Internationale
gammler^eifung
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
5. Jahrgang. Wien, 1. Dezember 1913. Nr. 23.
Der japanische Farbenholzschnitt.
IV.*.
Eigenschaften des alten Holzschnittes und seine Fälschungen, Kopien, Nach- und Neudrucke.
Von Karl Mienzil, k. u. k. Oberst d. R. (Wien).
Diese Abhandlung gehört zum größten Teile zu dem
Kapitel der Fälscherkünste.
lieber Fälscherkünste wurde im allgemeinen schon
viel geschrieben, über Fälschungen des japanischen
Farbenholzschnittes jedoch verhältnismäßig noch wenig.
Die Ursache liegt wohl darin, daß diese Fälscherkunst
in Japan sowie bei uns erst in neuerer Zeit betrieben
wird, ist ja das Sammeln dieser Kunstblätter auch nicht
alt. Es begann erst in den Sechzigerjahren des vorigen
Jahrhunderts und zu dieser Zeit konnte man auch noch
diese, jetzt hoch gezahlten Blätter um eine Bagatelle
haben. So lohnte es siöh wohl nicht, Japandrucke zu
fälschen. Als aber das Sammeln des japanischen Farbcn-
holzschnittes sich immer mehr und mehr ausbreitete und
auf dem Kunstmarkte Europas und hauptsächlich Ame
rikas die denkbar höchsten Preise für gute, alte Blätter
erzielt wurden, da entwickelte sich naturgemäß dem
entsprechend die neue Industrie der Fälschung des japa
nischen Farbenholzschnittes.
Ich will nun hier die Erfahrungen über Fälschungen
des Japandruckes, die ich mir während meiner Sammel
tätigkeit erworben habe, mittcilen, ohne jedoch damit ein
unfehlbares Vademekum liefern zu wollen.
Bei den Japandrucken ist immer darauf zu sehen:
1. Ob man es mit einem alten, echten Drucke zu
tun hat.
2. Ob mit einem späteren Drucke von den Original
platten (Zustand, etat).
3. Ob mit einem Nach- oder Neudrucke, das ist mit
einer Kopie.
4. Ob es eine Fälschung ist.
Zum letzten Punkte sei gleich bemerkt: Die Fäl
schung kann entweder direkt zu diesem Zwecke herge-
stcllt worden sein oder ein Neudruck hat hiezu die Grund
lage gebildet. Um diese Unterscheidungen herauszufin
den, muß man Kenner sein, und um Kenner zu werden,
dazu gehört eine jahrelange Uebung des Auges und die
praktische Erfahrung eines eifrigen Sammlers, unter-
* Siehe die Aufsätze in Nr. 15 und 16 des vorigen und
Nr. 1 und 8 des lautenden Jahrganges.
stützt durch ein angeborenes Kunstgefühl und die Mög
lichkeit, viel in dieser Hinsicht zu sehen, also eine prak
tische Tätigkeit, die durch das eigene Sammeln die
größte Förderung erhält. Zu dieser Tätigkeit gehört noch
das Studium womöglich aller Abhandlungen und Werke,
die die Kunstliteratur uns über den Japandruck bringt;
leider ist dies bis jetzt noch wenig, und das, was ge
bracht wurde, oft lückenhaft. Daß dem so ist, kann nicht
wundernehmen, da das Erlernen der japanischen Sprache
mit ihren Schriftarten, die oft vielfache Deutungen zu
lassen, mit den größten Schwierigkeiten verbunden ist
und japanische Kunstlitcraturwcrke älteren Datums über
den Holzschnitt, in andere Sprachen übersetzt, so weit
es mir bekannt ist, nicht erschienen sind, und es auch
solche wenig geben mag.
Dr. J. Kurth in seiner Monographie Utamaros und
F. S u c c o in der des Toyokuni führen einige japa
nische Quellen an, die ihnen zu Gebote standen. Beson
ders reich scheinen sie nicht gewesen zu sein. FSucco
sagt auch, dieselben beschreiben zum Teile das Leben
der Hoizschnittmeister selbst, zählen zum Teile ihre
Werke auf und geben zum Teile auch Anekdotenhaftes
aus ihrem Leben, also keine vollständigen Biographien
oder Kunstgeschichten, sondern nur teilweise Daten. Man
sieht daraus, mit welchen Schwierigkeiten es der euro
päische Kunstschriftstcllcr da zu tun hat.
Den alten, echten Japandruck hier jetzt zu be
sprechen, würde zu weit führen und fällt auch außer den
Rahmen dieser Abhandlung. Ich setze daher bei den
Lesern eine wenigstens geringe Kenntnis des Japan
druckes voraus. Dem Sammler des japanischen Farben-
holzschnittes ist er ja bekannt und die sonstigen Kunst
freunde weise ich diesbezüglich auf die Werke von W.
von S e i d 1 i t z, »Geschichte des japanischen Farben
holzschnittes«, ferner auf Dr. Kurths »Japanischen
Holzschnitt« und auf meine Studie im ersten Hefte der
»Internationalen Sammler-Zeitung« vom Jahre 1913, iti
welcher ich die Technik des japanischen Farbenholz
schnittes schilderte.
Bei der Beurteilung eines japanischen Farbenholz
schnittes ist betreffs seiner Echtheit zu berücksichtigen: