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Seite 240 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 15/16 
zu erzählen: Im Jahre 1907 hat der Generaldirektor der : 
Schönen Künste Ricci bei seinen Besuchen in den Kirchen 
Roms dieses. Bild in der Sakristei von Santa Maria in Traste- 
vere entdeckt und es der Schule Giovanni Bellinis zuge- | 
schrieben. Er ließ es sofort photographisch aufnehmen und j 
sandte die Photographie dem Professor Cantalamessa, 
damit er es .im »BolLettino ö’Arte« als einen neuentdeckten 
Schatz der altvenezianischen Schule veröffentlicht. Cantala- 
messa schrieb zu dem Bilde eine Notiz, in der er die Meinung 
aussprach, es sei von einem Schüler Bellinis, nämlich von 
Benedetto Diana, der öfters Reproduktionen der Madonnen | 
des Meisters anfertigte. Im Jahre 1911 brach in der Sakristei [ 
von Santa Maria di Trastevere Feuer aus, wobei deren ganze 
Einrichtung verbrannte. Unter dem Schutt fanden sich noch , 
einzelne Stücke des schweren geschnitzten Goldrahmens vor, in j 
welchem das Bild sich befunden hatte. Verwahrer der Kirche ! 
und der Sakristei war Don Martino Crescini, der sofort zu- j 
gab, das Feuer könne durch eine ewige Kerze entstanden sein, i 
die er selbst aus Frömmigkeit vor einem Heiügcnbilde Tag und ; 
Fig. 15. Exlibris Roseggers. 
Nacht brennen lasse. Damit war die Sache abgetan. Aber der 
Direktor der Schönen Künste hatte Verdacht geschöpft und 
sandte die Photographie des Bildes an das Amt in Florenz, 
welches darüber zu entscheiden hat, ob ein Bild ausgeführt 
werden dürfe oder nicht. Das Amt möge, wenn ein Tafelbild, 
das der Photographie entspricht, zur Ausfuhr gemeldet werde, 
sofort eie Direktion benachrichtigen. Vor vier Wochen kam 
nun ein bekannter Antiquitätenhändler in das Amt, brachte das 
Bild mit. das nach Aussage des Verkäufers aus Paris gebracht ! 
worden war, und verlangte einen Schein, womit ihm dies be 
stätigt wird. Mit diesem Scheine in der Hand kann er dann 
jederzeit das Bild wieder ausführen. Das Bild wurde sofort 
mit Beschlag belegt und die Untersuchung über seine Herkunft 
ergab folgendes: Der erste Käufer des Bildes war ein hoch 
angesehener römischer Prälat, Monsignore Eugenio Passe- 
r i n i, der es, wenn auch mit Widerwillen und auf dring 
liches Zureden seitens des Martino Crescini, erstanden hatte. 
Dieser letztere besuchte ihn nach oberflächlicher früherer Be- j 
kanntschaft in seiner Wohnung und schlug ihm den Kauf eines j 
Bildes der venezianischen Schule aus dem 15. Jahrhundert vor. j 
Er könne es billig bekommen und damit ein gutes Geschäft I 
machen. Der Monsignore lehnte ab. er verstehe nichts von der- 
aitigen Dingen und habe nicht die Mittel für Luxusausgaben. 
Trotzdem kan Crescini zwei Tage später mit dem Bilde und 1 
redete dem Prälaten so lange zu, bis dieser halb und halb 
eir.wiiligte, das Bild gegen Ausstellung von vier Wechseln 
zu je 1125 Lire zu erwerben. Der erste dieser Wechsel sollte 
am 15. Juli fällig sein. Sehr bald bereute der Monsignore den 
Kauf. Das Bild gefiel ihm nicht, er hängte es nicht einmal auf 
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Fig. 16. Exlibris Vrchlickys. 
und schrieb mehrere Mab dein Crescini, er wünsche, den Kauf 
zu annullieren. Dieser antwortete lange nicht, kam aber dann 
einmal zu Passerini, erklärte, schon einen Käufer für das Bild 
in Aussicht zu haben und nahm es mit, um es letzterem zu 
zeigen. Seither hat der Monsignore das Bild nicht mehr ge 
sehen, lebte aber in der beständigen Angst, die Wechsel be 
zahlen zu müssen, wenn sie fällig wurden. Don Martino wurde 
von einem anderen Geistlichen veranlaßt, zur Quästur zu 
kommen, wo man ihm den Sachverhalt vorhielt und ihn trotz 
seines entschiedenen und beharrlichen Leugnens in Gewahr 
sam behielt. 
Exlibris. 
(D i c h t e r - E x 1 i b r i s.) In Fig. 15 bringen wir das 
Buchzeichen Peter Roseggers, der eben unter dem Jubel 
des deutschen Volkes in Oesterreich seinen siebzigsten Geburts- 
Fig. 17. Exlibris Ellen Keys. 
tag feiert. Es kann hier nicht der Ort sein, den gottbegnadeten 
Dichter zu würdigen, dessen schönste Seite seine Menschen 
liebe ist. Der Diogenes, den das Exlibris verkörpert, ist er 
selbst, nur mit dem Unterschiede, daß sein Suchen kein ver-
	        
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