MAK
Nr. 20 
Internationale Sammier-Zeitung. 
Seite 303 
feinster Miniaturmalerei, ferner Sprüche und Sentenzen. Es finden 
sich weiter acht Miniaturmalereien, teils religiöser, teils profaner 
Natur: Hirschjagd in Friesform, Kreuzigung, Watteau-Darstellun 
gen, Allegoriefiguren. 
Bemerkenswert ist auch das Stammbuch des Johann Georg 
Friedrich Orieshanimer, der in Erlangen Theologie 
studierte. Es erstreckt Sich mit seinen 165 Einträgen über die 
Jahre 1776 bis 1784. Unter den Einträgen ist besonders die 
jenige des alemannischen Dichters Johann Peter Hebel her- 
vorzuhe&en, der bekanntlich zu Erlangen Theologie studierte: 
ein sechszeiliges hochdeutsches Gedicht mit der Unterschrift: 
Denkmal ungeheuchelter Freundschaft von Deinem Freund Dr. 
und Bruder J. P. Hebel i. d. Badisch DGC. Erlang im Feb. 1779. 
Außerdem enthält das Stammbuch 17 Silhouetten, eine Sepia 
zeichnung und drei Aquarelle (eines davon gibt Fig. 11 wieder). 
Beachtung verdienen auch die Gemälde, die den Schluß 
des Katalogs bilden. Es finden sich darunter Meisternamen, wie 
Pieter Breughel d. Aeltere, Adriaen Brouwer, von der Does, 
Frans Francken u. a. Unter den neueren Meistern hat Karl Frank 
seine Aufmerksamkeit hauptsächlich süddeutschen Malern des 
19. Jahrhunderts zugewendet. Man sieht da Landschaften von 
Hugo Bürgel, Fr. Diday, L. Faustner, Mich. Lueger, H. v. Mayr, 
L. Meixner, Wilhelm Melchior, J. C. Reichard, Ed. Schleich, Ed. 
Swoboda, Genrebilder von Ed. Schwoiser, Anton Seitz, J. F. 
Voltz etc. 
Fig. 11. Aus einem Erlanger Stammbuch. 
Der illustrierte Katalog ist durch die Firma Matth. L e m- 
p e r t z in Köln zu beziehen. 
Das Sammeln im 
Es ist bezeichnend für das stetig zunehmende Inter 
esse am Sammeln, daß auch der Kulturhistoriker daran 
nicht mehr achtlos vorübergehen kann; so hat denn Max 
v. Boehnin seinem neuesten, eben erschienenen Buche 
»Die Mode, Menschen und Moden im XVII. Jahrhundert« 
(Verlag von Fr; Bruckmann, A.-G.- München) mit 
dem Sammelwesen in dieser Zeit sich eingehend be 
schäftigt und mancherlei Interessantes darüber ver 
öffentlicht. 
In der Art, wie man die Kunst liebte und pflegte, 
schreibt Boehn, nahm das 17. Jahrhundert einen ganz 
anderen Standpunkt ein als die Vergangenheit. Wirk 
liche Kunstfreunde waren in der alten Zeit sehr selten 
gewesen, immer hatte auch bei den reichsten und ge 
bildetsten Leuten die Freude an der Kuriosität die Liebe 
zur Kunst doch weitaus überwogen. Die Kunst- und 
Wunderkamrnern fürstlicher und privater Liebhaber ent 
hielten das Mögliche und Unmögliche an Gegenständen 
der Natur und Kunst: ausgestopfte Tiere, Ver 
steinerungen, Spielereien, Dreharbeiten, fanden sich da 
zusammen mit Bildern hervorragender Meister, 
Antiken, Bronzen u. s. w.; dieser Art waren die Kunst- 
kammern in Berlin, Braunschweig, Dresden, Kassel, 
Gottorp und anderen Orten. Wenn man die Tagebücher 
und Reisebeschreibungen Philipp Hainhofers liest, 
in denen dieser Kunstfreund, Kunstsammler und Kunst 
händler seine Fahrten nach Dresden, Stettin, Heidelberg, 
Innsbruck so anschaulich beschrieben hat, wird man 
finden, was alles damals in den Bereich der Sammler 
fiel, und wie und was sie miteinander handelten und 
tauschten. Da stand das bloß Seltsame und Fremdartige 
ebenso hoch im Ansehen wie das Künstlerische. Ja, Hain 
hofer, der für eine Autorität in diesen Fragen und für 
einen großen Kunstkenner galt, gibt gelegentliche Urteile 
über Bilder ab, die seine Kennerschaft auf diesem Ge 
biete in ein sonderbares Licht stellen. 
Diese ganze Spezies der Sammler stirbt im 
17. Jahrhundert allmählich aus, der wirkliche Liebhaber 
XVII, Jahrhundert. 
der Kunst verdrängt ihn. Kaiser Rudolf II., der vor 
nehmste und dem Umfange seiner Sammlung nach zu 
gleich der größte Amateur, besaß in seiner etwa 
800 Gemälde enthaltenden Galerie Originale von Raffael, 
Tizian, Corregio, Dürer, Holbein und anderen Meistern 
ersten Ranges, aber sie waren lediglich magaziniert, eines 
über das andere gestellt, und wurden ebenso wie die 
Antiken nach seinem Tode in vernachlässigtem, seit 
Jahren unberührtem Zustande gefunden. Unter seinen 
gekrönten Zeitgenossen findet sich aber schon in 
P h i I i p p II. ein wirklicher Kenner, ein nach ästhetischen 
Punkten sammelnder Kunstfreund. Er vererbte diese 
Neigung auf seinen Enkel Philipp IV., der eine der be 
deutendsten Galerien seiner Zeit besaß, in Velasquez 
allerdings auch einen Berater und Bercicherer derselben 
zur Hand hatte, wie er niemals anderen Kronenträgern 
zur Seite stand. Mit ihm rivalisierte K a r 1 I. von Eng 
land, den van Dyk und Erzherzog Leopold 
Wilhelm den David Teniers der Jüngere 
unterstütztei. Ihre Bildersammlungen sind die ersten 
in modernem Sinne, die Galerien des Prado und der 
Wiener Hofmuseen, in die ihre Bestände übergegangen 
sind, verdanken ihre wertvollsten Stücke diesen durch- 
lauchten Herren. In Italien gehörte der Besitz einer 
Kunstsammlung schon lange zum guten Ton, die 
päpstlichen Nepotenfamilien der Borghese, Bar 
be r i n i, Aldobrandini und andere lassen die An 
schaffung einer solchen ihre erste Sorge sein; jetzt be 
ginnen auch die Grandseigneurs Jenseits der Alpen und 
Meere ihnen nachzueifern. Spanische, französische, eng 
lische Aristokraten vereinen hervorragende Kunst 
schätze in ihrem Besitz; der Earl of Arundel ist der 
erste, der Expeditionen nach Griechenland sendet, um 
Ausgrabungen für sich zu veranstalten. Das Entstehen 
der großen Galerien, die als Quelle immer auf Italien an 
gewiesen waren, hat allerdings auch die Fälschung in 
unerhörter Weise begünstigt. Da jeder Sammler Bilder 
der großen Meister sein Eigen nennen wollte, so war die
	        
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