ZUR GESCHICHTE DES ORIENTALISCHEN TEPPICHS. 13
ihren wesentlichsten Zügen authentisch und zusammenhängend
darstellen ?
Ein Hauptmangel haftet den orientalischen Teppichen
an: ihre Vergänglichkeit. Während Gegenstände aus Metall
und gebranntem Thon Jahrtausende überstanden haben, ver¬
mochten Textilerzeugnisse nur unter ganz besonders gün¬
stigen Umständen eine längere Reihe von Jahrhunderten zu
überdauern. Unter den textilen Rohmaterialien ist wieder die
dem Mottenfrasse ausgesetzte Thierwolle das vergänglichste;
die Thierwolle ist aber gerade jenes Material, das in der
orientalischen Teppicherzeugung so wie noch heute, wohl
schon von Anbeginn die weitaus erste Rolle spielt. Erwägen
wir ferner, dass die Teppiche als Gebrauchsgegenstände der
mechanischen Abnützung im höchsten Masse ausgesetzt sind,
so müssen wir dem Geschicke dankbar sein, dass es uns
überhaupt Teppiche aus früherer Zeit als dem laufenden
Jahrhunderte erhalten hat.
Aeltere Teppiche, sogenannte «altorientalische» Teppiche,
gibt es nämlich zweifellos und, wie die Ausstellung lehrt, in
nicht geringer Anzahl. Es fällt auch nicht schwer, einen alten
Teppich von einem jüngeren zu unterscheiden, sobald man nur
die moderne Waare genauer angesehen hat. Die Schwierigkeit
beginnt aber sofort, wenn man sich mit der vagen Bezeich¬
nung «altorientalisch» nicht mehr zufrieden gibt und eine
genauere Datirung, sei es auch nur nach dem Jahrhundert,
anzustellen versucht.
In einzelnen Fällen hat es uns der orientalische Arbeiter
allerdings leicht gemacht. So lesen wir an Xr. 361 nicht
bloss den Namen des einstigen Besitzers, sondern auch eine
ganz genaue Orts- und Zeitbestimmung. Leider kommen solche
datirte Stücke nur sehr vereinzelt vor und stammen fast
sämmtlich aus unserem Jahrhundert. Man ist daher gezwungen,
nach anderen, minder bequem zu Tage liegenden Criterien
zu suchen.