Seite 302
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 20
Die Sammlung Karl Frank.
Vom 21. bis 23. Oktober bringt das Kölner Kunstauktions
haus von Matth. Lempertz (P. Haustein & Söhne) die Samm
lung Karl F rank (Augsburg) zur Versteigerung.
Von einem kenntnisreichen, feinsinnigen Manne in langen
Jahren mit Fleiß und geschichtlichem Verständnis zusammen-
getragen. gibt diese Sammlung einen Ueberblick über weite Ge
biete künstlerischen und kunstgewerblichen Schaffens in der
deutschen Vergangenheit. Dabei scheint die Keramik und in
erster Linie die süddeutsche Fayencefabrikation des 17. und
18. Jahrhunderts der Lieblingsgegenstand des Sammlers gewesen
zu sein. Der Katalog verzeichnet unter dieser Abteilung zirka
150 Nummern, die uns eine große Anzahl süddeutscher Fayence
manufakturen, auch solche, die im Handel verhältnismäßig selten
Vorkommen, in trefflichen Beispielen vorführen. Wir finden
Stücke von Nürnberg, Ansbach, Bayreuth, Ludwigsburg, Straß-
burg, Hanau, Fulda. Durlach, Flörsheim, Mosbach, Friedberg,
Schreitzheim, Künersberg, Pforzheim etc.
Um einen gedrängten Ueberblick über die Bestände der
Sammlung zu geben, nennen wir nachstehend einige Abteilungs
überschriften: Kleine Kabinette und Schmuckkästchen, Tabaks
pfeifen und Pfeifenköpfe, alte Geräte, Bestecke, Instrumente,
Dosen, Necessaires, geschnittene und geschmiedete Eisenarbeiten,
alte Schmucksachen, Anhänger, Taschenuhren, getriebene Silber
arbeiten, Email- und Glasmalereien, Arbeiten in Solenhofener
Stein, Bergkristall (darunter ein gotisches Reliquiar mit ver
goldetem Kupfer (Fig. 9), das aus einem achteckigen Zylinder
aus Bergkristall in Gestalt eines Turmes besteht, der in einer
unteren Kupferhülse ruht und von einem runden Kugeldach aus
Kupfer bekrönt wird), Waffen, Miniaturen, Plastiken in Ton.
Die Abteilung »Porzellan« enthält Erzeugnisse von Ludwigs
burg, Höchst, Meißen, Wien, Chelsea, Frankenthal, Nymphen
burg u. a. Hervorzuheben sind die Stammbücher mit zum
Teil reizenden Buchmalereien. Ein Prachtstück ist das in
Stettens Kunstgeschichte erwähnte Kunst Schreibbuch des
Augsburger Schreibkünstlers H. Tochtermann. Es besteht
aus elf Pergamentblättern in Querfolio, j n Pappband gebunden.
Auf Blatt 3 finden wir die Datierung 1736. Das erste Blatt
(Fig. 10) enthält einen achtzeiligen Alexandriner, in welchem
Tochtermann sich dem Publikum empfiehlt und seine Adresse
im Karrengäßlein angibt. (Ein wohlbekanter Mann zu Augspurg
Fig. 9. Gotisches Reliquiar.
in der Stadt, Der jezo seine Schul irn Karren Gäßlen hat,
Schreibt dieses wenige, was ligt allhier für Augen, Wer nun
vermeint, ds ihm dergleichen könnte taugen; Der zeige solches
ihm nur nach Belieben an, Schreibt sich Hieronymus, und billich.
Tochtermann, Man kan versichert seyn, und läßt durch dieses
wissen: daß er nach Möglichkeit zu dienen sey beflissen.) In
der Mitte kalligraphisch gezeichneter Adler mit Augsburger
Wappen und Signum H. T. Unten in feiner Miniaturmalerei
Tochtermann an einem bücherbelegten Tische sitzend, nebst
Merkspruch. Auf den folgenden Blättern die deutschen und
lateinischen Buchstaben mit kunstvollen Initialen, die arabischen
und römischen Ziffern in allen möglichen Formen und Farben,
teils Federzeichnung, teils Blumen- und Ornamentschrift in
i it-uvhl ln’ laut crMcarm
pa; jöo faru 5cbttl im
frbrnbt iHefa treun\c- >;
Ttk r rum rcrninm ,v>h bnt
inac fafebes ihm
fiYb .KirrvT
m
?Uart fäit per fiebert
>.criia f b CHI 03 liebte it.nl
, Siin bcrpi
feT Karren ^u|>lcij bat;
tr ftijf altbic r ftr^tuten
£mtlafbot faitt c t a h ac11;
^uurmtcb^cfrcKn an. ; .
nmuü,\ ttrtt> fuUtcb,
t läßit i>ürc%) ftcfo nnltcn:
Diäten jen bcfblfcrt.
'W
a bcOrfffabt
nr^ift ftö
rrx n
5b
Q lernt Aiinll ihii? Fugati 1 ,
iartt ßfieltfrtS
{'kijluTmictt
UrRVtmfrt
Äfant>
rcrmtljrert
.Jrti r-f n 'rp.
Fig. 10. Kunst Schreibbuch von Tochtermann, 1736.