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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 19 
in diesem Stadium den Mut, und tauschen die ganze 
Sammlung gegen einige Bücher, Ansichtskarten oder 
dergleichen um. Die aber bei der Stange bleiben, setzen 
sich zumeist das Ziel wesentlich niedriger. Nur wenige 
bleiben dem Vorsatze, eine allgemeine Sammlung zu 
schaffen, treu, und die müssen ziemlich viel Geld und 
ziemlich viel Raum zur Verfügung haben. Denn eine 
derartige Sammlung braucht Platz, viele große Rasten, 
die man leider nicht umsonst erhält. Die anderen, die 
große Mehrzahl, bescheidet sich und widmet sich einem 
bestimmten Gebiete, das im Anfänge natürlich auch 
noch möglichst groß gewählt wird. Man will »bloß« alle 
Münzen des heiligen römischen Reiches deutscher Nation 
haben, plant eine komplette Sammlung der römischen 
Kaiser plus der Republik, und dergleichen mehr. Eine 
derartige Aufgabe übersteigt nicht bloß die finanziellen 
Kräfte der meisten Sammler — sie ist auch durch das 
nun einsetzende Studium der allgemeinen und Spezial- 
fragen so schwierig, daß gar viele sehr rasch noch be 
scheidener werden und das Gebiet, das sie eigentlich 
sammeln, noch mehr einschränken. 
Und da ist natürlich allen möglichen Wünschen, 
Meinungen und Absichten Tür und Tor geöffnet. Man 
kann sich auf das Sammeln von bestimmten Münztypen, 
von Münzen eines bestimmten Regenten, eines be 
stimmten Landes, einer Prägestätte einrichten. Man 
kann eine Sonderung nach den Metallen vornehmen, ein 
zelnen Stempelschneidern, Reversdarstellungen nach 
gehen. Man kann ein Faible für Kolonialmiinzen, für 
Exoten haben, Taler, Pfennige, Fälschungen, Fehlprä 
gungen, Barbaren u. s. w. sammeln. Kurz, es gibt da 
Möglichkeiten, die sich in dem Rahmen eines Aufsatzes 
gar nicht erschöpfen lassen und die alle ihre Berechti 
gung haben. Denn nur auf diese Weise kann das ganze 
ungeheure Material durchgearbeitet und wissenschaft 
lich verwertet werden. 
Ich möchte aber doch noch speziell auf eine Art der 
Sammlertätigkeit hinweisen, die mir in manchen Ge 
bieten und an bestimmten Orten ganz besonders emp 
fehlenswert erscheint. 
Nicht jeder, der die Lust und die Eignung zum 
Sammeln hat, hat das Glück, in einer größeren Stadt zu 
leben, in der er seinem Vergnügen mit Erfolg nach 
gehen kann. Viele Sammler, weit mehr als man denkt, 
sind am Lande, in kleinen Städten, ja in Dörfern zu 
finden und leisten dort oft eine wertvolle Kulturarbeit, 
selbst wenn, und gerade wenn sic sich darauf be 
schränken, nur das zusammenzutragen, was sich in der 
nächsten Umgebung auftreiben läßt; in die Numismatik 
übertragen, wenn sie allen Funden nachgehen, die in 
ihrer Gemarkung gemacht werden, und sie erwerben 
oder zum mindesten genau beschreiben. 
Eine solche Sammlung kann, wenn auch ihr 
materieller Wert ein sehr geringer ist, doch ungemein 
wertvolle Aufschlüsse geben. Denn sie wird in ihrer Zu 
sammensetzung zeigen, welche Wege der Handel ging, 
welchen Einfluß die angrenzenden Länder hatten, welche 
Münzsorten besonders gangbar waren, und wird viel 
leicht auch die Antwort auf das Warum geben. 
