Nr. 15/16
Internationale Sammler-Zeitung.
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diese hier kaum zu schildern, denn sie ist ja auch in
Europa heute zur Genüge bekannt. Ich kann aber die
Cloisonnesachcn nicht ganz so geschmackvoll finden wie
die Damaszenerarbeiten; vielleicht sind nur die dunkel
blauen Vasen mit den Kranichmotiven auszunehmen.
Wir wurden später in das Zimmer der Gäste geführt
und mit Tee bewirtet, und Yasuyuki ließ uns seine besten
Stücke, die ebenso teuer wie vielleicht preiswert sind,
vorführen. Ich kaufte nur einige kleinere Stücke, denn
in Nagoya harrt meiner noch der Besuch der berühmten
Setowerke, und ich werde auch versuchen, noch etwas
Satsuma zu sammeln. Man kann hier übrigens einen
Kasten kaufen, in welchem auf kleinen viereckigen
Plättchen die verschiedenen Stadien der mühevollen
Arbeit vom Aufzeichnen des Musters bis zur Vollendung
des Werkes sehr deutlich sichtbar sind; auch diese
Mustertäfelchen sind ungemein teuer.
Ein ähnlicher Kasten wurde uns im Lackholzladen
des Elikobei gezeigt; ich glaube sagen zu dürfen, daß
auch die Fabrikation der Lackarbeiten mit der des
Gloisonne und des Damaszierens sehr verwandt ist. Die
japanischen Lackholzsachen sind mit Recht auch in
Europa bekannt und behebt; wer kennt sie nicht, jene
graziösen kleinen Kasten und Kästchen aus rotem,
schwarzem und braunem Holze, mit den graziösesten
Goldmalereien darauf? Wer kennt nicht jene pracht
vollen Schränkchen und jene japanischen Tusch- oder
Schreibkasten, jene graziösen Tonbüchsen aus Lack
holz? In Japan wird das Lackholz viel häufiger als bei
uns verwendet; in den Häusern der Reichen macht man
ganze Zimmereinrichtungen — soweit man überhaupt
in Japan von Einrichtungen sprechen kann macht den
Fries der Tore, die Tore selbst aus jenem kostbaren
Holze, und man sagt, daß der Thron des Sohnes des
Himmels ganz aus Lackholz sei. Es ist unglaublich, wie
teuer selbst hier diese Arbeiten bezahlt werden; je nach
der Schwere und Dicke des Holzes und nach den aufge-
malten Motiven variiert der Preis; ich sah ein kleines
antikes Kästchen, kaum handgroß, das sich auf ungefähr
400 Kronen stellte. Die Lackholzkästchen sind neuer
dings ein sehr beliebter Sammelartikel in Japan ge
worden; man zahlt für Arbeiten älteren Datums fabel
hafte, Preise. Der Besitzer des Ladens erbot sich, uns
die ganze Prozedur der Fabrikation zu zeigen; ich lehnte
aber dankend ab, da sich hier in den letzten Wochen
verschiedene Europäer nach dem Besuche der Fabrika
tionsräume schwer unwohl fühlten, und auf die Frage
des japanischen Arztes, ob sie eine Lackholzfabrik be
sichtigt hätten, stellte dieser fest, daß sich die betreffen
den Herren durch Einatmen der Gold- und Silberfarb
stoffe tatsächlich lokale Vergiftungen zugezogen hatten,
die sehr stark auftraten und sich durch heftige
Schmerzen in der Lungengegend und im Magen sowie
durch Fiebererscheinungen bemerkbar machten. Wie ich
weiter vernahm, haben selbst die Japaner, die jenen
Arbeiten obliegen, anfahgs stets mit dieser Krankheit zu
kämpfen; in wenigen Tagen überstehen sie diese Ver
giftung und sollen dann immun sein.
