MAK
Seite 306 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 20 
ausstellen. Auch in einer anderen Gruppe ist diese Sammlung 
vertreten: In der Sonderausstellung »Die Frau im Buch 
gewerbe« wird Frau Schneller in der von ihr geleiteten Ab 
teilung »Frau und Bibliophilie« die Buchkunst des 19. Jahr 
hunderts an auserlesenen Exemplaren ihrer Sammlung vor 
führen. 
Bilder. 
(Ein verkannter Rubens.) Die »Münchener 
Neuesten Nachrichten« melden: Auf der Feste Rosenberg in 
Kronac h hing seit Jahren ein Oelgemälde, Landschaft, Wein 
lese darstellend. Das Museum hatte seinerzeit dieses Bild als 
wertloses Stück ausgeschieden. Nun wurde unter dem 
Namen das Zeichen Rubens 1612 entdeckt; daß es ein echter 
Rubens ist, soll keinem Zweifel unterliegen. 
(Veit Stoß-Entdeckungen.) Das Werk Veit 
Stoß’, des berühmten Nürnberger Bildschnitzers der Spät 
gotik, ist, wie jetzt von zwei Seiten gemeldet wird, mit inter 
essanten Entdeckungen bereichert worden. Dr. Berthold Daun, 
der Biograph des Stoß, will in den schönsten mittelalterlichen 
Bildwerken Schlesiens drei Sandsteinfiguren in G 1 o g a u, ein 
Werk des Nürnberger Meisters, erkennen. Es sind eine Maria 
mit dem Kinde, eine heilige Katharina und ein heiliger Nikolaus. 
Früher schmückten die Figuren das nun abgerissene alte Oder 
tor von Glogau, jetzt sind sie an einem Privathause hoch an 
gebracht. Gestiftet hat sie im Jahre 1505 Herzog Sigismund von 
Glogau, der später König von Polen wurde und für dessen 
Vater, Kasimir Jagello, Stoß das Grabmal im Dom auf dem 
Wawel zu Krakau geschaffen hat. Daß der Meister während 
seiner Krakauer Tätigkeit auch die Glogauer Figuren gemeißelt 
hat, ist also gut denkbar, zumal wir 'jetzt urkundlich wissen, 
daß Stoß nicht nur, wie man früher meinte, nur in Holz ge 
schnitzt, sondern auch im Stein gearbeitet hat. Die neu 
entdeckten Werke gehören zu den besten, was er in diesem 
Material schuf. Das andere neuentdeckte Werk des Veit Stoß 
weist Dr. Hermann V 6 ß, der bereits in Florenz zwei Arbeiten 
des Meisters fand, in einem kleinen oberitalienischen Ort, 
B a n n i o in der Valle Anzasca, nach. Dort ist ein wahrer 
Legendenkranz darum gewunden. Es handelt sich um einen 
überlebensgroßen Kruzifixus. Er ist von ganz verwandter An 
lage wie der Gekreuzigte in Florenz, auffälligerweise aber in 
Bronze ausgeführt, während die vielen und berühmten Kruzi- 
fixusdarstellungen des Meisters in Nürnberg und anderwärts, 
die so erschütternd das Bild des Leidens geben, sämtlich in 
Holz geschnitzt sind. 
(Ein vergessener englischer Maler aus der 
Zeit der Tudors.) Erst in den letzten Jahren hat sich die 
Forschung auch der englischen Malerei der zweiten Hälfte des 
sechzehnten Jahrhunderts zugewendet, und dem vor einiger 
Zeit erschienenen Buche von Mary F. S. He rvey über Gerlach 
Flieh ist in diesen Tagen (in den Publikationen der Walpole 
Society) eine Untersuchung des Direktors der National Por 
trait Gallery in London, Lionel Cust, über Hans oder 
Haunce Eworth, einen »vergessenen englischen Maler 
aus der Zeit der Tudors«, gefolgt. Cust beschreibt etwa hundert 
Bildnisse aus öffentlichen und privaten Galerien, die nach seiner 
Ueberzeugung Eworth zugeschrieben werden müssen und bisher 
entweder keine oder eine falsche Bezeichnung trugen. Hier 
hin gehören u. a. das dem Lucas de Heere zugeschriebene 
Bildnis der Lady Jane Grey in der National Portrait Gallery 
in London, weiterhin zahlreiche Bildnisse der Königin Marie, 
der »blutigen« Marie, in der Portrait Gallery, der Society of 
Antiquaries, den Sammlungen des Lord Chesham und des 
Herzogs von Bedford, verschiedene Bildnisse der Herzoge von 
Norfolk im Besitze der Familie und des vierten Herzogs von 
Norfolk in der Galerie des Lord Rothschild, einige Bilder in 
den Königlichen Sammlungen und in den Galerien englischer 
Landlords. Da Eworth nach der Ansicht Custs aus den Nieder 
landen stammte, so hat Cust die noch vorhandenen Einwande 
rungslisten und Naturalisationsakte aus der Mitte des sech 
zehnten Jahrhunderts, von 1545 bis 1571, durdhgepriift und 
darin zahlreiche Eintragungen gefunden, die entweder nur 
einen leisen oder überhaupt keinen Zweifel zulassen, daß sie 
sich auf Eworth beziehen. Den größten Wert legt Cust einer 
Eintragung aus dem Jahre 1571 bei, in der es heißt: »Haunce 
Eworth, Maler, naturalisiert, geboren in Antwerpen, kam vor 
28 Jahren in das Königreich.« 
(B i 1 d e r r a u b bei einem Londoner Arzt.) In 
dem Hause eines Londoner Arztes, der sich auf Reisen befand, 
wurde ein schwerer Einbruch verübt. Die Diebe schnitten 
4 3 Gemälde aus den Rahmen und nahmen den größten Teil 
der Beute mit sich. Es soll sich zum Teil um Gemälde von 
großem Wert handeln, unter anderem ist angeblich auch ein 
M u r i 11 o von den Dieben mitgenommen worden. 
