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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 20
ausstellen. Auch in einer anderen Gruppe ist diese Sammlung
vertreten: In der Sonderausstellung »Die Frau im Buch
gewerbe« wird Frau Schneller in der von ihr geleiteten Ab
teilung »Frau und Bibliophilie« die Buchkunst des 19. Jahr
hunderts an auserlesenen Exemplaren ihrer Sammlung vor
führen.
Bilder.
(Ein verkannter Rubens.) Die »Münchener
Neuesten Nachrichten« melden: Auf der Feste Rosenberg in
Kronac h hing seit Jahren ein Oelgemälde, Landschaft, Wein
lese darstellend. Das Museum hatte seinerzeit dieses Bild als
wertloses Stück ausgeschieden. Nun wurde unter dem
Namen das Zeichen Rubens 1612 entdeckt; daß es ein echter
Rubens ist, soll keinem Zweifel unterliegen.
(Veit Stoß-Entdeckungen.) Das Werk Veit
Stoß’, des berühmten Nürnberger Bildschnitzers der Spät
gotik, ist, wie jetzt von zwei Seiten gemeldet wird, mit inter
essanten Entdeckungen bereichert worden. Dr. Berthold Daun,
der Biograph des Stoß, will in den schönsten mittelalterlichen
Bildwerken Schlesiens drei Sandsteinfiguren in G 1 o g a u, ein
Werk des Nürnberger Meisters, erkennen. Es sind eine Maria
mit dem Kinde, eine heilige Katharina und ein heiliger Nikolaus.
Früher schmückten die Figuren das nun abgerissene alte Oder
tor von Glogau, jetzt sind sie an einem Privathause hoch an
gebracht. Gestiftet hat sie im Jahre 1505 Herzog Sigismund von
Glogau, der später König von Polen wurde und für dessen
Vater, Kasimir Jagello, Stoß das Grabmal im Dom auf dem
Wawel zu Krakau geschaffen hat. Daß der Meister während
seiner Krakauer Tätigkeit auch die Glogauer Figuren gemeißelt
hat, ist also gut denkbar, zumal wir 'jetzt urkundlich wissen,
daß Stoß nicht nur, wie man früher meinte, nur in Holz ge
schnitzt, sondern auch im Stein gearbeitet hat. Die neu
entdeckten Werke gehören zu den besten, was er in diesem
Material schuf. Das andere neuentdeckte Werk des Veit Stoß
weist Dr. Hermann V 6 ß, der bereits in Florenz zwei Arbeiten
des Meisters fand, in einem kleinen oberitalienischen Ort,
B a n n i o in der Valle Anzasca, nach. Dort ist ein wahrer
Legendenkranz darum gewunden. Es handelt sich um einen
überlebensgroßen Kruzifixus. Er ist von ganz verwandter An
lage wie der Gekreuzigte in Florenz, auffälligerweise aber in
Bronze ausgeführt, während die vielen und berühmten Kruzi-
fixusdarstellungen des Meisters in Nürnberg und anderwärts,
die so erschütternd das Bild des Leidens geben, sämtlich in
Holz geschnitzt sind.
(Ein vergessener englischer Maler aus der
Zeit der Tudors.) Erst in den letzten Jahren hat sich die
Forschung auch der englischen Malerei der zweiten Hälfte des
sechzehnten Jahrhunderts zugewendet, und dem vor einiger
Zeit erschienenen Buche von Mary F. S. He rvey über Gerlach
Flieh ist in diesen Tagen (in den Publikationen der Walpole
Society) eine Untersuchung des Direktors der National Por
trait Gallery in London, Lionel Cust, über Hans oder
Haunce Eworth, einen »vergessenen englischen Maler
aus der Zeit der Tudors«, gefolgt. Cust beschreibt etwa hundert
Bildnisse aus öffentlichen und privaten Galerien, die nach seiner
Ueberzeugung Eworth zugeschrieben werden müssen und bisher
entweder keine oder eine falsche Bezeichnung trugen. Hier
hin gehören u. a. das dem Lucas de Heere zugeschriebene
Bildnis der Lady Jane Grey in der National Portrait Gallery
in London, weiterhin zahlreiche Bildnisse der Königin Marie,
der »blutigen« Marie, in der Portrait Gallery, der Society of
Antiquaries, den Sammlungen des Lord Chesham und des
Herzogs von Bedford, verschiedene Bildnisse der Herzoge von
Norfolk im Besitze der Familie und des vierten Herzogs von
Norfolk in der Galerie des Lord Rothschild, einige Bilder in
den Königlichen Sammlungen und in den Galerien englischer
Landlords. Da Eworth nach der Ansicht Custs aus den Nieder
landen stammte, so hat Cust die noch vorhandenen Einwande
rungslisten und Naturalisationsakte aus der Mitte des sech
zehnten Jahrhunderts, von 1545 bis 1571, durdhgepriift und
darin zahlreiche Eintragungen gefunden, die entweder nur
einen leisen oder überhaupt keinen Zweifel zulassen, daß sie
sich auf Eworth beziehen. Den größten Wert legt Cust einer
Eintragung aus dem Jahre 1571 bei, in der es heißt: »Haunce
Eworth, Maler, naturalisiert, geboren in Antwerpen, kam vor
28 Jahren in das Königreich.«
(B i 1 d e r r a u b bei einem Londoner Arzt.) In
dem Hause eines Londoner Arztes, der sich auf Reisen befand,
wurde ein schwerer Einbruch verübt. Die Diebe schnitten
4 3 Gemälde aus den Rahmen und nahmen den größten Teil
der Beute mit sich. Es soll sich zum Teil um Gemälde von
großem Wert handeln, unter anderem ist angeblich auch ein
M u r i 11 o von den Dieben mitgenommen worden.
