Nr. 15/16
Internationale Sammler -Zeitung.
Seite 233
venezianischen Vedute Francesco Guar di; das eine
davon stellt den Markusplatz mit Karnevalseinbauten bei
prickelndem Sommerlicht, das andere den Eingang zum
Arsenal bei schwerer Sciroceostimmung vor. Beide ge
hören trotz dem kleinen Format zu dem Feinsten und
Geistreichsten, was Guardi geschaffen hat. Als Legat des
Herrn Theodor Denk in Wien erhielt die Galerie eine
größere Anzahl von Bildern und Miniaturen von Eduard
E n d e r, Josef Lambert Denk, Remi van Haanen,
Richard Schwager und anderen..
Von den Erwerbungen der ethnographischen
Sammlung im Jahre 1912 ist in kunsthistorischer Be
ziehung ein Posten von Interesse. Dieser besteht aus
21 Terrakottafiguren, welche in alten Gräbern der Pro
vinz Honan (China) gefunden wurden und als Geschenk
Appliken und kännchenförmigen Anhängseln ist ein Hals
schmuck aus 22 zylindrischen, 7,5 bis 10 Zentimeter
langen Stücken besonders bemerkenswert. Eine Bereiche
rung von allgemeinem Interesse erfuhr die Sammlung
durch eine größere Auswahl von galvanoplastischen
Nachbildungen und Ergänzungen der dem 14. bis 12. Jahr
hundert v. Chr. zugerechneten kostbaren Funde, die
Schliemann aus den fürstlichen Schachtgräbern von
Mykenä erbeutete. Eigenartig ist die Gruppe von mehr
als 60 zusammengedrückten etruskischen Helmen, die
vor kurzer Zeit in einem mittelitalischen Städtchen als
Depotfund zutage kamen, durch einen Kaufmann nach
Wien gelangten und von Herrn Julius Bellak der prä
historischen Sammlung als Geschenk übergeben wurden.
Es sind ganz glcichgeformte dünnwandige Helme mit
Fig. 13. Isaak van Ostade, Landschaft.
des in chinesischen Diensten stehenden Generals F. M.
N. M u n t h e an das Hofmuseum kamen. Sie gehören
verschiedenen älteren Perioden von der Han-Dynastie
220 v. Chr. bis 230 n. Chr. angefangen an und stellen
männliche und weibliche Figuren, Pferde und Rinder dar.
Die Figur eines Zivilbeamten aus der Han-Dynastie ist
wohl die älteste Nummer der ganzen Kollektion und wird
als ein besonders seltenes Stück bezeichnet. Etwas später
sind die Statuetten eines Mannes und eines Weibes zu
datieren, die mit verschiedenfarbiger Glasur überzogen
sind. Das relativ jüngste Stück ist die Figur eines Mannes
aus den Zeiten der Tang-Dynastie (618 bis 907 n. Chr.)
aus feinem gebrannten Ton und zum größten Teil mit
einer hellgelblichen Glasur überzogen.
Unter den Erwerbungen der prähistorischen
Sammlung verdienen an dieser Stelle drei Posten
hervorgehoben zu werden: bronzene Grabbeigaben aus
der Gegend des alten Amphipolis im Bezirke Seres in
Makedonien, vom Alter der Dipylon-üräber und der mit
ihnen auf gleicher Stufe stehenden älteren Abteilung un
serer Hallstatt-Periodc, etw r a 8. oder 7. Jahrhundert
v. Chr. (Fig. 14). Es sind vornehmlich Schmucksachen.
Neben Doppelspiralfibeln, Bogenfibeln, rosettenförmigen
einfachem Grat und schmaler gerader Krempe, von der
selben Gestalt wie die Neugauer Helme. Etwa zwanzig
von ihnen tragen in etruskischen Charakteren die Worte
»Haspnas« eingeritzt, sicherlich der Name des Haupt
mannes, dessen Abteilung einstmals die Helme gehörten.
Sie dürften aus Anlaß einer Entwaffnung absichtlich un
brauchbar gemacht worden sein, sind jedoch im übrigen
gut erhalten und von besonders schöner Patina.
Die Kupferstichsammlun'g der Hofbibliothek
verzeichnet für das Jahr 1912 einen Zuwachs von 750
Nummern mit 1031 Stücken (Einzelblättern, Bänden, be
ziehungsweise Mappen). Die Inkunabelformschnitte wur
den um zwei interessante Blätter, einen frühen Reiber
druck, Apostel Matthäus (Sehr. 1624) und einen großen
Holzschnitt aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts,
heiliger Hieronymus (Sehr. 1537), vermehrt. Das Holz
schnittwerk Albrecht Dürers konnte durch wichtige
Blätter, wie zum Beispiel das Originaltitelblatt zur
Kleinen Passion und das große Wappen Dürers B 160,
ferner durch einzelne Holzschnitte der Apokalypse mit
deutschem und lateinischem Text (Ausgaben von 1498)
komplettiert werden. Erwähnt seien weiters die Er
werbungen von Stichen Israels van M e c k e n e m (P. 69),