Handschriften. 
(Eine neue Tristan-Handschrift.) Im Stutt 
garter Staatsarchiv wurde in einem Bucheinband ein 
Doppelblatt einer Pergamenthandschrift vom Tristan des Gott 
fried von Straßburg entdeckt. Der Tristan-Text stimmt mit 
keiner der bis jetzt bekannten Handschriften überein. Das 
Pergamentblatt, das sich in einem Umschlag zu einem Ver 
zeichnis einer württembergischen Kaplaneipfriinde von 1468 
befand, dürfte aus dem Kloster Kirchberg stammen. Der 
Fund, der wissenschaftliche Bedeutung hat, wurde der Uni 
versitätsbibliothek in Tübingen einverleibt. 
(Ein Beethoven-Fund.) Im Besitze des Grafen 
von C I a m - G a 11 a s hat jetzt Artur C h i t z eine Reihe von 
Kompositionen Beethovens für Cembalo und Mandoline ge 
funden. Es ist ein Adagio in Es-Dur, das sich mit einer in der 
Berliner Kgl. Bibliothek befindlichen Handschrift eines Mando- 
linenstiickcs bis auf wenige Abweichungen deckt. Das neu 
gefundene Exemplar ist fein säuberlich geschrieben, trägt die 
zierliche Widmung »pour la belle J. (Josepha) par L. v. B.« 
und dürfte das persönlich überreichte Dedikationsexemplar 
darstellen. Die anderen Sätze — teils Autograph, teils Abschrift 
— sind in der Beethoven-Literatur ganz unbekannt. Da diese 
Kompositionen die eigenhändige Widmung Beethovens an die 
Komtesse Josephine Clary, die nachmalige Gräfin Clam-Gallas, 
tragen, der er auch die große Konzertarie »Ah perfido« dediziert 
hat, so ist anzunehmen, daß Beethoven schon im Jahre 1796 
die junge schöne Komtesse im Hause ihrer künftigen Schwieger 
eltern — ihr Vater Graf Philipp Clary war bereits gestorben 
— kennen gelernt und in der gräflich dänischen Familie ver 
kehrt hat. Chitz weist nun in der »Deutschen Arbeit« nach, daß 
die Mandolinenstücke für die junge Gräfin selbst zum Spielen 
bestimmt waren, denn als anmutige Sängerin hat sie auch nach 
damaliger Sitte das Mandolinen- und Gitarrespiel gepflegt. Ein 
Skizzenblatt Beethovens zeigt zwischen verschiedenen Ent 
würfen auch eine Stelle aus der Szene der Arie »Aih perfido« 
und enthält die Randbemerkung: »Pour Mademoiselle la Com- 
tesse de Clari.« Also hat schon bei der Komposition der Konzert 
arie Beethoven an die Komtesse gedacht. Auf demselben Blatte 
befinden sich aber auch Skizzen zu einem der neugefundenen 
Mandolinenstücke. Es sind musikalische Gelegenheitsarbeiten, 
die aber sichtlich das Gepräge der Beethovenschen ersten Kom 
positionsperiode tragen. Das C-Dur-Allegro gemahnt in der 
eleganten Fassung des Mandolinenparts deutlich an das Mozart 
sohe Faktur der Don-Juan-Serenade. Chitz weist nach, daß 
Beethoven 1796 in Prag, wo er reichlich Anregung und An 
erkennung fand, eine seiner schönsten Arien sowie entzückende 
Gelegenheitskompositionen für das jetzt wieder in Gebrauch 
kommende Zupfinstrument, die Mandoline, geschaffen hat.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.