MAK
Nr. 17 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 253 
Ein Brieflein schrieb sie mir. 
Ich soll treu bleiben ihr. 
Drauf schickt ich ihr ein Sträußelein 
Von Rosmarin und Nägelein, 
Sie soll mein eigen sein! (Volkslied.) 
Die bevorzugte Blume der volkstümlichen Erotik 
von heute, die der Dorfbursche neben dem Mädchen auf 
des Dachauer Malers Fritz Stroberitz Bilde »Junge 
Liebe« hinter dem rechten Ohre trägt, die Ludwig 
Knaus’ »Dorfprinz« (1874) im Munde hält, war schon 
der vornehmen Gesellschaft der deutschen Renaissance 
zeit ein vielsagendes Zeichen der Zuneigung. Nicht zu 
fällig stünde also der Nelkenstock neben dem Paare van 
Meckenens und neben dem Paare im Hausbuch der 
Familie üoldast zu Konstanz aus dem 15. Jahrhun 
dert.* In einer Augsburger Schrift vom Jahre 1575 heißt 
es: »Ein jede Braut von der herrnstuben mag ihrem 
breutigam ein nägelin- oder maseronkranz wohl geben.« 
Fig. 3. Jan van Eyck, Der Mann mit den Nelken. 
Auf dem Hochzeitsbildnis , des Eberhardt Bran 
denburg und der Anna Klock aus dem Jahre 1437 
(Fig. 4) hebt die Braut eine noch ungefüllte Nelke be 
deutsam zu ihrem Bräutigam empor. Vielleicht ist es 
auch eine Gartennelke, die Mair von Landshut im 
Jahre 1499 aus seinem Kupferstich zwischen zwei 
Paaren einer ritterlichen Gesellschaft im Garten eines 
Burgfriedens wachsend darstellt. Wenigstens läßt die 
Wiedergabe dieses im Berliner Kupferstichkabinett ver 
wahrten Stiches (bei Hatnpe, Fahrende Leute, Leipzig 
1902, S. 27), wo wir zwei randwärts zerteilte Blüten 
auf langen Stengeln mit grasartigen Blättern sehen, 
diese Deutung zu. 
* Das Original wird Bartholomäus Zeitblom zuge- 
schrieben. 
Während die Nelke in Deutschland und England zu 
nächst der Gunst der Fürsten und der reichen Deute sich 
erfreute, ist sie in Belgien der Liebling des Volkes ge 
worden. Schon auf den Bildern der alten Niederländer 
ist die Nelke häufig in Frauenhand zu sehen. Die feinsten 
Brüsseler Spitzen zeigen Nelken als Dessins und noch 
heute findet der Reisende, den sein Weg durch die in 
dustriereichen Distrikte Belgiens führt, wo die Stcin- 
kohlengräber und Fabriksarbeiter wohnen, in jedem 
Gärtchen, vor jedem Fenster, selbst der ärmlichsten Ar 
beiterhütte, die prachtvollsten Nelkenstöcke, die mit 
wahrhaft rührender Sorgfalt gehegt werden. 
Fig. 4. Hochzeitsbildnis des Eberhardt Brandenburg 
(Biberach) und der Anna Klock (1437). 
Bei dieser Gelegenheit möchte ich nicht unter 
lassen, auf einen Irrtum aufmerksam zu machen, der 
sich in den Kunstkreisen seit langem erhält. Allgemein 
bekannt ist das berühmte Bild des größten und origi 
nellsten Malers der holländischen Schule R e m- 
b r a n d t, das unter dem Namen »Saskia mit der 
Nelke« geht (Fig. 5) und die im Jahre 1642 verstorbene 
Gemahlin des Künstlers Saskia van Ulenburgh 
darstellt. Ein näherer Anblick der »Nelke«, die diese 
schöne Dame in der Hand hält, lehrt jeden, der etwas 
von Botanik und Gärtnerei versteht, daß es sich um 
eine Komposite — nämlich T a g e t e s, volkstümlich 
»türkisches Nagerl«! handelt, somit hat die Be 
zeichnung »Saskia mit der Nelke« für 
immer zu verschwinden. Während »Saskia mit 
der Nelke« ein Tagetesköpfchen in der Hand hält, gibt 
es allerdings auch ein Saskiabild, auf dem die Dame 
unter anderen Blumen auch eine echte Nelke trägt. Es 
ist Rembrandts »Saskia, als Flora« in der Galerie 
des Herzogs von B u c c 1 e u c h in London. 
Nach Schube ist in Schwenckfelds Stir- 
pium et fossilium Silesiae catalogus (Leipzig 1601) unter
	        
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