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Seite 18 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 2 
Sammeln ein Mittel sein, sich durch neue Interessen 
psychisch frisch zu erhalten. Es ist fast überflüssig, auf 
das Beispiel eines Goethe hinzuweisen, der bis in sein 
höchstes Alter seinen Mappen, seinen geologischen und 
mineralogischen Sammlungen, seinen geschnittenen 
Steinen ein unermüdliches Interesse entgegenbrachte und 
ihnen zahllose reine Freuden verdankte. Nein, bleiben 
wir beim Durchschnitt der Menschen, und betrachten 
wir sie gerade unter dem Standpunkte der sozialen Ent 
wicklung des heutigen wirtschaftlichen Lebens. Viel 
schneller als früher altert heute der Beamte in öffent 
lichem oder privatem Dienste. Das ist nicht nur so zu 
verstehen, daß der aufreibende Daseinskampf der 
Gegenwart so ungemein viel Nervenkraft absorbiert, 
sondern schon in der Privatbeamtenschaft zeigt cs sich, 
daß Unternehmungen sehr gern den Mann in den 
Fünfzigern ausschalten, daß sie das Bestreben zeigen, 
jüngere Kräfte auf die leitenden Posten zu berufen. Im 
Staatsdienste, in der militärischen Karriere tritt dieses 
Moment noch viel stärker hervor. Die Verkürzung der 
Dienstzeit, die das Avancement beschleunigt, auch hier 
das ausgesprochene Bestreben der Verjüngung des Be 
amtenkörpers und des Heeres, sie schaffen frühzeitiger 
denn je ein Heer von Pensionisten, von Männern mit 
vielfach noch nicht aufgebrauchter Kraft, denen aber 
mit einem Mal der ihnen liebgewordene Boden jahr 
zehntelanger Betätigung entzogen wird. Gerade sie 
stellen das größte Kontingent zu den Fällen, wo ein 
plötzliches Zusammenbrechen vom Tage des Eintrittes 
in den Ruhestand zu datieren ist. 
Die vorausgeschickten Zeilen lassen vielleicht er 
kennen, daß diese zahlreichen, plötzlich ihrem Berufe ent 
rissenen Existenzen gerade durch eine Betätigung wie 
die des Sammelns einen neuen Wirkungskreis erhielten. 
Und es ist bezeichnend, daß sozusagen die immanente 
Lebenskraft sich schon vielfach auf diese Weise ein ge 
eignetes Betätigungsfeld geschaffen hat. Bilden nicht 
pensionierte Offiziere und Beamte ein außerordentlich 
starkes Kontingent der Sammler auf allen Gebieten? 
Jeder, der die einschlägigen Verhältnisse kennt, wird 
diese Behauptung bestätigen können. Das Sammeln als 
Lebenselixir ist, wie man sieht, von einzelnen schon 
selbst gefunden worden. Eine Verbreitung dieser Er 
kenntnis würde manchen Lebensabend verschönen und, 
wie ein richtiges Lebenselixier bei zufriedenstellender Be 
tätigung auch verlängern. . . . 
Der Türkenkalender für 1455. 
Ein Druckerzeugnis von Johann Gutenberg.* 
Der Graphischen Kunstanstalt A 1 b r e c h t in Rothenburg 
o. Tauber danken wir eine trefflich gelungene Nachbildung des 
Türkenkalenders für 1455 von Johann Gutenberg. 
Die kleine Druckschrift stellt, wie Rudolf Alb recht in 
dem instruktiven Vorwort ausführt, eines jener Werke dar, 
die nur in einem Exemplar auf uns gekommen sind. Das 
Werkchen wurde im Jahre 1806 in der Jesuitenbibliothek zu 
Augsburg vorgefunden und der Münchener Hof- und Staats 
bibliothek einverleibt. Der damalige Direktor J. Christian 
Freiherr von U r e t i n war der erste, der sich eingehend mit 
dieser Druckschrift beschäftigte. Als Teilhaber der von Aloys 
Senefelder, dem Erfinder der Lithographie, in München 
gegründeten lithographischen Anstalt ließ er im Jahre 1808 
durch Senefelder ein Faksimile des Werkchens hersteilen. 
Dieses Produkt kann bei aller Anerkennung doch nicht jene 
intimen Reize des Originales wiedergeben, und wenn auch 
später die Wiedergabe durch Lichtdruck erfolgte, so fehlt der 
Reproduktion die zweite Farbe, die zur Rubrizierung ange 
wendet wurde. Das vorliegende Büchlein bringt nun diese, 
um dem Kunstliebhaber damit einen Dienst zu erweisen. 
Um die Wiedergabe möglichst dem Original nahe 
zubringen, wurde der Druck auf einer alten Handpresse aus 
Holz — ganz wie zur Zeit Gutenbergs — hergestellt, nur mit 
dem Unterschied, daß das Rot des Rubrikators gedruckt an 
statt mit der Hand eingefügt ist. 
v, , r.,? er Türkeiikalender für 1455 von Johann Qutenbei 
Nachbildung des Originals mit einem Geleitwort von Rud< 
Vtl* 3 r ® c h f- Hruck und Verlag der Graph. Kunstanstalt Ri 
Albrecht, Rothenburg o. Tauber. Preis 3 Mark. 
Ueber das Original macht Albreciit folgende Mitteilun 
gen: Es besteht aus 6 Blättern in Quart, die jetzt lose in einer 
Mappe liegen. Die Rückseite des fünften Blattes und das 
sechste sind unbedruckt. Das Papier ist kräftig und zeigt als 
Wasserzeichen einen Mohrenkopf (leider fragmentiert). Dieses 
Wasserzeichen kommt wiederholt auf Schriftstücken aus Mainz, 
Frankfurt a. M. u. s. w. Ende des 14. und auch im 15. Jahr 
hundert vor und besteht kein Zweifel über den Mainzer Ur 
sprung. 
Die Typen sind die der 36zeiligen Bibel, die Druck 
leistung ist im ganzen gut zu nennen, nur hin und wieder 
sind einige ausgebliebenc Buchstaben nicht gerade geschickt 
durch Tinte nachgeholfen. Die Zeilen sind ohne Durchschuß 
und die Zeilenausgänge unregelmäßige, Interpunktionen nach 
heutiger Art fehlen, nur der Punkt ist vorhanden und dieser 
als Zeilenfüllstück verwendet. Besonders auffällig erscheint das 
Fehlen des großen W und Z. 
Als Erscheinungszeit ist der Termin des Jahres 1454 an 
zunehmen; hiezu berechtigt wohl am meisten der am Ende 
der neunten Serie angebrachte Neujahrswunsch: »Ayn gut 
selig nuwe Jar«, wohl der erste gedruckte Neu 
iaht s wünsch eines Kalenders. Später enthielten die Ka 
lender und Einzelblattdrucke öfters derartige Wünsche. 
Ueber den Urheber des lextes gibt uns der Dialekt einige 
Anhaltspunkte: es ist ein Deutsch, wie es im Mittelalter am 
Rhein und insbesondere in der Gegend von Mainz gesprochen 
w urde, und nach allem, was man bis jetzt erforschen konnte, 
wird der Urheber auch in der Person des Johann Guten- 
b e r g zu suchen sein.
	        
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