Handschriften.
(Eine neue Tristan-Handschrift.) Im Stutt
garter Staatsarchiv wurde in einem Bucheinband ein
Doppelblatt einer Pergamenthandschrift vom Tristan des Gott
fried von Straßburg entdeckt. Der Tristan-Text stimmt mit
keiner der bis jetzt bekannten Handschriften überein. Das
Pergamentblatt, das sich in einem Umschlag zu einem Ver
zeichnis einer württembergischen Kaplaneipfriinde von 1468
befand, dürfte aus dem Kloster Kirchberg stammen. Der
Fund, der wissenschaftliche Bedeutung hat, wurde der Uni
versitätsbibliothek in Tübingen einverleibt.
(Ein Beethoven-Fund.) Im Besitze des Grafen
von C I a m - G a 11 a s hat jetzt Artur C h i t z eine Reihe von
Kompositionen Beethovens für Cembalo und Mandoline ge
funden. Es ist ein Adagio in Es-Dur, das sich mit einer in der
Berliner Kgl. Bibliothek befindlichen Handschrift eines Mando-
linenstiickcs bis auf wenige Abweichungen deckt. Das neu
gefundene Exemplar ist fein säuberlich geschrieben, trägt die
zierliche Widmung »pour la belle J. (Josepha) par L. v. B.«
und dürfte das persönlich überreichte Dedikationsexemplar
darstellen. Die anderen Sätze — teils Autograph, teils Abschrift
— sind in der Beethoven-Literatur ganz unbekannt. Da diese
Kompositionen die eigenhändige Widmung Beethovens an die
Komtesse Josephine Clary, die nachmalige Gräfin Clam-Gallas,
tragen, der er auch die große Konzertarie »Ah perfido« dediziert
hat, so ist anzunehmen, daß Beethoven schon im Jahre 1796
die junge schöne Komtesse im Hause ihrer künftigen Schwieger
eltern — ihr Vater Graf Philipp Clary war bereits gestorben
— kennen gelernt und in der gräflich dänischen Familie ver
kehrt hat. Chitz weist nun in der »Deutschen Arbeit« nach, daß
die Mandolinenstücke für die junge Gräfin selbst zum Spielen
bestimmt waren, denn als anmutige Sängerin hat sie auch nach
damaliger Sitte das Mandolinen- und Gitarrespiel gepflegt. Ein
Skizzenblatt Beethovens zeigt zwischen verschiedenen Ent
würfen auch eine Stelle aus der Szene der Arie »Aih perfido«
und enthält die Randbemerkung: »Pour Mademoiselle la Com-
tesse de Clari.« Also hat schon bei der Komposition der Konzert
arie Beethoven an die Komtesse gedacht. Auf demselben Blatte
befinden sich aber auch Skizzen zu einem der neugefundenen
Mandolinenstücke. Es sind musikalische Gelegenheitsarbeiten,
die aber sichtlich das Gepräge der Beethovenschen ersten Kom
positionsperiode tragen. Das C-Dur-Allegro gemahnt in der
eleganten Fassung des Mandolinenparts deutlich an das Mozart
sohe Faktur der Don-Juan-Serenade. Chitz weist nach, daß
Beethoven 1796 in Prag, wo er reichlich Anregung und An
erkennung fand, eine seiner schönsten Arien sowie entzückende
Gelegenheitskompositionen für das jetzt wieder in Gebrauch
kommende Zupfinstrument, die Mandoline, geschaffen hat.