Seite 308
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 20
besonders erwähnenswert, das König Jerome als Kontre-
adrniral, die Insel Martinique im Hintergründe, darstellt. Der
erste Napoleon ist in zahlreichen hübschen Stichen ver
treten. Der wertvollste ist der von P. M. A 1 i x, der den Kaiser
in vollem Ornate auf dem Throne zeigt (Fig. 12). Der Stich, in
Fig. 13. Lord Byron.
der Größe von 54 zu 45 Zentimetern, ist nach einem Gemälde
von Garneray ausgeführt. Das Blatt »Napoleon son famille,
son empire, ses institutions, Fan 1822, par G. Herzä-Leipsic«
gehört zu den Inkunabeln der Lithographie. In die Zeit ge
hört auch ein reizendes Brustbild Byrons (Fig. 13), dessen
Schöpfer leider unbekannt ist.
(Die Erstlingsarbeit Adolf von Menzels.)
Eine interessante Entdeckung, die für jeden Menzel-Verehrer
von größtem Interesse sein dürfte, hat der Direktor der Treptow-
Sternwarte, Dr. S. F. Archen h o 1 d, in den Archiven der
Sternw'arte gemacht. Es handelt sich um eine Arbeit
Menzels, die, wie aus einer handschriftlichen Notiz un
zweifelhaft hervorgeht, ihm zugleich den ersten eigenen Ver
dienst einbrachte. Ueber die Entstehungsgeschichte der Arbeit,
es handelt sich um eine lithographierte Sternkarte, gibt Menzels
Bemerkung eine in ihrer Knappheit erschütternde Aufklärung.
Sie lautet folgendermaßen: »Diese Sternkarte, nach der sehr
schlechten Bleizeichnung eines Professors der Astronomie,
habe ich lithographiert fiir einen Herrn Scharrer während
der letzten Krankheit meines Vaters, Ende Dezember 1831. (Am
5. Januar 1832 starb derselbe.) Mit ihr habe ich das erste Geld
selbständig verdient.«
(Die Malerei der Töne, Geräusche und Ge
rüche.) Aus Mailand wird uns geschrieben: Wer den
Corso Venezia entlang spaziert, jene breite Straße, die von der
altertümlichen Kirche San Babila nach Nordosten führt, bemerkt
zur Linken einen auffallenden Rohziegelbau mit Terrakotta
ornamenten, mit einer symbolischen Giebelgruppe und mit zwei
Bronzetüren, die Szenen aus Garibaldis Leben wiedergeben.
Es ist der Palazzo C i a n i, dessen Architekt von der Absicht
beseelt war, die glorreiche Zeit der nationalen Auferstehung
durch sein Bauwerk zu verherrlichen. Der Wille war gut, die
Ausführung entsprach aber nicht der löblichen Idee. In diesem
Hause hat der italienische Futurismus seinen Wohnsitz aufge
schlagen. Hier befinden sich die Räume, in denen Mari
ne 11 i, sein Begründer, schaltet und waltet und mit seinem
Generalstab von Dichtern, Musikern, Malern und Bildhauern
jene Kundgebungen vorbereitet, die dann wie Brandfackeln in
die Welt hinausgeschleudert werden. Der jüngste Aufruf, den die
Zünftler ausgeheckt haben, führt den Titel »Die Malerei der
Töne, Geräusche und Gerüche.« Ein Maler — C. D. Carrä
heißt er — hat das drei Seiten lange Manifest unterzeichnet,
in dem zuerst aller Art der bisher geübten Malerei der Krieg
erklärt wird. Sogar die Impressionisten der vorgeschrittensten
Richtung finden keine Gnade, weil auch sie in die Gleich
gewichtslehre zurückgefallen seien. Erst dem Futuritismus sei
es Vorbehalten gewesen, wie er die Einbildungskraft ohne
Schranken, die Freiheit des Wortgebrauches, die anmuts
widrige Musik ohne rhythmische Gliederung und die Kunst der