Sie kann auch nationalökonomische Verhältnisse 
widerspiegeln, dunkle Partien der Lokalgeschichte auf 
hellen, Rätsel lösen, archivalische Forschungen be 
stätigen. Aber sie muß sich, um dem zu entsprechen, 
tatsächlich nur auf die Vorkommnisse der Umgebung be 
schränken; und zweitens muß das Inventar tadellos ge 
führt sein, eine Rubrik: »Fundumstände« aufweisen, und 
drittens muß mit peinlichster Genauigkeit ge 
arbeitet werden. Denn es ist z. B. durchaus nicht einerlei, 
ob die 200 venezianischen Soldi, die sich in der Samm 
lung vorfinden, aus einem einzigen Funde stammen oder 
ob sic vereinzelt da und dort beim Ackern, Roden, 
Drainieren gefunden wurden. Im ersten Falle sind sie 
nur ein Beweis dafür, daß ein Fremder (ein Reisender, 
Kaufmann) in der Gegend aus irgendwelchen eventuell 
feststellbaren Gründen sein Geld versteckt oder ver 
graben hat; der zweite Fall aber läßt den Schluß zu, 
daß zur Zeit, als diese Münzen kursierten, mindestens 
intensive Handelsbeziehungen mit Venedig bestanden, 
wenn sie nicht sogar das Zeugnis der venezianischen 
Herrschaft sind. 
Allerdings muß man auch da noch vorsichtig sein. 
Denn auch in der Numismatik fehlt das Satyrspiel nicht 
ganz. So finden sich in Krain recht häufig französische 
Spielmarken und Münzen Ludwig XVI. Unzweifelhaft 
kamen sie zur Zeit der Napoleonischen Kriege, bezw. 
Herrschaft mit den Truppen ins Land und wurden bei 
der unorientierten Landbevölkerung an den Mann ge 
bracht, die, als sie die Steuern mit diesem Gelde nicht 
bezahlen konnte, es einfach wegwarf. 
Auch mit »Witzen« von guten Freunden, bezw. 
Nachbarn muß man rechnen. Derlei Möglichkeiten sind 
vor dem Ziehen von Schlüssen zu berücksichtigen. 
Ich habe früher das Inventar erwähnt. Aber nicht 
bloß die Sammler, die nur ein lokal kleines Gebiet be 
arbeiten, sollten ein solches führen, sondern jeder — ja, 
gewissenhafte Sammler werden sogar zweierlei Bücher 
haben — ein Inventar, das die Erwerbungen in der Reihe 
des Einlaufes gibt, ein anderes, das die Prägungen in 
irgend einer Weise geordnet vorführt. Denn nur dieser 
Vorgang erlaubt eine wissenschaftliche Arbeit, die 
schließlich das Ziel eines jeden ernsten Sammlers sein 
muß. Dann sollten aber Sammler, speziell in kleinen 
Orten, noch eines bedenken. Damit ihre Tätigkeit sicli 
über den Wert der so oft verspotteten Raritäten 
kammern erhebe, muß ihre Sammlung nicht bloß zu 
gänglich sein, sondern sie müssen sie auch selbst durch 
irgend eine, wenn auch noch so bescheidene Publikation 
mindestens in einer fachlichen Zeitschrift den Fach 
genossen und dem Publikum zugänglich machen. Irgend 
ein kleines, provinzliches Blatt, das in den weitesten 
Kreisen unbekannt ist, ist nicht genügend. Dies hängt 
mit einer zweiten Mahnung zusammen - sich nämlich 
einem fachlichen Vereine anzuschließen. Die Anregun 
gen, die man von ihm empfängt, wiegen den Mitgiicds- 
beitrag bald auf. 
Drittens sollte kein Sammler vergessen, daß er 
sterblich ist! Erben haben selten dieselben Neigungen 
wie der Erblasser. Was ihm eine Lebensarbeit war, 
ist ihnen oft genug Gegenstand des Spottes, Zeichen 
einer leichten geistigen Abnormität. 
Fast jedes Jahr hört man es mehrmals, daß diese 
und jene Sammlung von unverständigen Erben ver 
schleudert oder gar vernichtet worden sei. Sic wußten 
nichts von ihrem Werte, haben die interessantesten 
Stücke verschenkt, zu Broschen, Uhranhängseln ver 
arbeiten lassen, den Rest den Kindern gegeben, zum 
Einschmelzen getragen, aus den Talern silberne Löffel 
gießen lassen. Der so entstandene Schaden ist wissen 
schaftlich oft unersetzlich. 
Deshalb sollte der Sammler rechtzeitig daran 
denken und seine Lebensarbeit entweder durch Verkauf 
in richtige Hände gelangen lassen oder aber, wenn er 
sich von seinen Lieben nicht trennen kann, sie einem 
Museum zuwenden. Dies gilt ganz besonders für die 
Lokalsammlungen, die in dem Rahmen eines, sagen 
wir, Landesmuseums eine wesentliche Bereicherung 
vorstellen, sonst aber nicht von Bedeutung sind.
	        
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