Kioto ist wohl auch der bedeutendste Platz der
japanischen Bronzen. Bei Nogawa, Noboru findet
man die köstlichsten Produkte dieser japanischen Kunst
fabrikation. Sehr häufig wird die grüne Bronze ver
wendet, doch fand ich auch vielfach die schwarz aus
sehende Lackbronze, die ganz famos wirkt; namentlich
eignet sie sich für die japanischen Typen am besten. Es
muß überhaupt gesagt werden, daß der Japaner es viel
besser versteht, Volkstypen in Bronze herzustellen, als
jene langweiligen Tierfiguren, die man auch bei uns in
allen Japanbasaren billig kaufen kann; ich erinnere nur
an das bekannte Stück: ein Elefant mit einem Tiger
kämpfend, der ihm hinten auf seinen Rücken aufge
sprungen ist und seinen großen, plumpen Gegner zu
zerfleischen droht. Nein, viel anmutiger sind diese
kleinen Kulis, die daherlaufen, ihre Richshaw ziehend,
sind die Pilger, die Straßenverkäufer und, last not least,
die zierlichen, kleinen Geishapuppen, tanzend, singend
oder das Lamisan spielend. Man würde am liebsten den
ganzen Laden kaufen und mitnehmen nach Hause, nach
Europa.
Ganz außerordentlich lohnend ist der Besuch der
zahlreichen Antiquitätenläden, von denen der des Herrn
Naimao für mich stets besondere Attraktionen hatte.
Ich fand in den Läden oft ganz famose alte Stickereien,
alte Rüstungen und Samuraischwerter, prachtvolle kleine
Buddhaschreine, die auf den Hausaltären Verwendung
finden, alte Lackholzkasten von außerordentlichem
Werte, Elfenbeinfiguren von seltener Schönheit, letztere
oft kaum zwei bis drei Zentimeter hoch und doch bis auf
— die kleinste Figur prachtvoll geschnitzt, und alte
japanische Farbenholzschnitte. Diese Holzschnitte oder
Farbendrucke, wie man sie nennen mag, gehören wohl
zu den besten Erzeugnissen japanischer Kunst. Gerade
weil sie in so köstlicher Naivität als erster Versuch
gelten können, uns das japanische Leben vor Augen zu
führen, sind sie mir so lieb geworden. Freilich fehlt bei
ihnen die richtige Wiedergabe der Perspektive, die wir
auf unserem Bilde zu finden gewohnt sind, und auch die
Verteilung von Licht und Schatten fehlt zumeist gänz
lich, aber sie sind für uns Europäer wohl, der Inbegriff
japanischer Kunst geworden, und sind es auch vielfach
für Japan noch; nach demselben Prinzip, wie diese Holz
schnitte hergestellt wurden, nach demselben Prinzip
der Kunst, meine ich, wurden auch die Kakemonos ge
malt, jene langen Petgamentstreifen, die in keinem
japanischen Hause fehlen und stets zusammengerollt an
der Wand hängen, um nur bei festlichen Gelegenheiten
aufgewickelt zu werden und den Besucher oder den
Gast des Hauses zu erfreuen. K a n o war wohl der beste
Maler jener Kakemonos, aber ich glaube, die Farben
frische, mit der uns diese Rollbilder hier entgegen
leuchten, ist nicht nur sein Verdienst, sondern vielmehr
dem Umstande zu danken, daß die Rollen fast nie dem
Lichte ausgesetzt sind. Makimonos, auf Pergament
rollen gemalte Illustrationen, und Ouben, Klappbücher,
fand ich nur in den großen Museen noch. Ich brauche
Ihnen kaum zu sagen, daß alle die hier lebenden Europäer
japanische Kunstsachen sammeln, und es ist nicht un
interessant, daß sich jeder auf einen bestimmten
Gegenstand lokalisiert. Sind die Buntdrucksammler
schon eine große Schar, so sind die Liebhaber der alten
Schwerter, die oft mit den köstlichsten Gravierungen
versehen sind, noch zahlreicher. Kakemonos zu sammeln
ist schon ein etwas teuerer Spaß, hingegen werden die
Netzukes von vielen zu kolossalen Preisen erworben.
Diese Netzukes sind eigentlich nichts als wohlge
schnittene Knöpfe am Ende einer Schnur, an deren
anderem Ende die kleine, aus vielen Fächern bestehende
Apothekertasche hängt, die der Japaner stets bei sich
führt. Die Schnur wird nun durch den Gürtel gezogen
und mit diesem Netzuke leicht verknüpft, so daß sie nicht
fallen kann. Nach einer anderen Version sollen diese
Apothekertaschen nichts anderes bergen als — Tabak,
aber wie dem auch sei, ich konnte nie begreifen, warum
die Europäer gerade diese Netzukes sammeln, gewiß,
man findet oft die prächtigsten Elfenbeinknöpfe, die
prächtigst geschnittenen Steine unter ihnen, aber ich
fand, daß die Taschen selbst, die oft sehr schön ge
schnitten sind, weit mehr des Sammelns wert sind.