Geräusche geschaffen habe, die Malerei der Töne, Geräusche
und Gerüche zu zeugen. »Was will die Malerei der Töne, Ge
räusche und Gerüche?« Da lautet die Antwort: »Sie will das
Rot, das ganz starke Rot, das schreit. Sie will die grünen
Töne, das niemals genugsam lebhafte Grün, die alleralleraller-
griinsten Farben, die quieken und kreischen, die schnarren und
gellen. Sie liebt aber auch das Gelb, das nie genug heraus
platzen kann: das Gelb des Maisbreis, das Gelb des Safrans,
das Messinggelb.« Damit ist aber die Farbenskala der Malerei
der Töne, Geräusche und Gerüche noch nicht beendet. Denn
Punkt 3 lautet: »Sie will alle Farben der Schnelligkeit, der
Freude, der Schwelgerei, des Karnevals, des Feuerwerkes, der
Cafe-Chantants, kurz alle Farben, die in der Zeit und nicht
im Raum als Bewegung gefühlt werden.« Was die Formen
betrifft, so will diese Kunst die dynamische Arabeske, den Zu
sammenstoß aller spitzen Winkel, die schrägen Linien, die
wirbelnde Ellipse, den umgestürzten Kegel und die Spirale. Sie
will die Fortdauer und Gleichzeitigkeit der plastischen Erhaben
heiten des Pflanzen- und Tierreiches, den bildhauerischen
Rückschlag, der nicht dem Gesehenen, sondern den Eindrücken
des Ohres und der Nase entspricht. Zum Schlüsse weist Herr
Carrä auf einige bereits bestehende Gemälde hin, die er,
Boccioni, Russolä und Severini geschaffen haben und verkündet
zu guter Letzt, daß der Maler der Töne, Geräusche und Ge
rüche malen müsse wie die Betrunkenen, die singen und — sich
übergeben.
(Prähistorische Funde.) Aus S e r e t h in der
Bukowina wird uns geschrieben: Der Konservator Univ.-Prof.
Dr. R. E. K a i n d 1 hat in der letzten Zeit prähistorische
Grabungen in Seretli vorgenommen, ln der ehemals B e i 1-
schen Ziegelei, in der schon früher interessante Funde ge
macht worden sind, hat Kaindl eine neolithische Ansiedlung
entdeckt. Zahlreiche Reste von Tongefäßen, ferner Steinwerk
zeuge, Knochenüberreste, Kohlen- und Aschenlager beweisen,
daß in Sereth schon im zweiten Jahrtausend v. Chr. Menschen
gewohnt haben. Die gefundenen Tongefäße sind zum Teile
gemalt und gleichen den seit Jahren bekannten Funden von
Szipenitz.
Museen.
(W i e n e r s t ä d t. Sammlungen.) Die Stadt Wien
hat mehrere Aquarelle des Malers Alois Arthofer mit Dar
stellungen historisch interessanter, seither der Demolierung
verfallener Gebäude und Straßenzüge aus den alten Vorstädten
sowie aus den ehemaligen Vororten für die städtischen Samm
lungen angekauft.
(Das neue Museum in Oedenburg.) Am 5. d. M.
eiöffnete der archäologische Verein von Stadt und Komitat
Oedenburg das im klassischen Stil gehaltene Kulturpalais
am Deakplatz, in dessen vornehmen Räumen das vereinigte
und städtische Komitatsniuseum untergebracht ist. Das
Städtische Museum wurde 1867 von dem Oedenbuiger histori
schen und Kunstverein gegründet, das Komitatsniuseum aber
1885 von Ivan v. Paur. Und so bestanden in der Stadt eine
Zeitlang zwei Museen, bis sie 1896 vereinigt und im zweiten
Stock des neuen Rathauses untergebracht wurden. Den Be
mühungen des bedeutenden Archäologen Ludwig Bella ge
lang es, unter eifriger Mitwirkung der Oberkustoden K u g 1 c r
und B ü n k e r, das Museum so auszugestalten, daß die zur
Verfügung gestellten fünf Räume sich bald als zu eng erwiesen.