skandal hat, mobilisierte gegen ihn. Daß sich ein so Mäch
tiger, wie Otto Wagner, zu den jungen Modernen gesellte, deren Er
scheinen mit Hohnlachen begrüßt wurde, gab vielen ernstlich zu denken.
Jetzt erst schlug der etwas unflätige, aber im Kern immer noch gut
mütige Spott, mit dem man in Wien alles Neue undUngewohnte begrüßt,
ehe man es innig an sich reißt, in wirklich bösartige Verfolgungswut um.
Es ist so ziemlich das schmerzlichste Schauspiel, das ich in meiner
sonst so heiteren, gut gearteten, glücklichen und geliebten Vaterstadt er
lebt habe.
Wäre Otto Wagner ein Geringerer gewesen, so hätte man aus diesem
Übertritt kein Aufhebens gemacht. Aber er war ein ganz Großer, und nur
bei ganz Großen verlohnt es sich, einen, wenn auch künstlich gezüchteten
Skandal an seine Person zu heften.
Denn nichts lieber liest der Wiener in seinem Morgenblatt, als daß um
einen ganz Großen wieder ein Skandal tobt. Er kommt ihm menschlich
nicht anders näher, als durch den Skandal. Jetzt liebt er ihn erst, weil
er über ihn schimpfen kann. Jetzt versteht er ihn erst, weil er ihn ge-
demütigt sieht, mit Dreck besudelt, ihm ähnlich. Und also auch nicht
besser wie die anderen.
Es ist einer der stärksten Einwände, gegen den sonst so liebenswürdigen
Volkscharakter, daß in Wien die wahre Größe nicht besser beschützt wird,
und daß im Bewußtsein dieser Bevölkerung das Gefühl für die Unantast
barkeit, ich möchte sagen Heiligkeit, der wertvollen Persönlichkeit nicht
erweckt und großgezogen wurde, auch dann, wenn man zu einer sach
lichen Kritik Ursache zu haben glaubt.
Es ist bedauerlich, daß zu einer Zeit, wo die gesamte reichsdeutsche
Intelligenz die Notwendigkeit der Kunsterneuerung längst erkannt und