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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15/16
Die Kollektion von Marmorbildwerken konnte durch
drei schöne Stücke griechischer Arbeit komplettiert wer
den: das Fragment eines attischen Votivreliefs aus dem
5. Jahrhundert v. Chr., interessant dadurch, daß es —
ein seltener Typus — auf beiden Seiten bearbeitet ist;
dann ein marrnorenes Qrabgefäß mit anmutigem figuralen
Relief von tadelloser Erhaltung; endlich ein hellenisti-
Fig. 8. Kautsch, Medaille auf Margot Lenbach.
sches Grabrelief aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. mit einer
Darstellung von intimem Charakter, einem bärtigen
Manne, dessen jugendlicher Diener das Badegerät her
beiträgt. Für die Vasensammlung konnte ein seltenes
Objekt, eine sogenannte Lutrophoros (Totenvase für ehe
los Verstorbene), gewonnen werden. Unter den übrigen
Erwerbungen verdienen zwei Kratere aus Böotien mit
interessanten Darstellungen Erwähnung. Die Terra-
kottensammlung wurde durch bisher nicht vertretene
Fig. 9. Marschall, Vermählungsmedaille auf Erzherzog Karl
Franz Josef und Erzherzogin Zita.
Typen böotischer Herkunft, Jünglings- und Frauen-
figuren vermehrt. Unter den Bronzen ist ein Porträt-
büstchen des Kaisers Commodus aus J-'etronell zu er
wähnen. Ein gelagerter Satyr aus dem jonisch-etruski
schen Kunstkreis, ein Erosfigürchen und ein kriechender
Knabe fügen sich passend in die Sammlung figürlicher
Applikcn ein, während die Geräte durch einen Pfannen
griff aus hellenistisch-römischer Zeit vermehrt wurden.
Von besonderem Interesse ist ein seltsames Gerät in
Form eines Dreizacks aus Lorch in Oberösterreich,
wahrscheinlich eine kultlichen Zwecken dienende Votiv
gabe. Die Sammlung antiker Kameen konnte durch einen
sorgfältig geschnittenen Medusenkopf frühhellenistischer
Zeit bereichert werden. Nicht unbedeutenden Zuwachs
erfuhr die Sammlung der antiken Gläser durch 17 Ob
jekte, welche zum Teil neue Typen darstellen.
Die Münzen- und Medaillensammlung
hat in der Abteilung für antike und byzantinische Münzen
weniger nach der Zahl als nach dem Werte eine be
deutende Bereicherung erfahren. Das bisher vorwiegend
gepflegte Gebiet kleinasiatischer Münzen mußte wegen
der zur Zeit herrschenden Verhältnisse etwas vernach
lässigt werden. Dafür konnte um so mehr Aufmerksam-
Fig. 10. Prunkdegen von A. Bcrand (17. Jahrh.)
keit der Anschaffung römischer und griechischer Prä
gungen gewidmet werden.
Aus der Fülle der Akquisitionen sind namentlich an
zuführen : ein Elektron der .Stadt Ephesos, ein archaisches
Silberstück der Stadt Tanagra in Böotien, ein Tetra-
drachrnon der »zweiten« Teilprovinz von Makedonien,
ein schönes Didrachmon von Kyzikos (Eig. 5), ein vor
züglich erhaltenes Silberstück aus Maroneia in Thrakien
(Fig. 6) und ein ebensolches von Tarsos in Küikien, ein
trefflich erhaltenes Bronzemünzchen der thessalischen
Stadt Eurea (Fig. 7) und, um auch spätere Daten zu be
rücksichtigen: ein unedierter Aureus des Kaisers
Hadrian, kürzlich in Ungarn gefunden, und ein Glas
gewicht eines byzantinischen Stadtpräfekten von Rom.
Von den Akquisitionen der Abteilung für
Mittelalter und Neuzeit des kaiserlichen
Münzkabinettes ist an erster Stelle zu nennen die
Sammlung von 440 ungarischen Dukaten aus der vor-
habsburgischen Periode (zirka 1310—1526), welche Pro
fessor K o v a t s in Preßburg in vieljähriger Tätigkeit zu-