Nr. 23
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 347
Färbung der Japandrucke auch davon her, daß sie in ge
schlossenen Räumen dem Kohlen- und Tabakrauche zu
viel und durch lange Zeit ausgesetzt waren. Ein Sammler,
der die Echtheit der Färbung auch nach dem Gerüche
und Geschmacke beurteilt, was ganz richtig ist, muß
diesen Umstand berücksichtigen. Auch können mit der
Zeit Veränderungen in den Bindemitteln, den Pflanzen
schleimen, eintreten, die ein Nachdunkeln hervorrufen.
Eine Eigentümlichkeit, die ich noch nirgends erwähnt
fand, zeigen manche Japanpapiere; sie lassen sich
schälen, das heißt, schichtenweise abheben, als ob sie,
gleich dem Pappendeckel, aus mehreren zusammen
gelegten Blättern bestehen würden. Dies beobachtete ich
nicht nur bei stärkeren, sondern auch bei ganz schwachen
Papieren. Ein Kenner fühlt es auch sozusagen in den
Fingerspitzen, wenn er das Papier angreift, ob er es mit
einem alten oder neuen Papier zu tun hat. Bei den neuen
Papieren verspürt man meist ein Knistern, das man mehr
in den Fingerspitzen fühlt als hört. Nicht jeder besitzt je
doch solche feine Nerven in seinen Fingerspitzen, um
diese Wahrnehmung zu machen. Das Papier der neuen
Drucke ist meist härter und nicht so weich und ge
schmeidig; dies verursacht das eigentliche Gefühl des
Knisterns und Knitterns beim Angreifen.
H. S m i d t führt in seiner Studie über Harunobu,
die im 3. Heft der »Graphischen Künste«, Jahrg. XXXIV,
Wien’, 1911, erschienen ist, an, daß noch gute Drucke
(hier sind wohl spätere Nachdrucke gemeint) dieses
Künstlers auf etwas dünnerem, knitterndem und festem
Papier Vorkommen.
Bei dieser Gelegenheit will ich jedoch den Sammler
warnen, ein allzu großes Gewicht auf diesen Umstand
zu legen. Es gibt auch alte gute Papiere, die diese
knittrigen Eigenschaften besitzen. Woher kommt dieses
Knistern? Jedenfalls von der Verhärtung des Pflanzen
schleimes, der als Bindemittel verwendet wurde. Werden
diese Papiere nicht in Benützung genommen, liegen sie
ruhig, so knittern sie auch in späteren Zeiten, wenn sie
hervorgeholt werden, besonders aber dann, wenn sie
stark sind und ihnen reichlich das Bindemittel, Pflanzen
schleim, beigegeben wurde. Werden diese Papiere jedoch
durch längere Zeit in Gebrauch genommen, dabei gerollt,
gebogen, angegriffen und dergleichen mehr, wie es die
Benützung mit sich bringt, so werden sie entsprechend
der Zeit und Benützung immer geschmeidiger und das
Knittern verliert sich. Trotzdem ist das Befühlen des
Papieres für den Kenner ein bedeutendes Hilfsmittel zur
Ermittlung, ob er es mit einem alten oder neuen Papier
zu tun hat.
Ich habe die Beobachtung gemacht, die wenigen
Sammlern bekannt sein dürfte, daß die Papiere der Neu
drucke häufig in ihrer Struktur nicht gleichmäßig sind;
es befinden sich in denselben hie und da Streifen, was
wohl daher kommen mag, daß das Rohmaterial nicht
sorgfältig genug vermengt wurde, so daß die Faserung
keine vollkommen gleichmäßige ist, und daß sich Streifen
bilden, die nicht von der gleichen Dichte sind wie das
übrige des Papierbogens. Es gehört schon ein geübtes
Auge dazu, um dies zu erkennen. Diese Streifen treten
jedoch leicht zutage, wenn man das Papier mit einer ge
färbten Flüssigkeit, am besten Wasser, tränkt; in diesem
F'alle entstehen daselbst dunklere Streifen. Saugt man
mittelst Löschpapier, solange das Papier noch feucht ist,
diese Flüssigkeit wieder auf, so treten diese Streifen da
gegen aus der Umgebung wieder heller hervor. Diese
Beobachtung und die Beachtung derselben bewahrte mich
vor dem Ankäufe eines unechten Sharakus, der mir in
gutem Glauben als echt angeboten wurde.
Doch das bloße Wort genügt nicht, um Kenner eines
alten Papieres zu werden, es müssen hier das Auge, das
Gefühl, der Geschmack und auch der Geruch geschult
werden, um auf eine Fälschung zu kommen. Eine gute
Kenntnis der alten japanischen Papiere ist, wie gesagt,
von großem Nutzen und erleichtert ungemein die Unter
scheidung eines alten Druckes von einem Neudrucke.
Der geschickte Fälscher wird aber bei Fälschung kost
barer Blätter keine Neudrucke benützen, sondern er
wird direkt fälschen; hiezu wird er sich auch keines neuen
Papieres bedienen, sondern er wird alte Papiere ge
brauchen. Es ist auch ganz verblüffend gewesen, wie
plötzlich die alten Papiere, die man leicht bekommen
konnte, in Japan aus dem Handel verschwanden, als die
Preise der Farbendrucke in die Höhe gingen. Jetzt sind
reine alte Papiere schon sehr schwer zu bekommen und
kosten auch im Verhältnisse schweres Geld.
Zur Konstatierung einer Fälschung genügt es also
nicht, wenn man allein das Papier beurteilt; es müssen
der Umriß, die Technik des Holzschnittes, die Farben
und die etwa vorhandenen Verleger- und Druckerzeichen
sowie die Künstlersignaturen berücksichtigt werden, das
ist der Künstler, der Holzschneider, der Drucker und die
Zeit der Herausgabe des Blattes sind in Betracht zu
ziehen. Wenn die Blätter nicht datiert sind, was meistens
der Fall ist, so geben die Drucker- und Verlegerzeichen
uns Anhaltspunkte über die Zeitbestimmung eines Blattes.
Aber alles dies kann auch gefälscht werden, doch das
Fälschen von Drucker- und Verlegerzeichen bringt den
Fälscher am ehesten mit dem Gerichte in Konflikt, daher
kommen solche Fälschungen seltener vor.
Was die Darstellung, das ist das Werk des Künstlers
anbelangt, so gehört zu dessen Beurteilung eine große
Kenntnis seiner Schöpfungen; man muß die Eigenart
seiner Werke kennen lernen. Gibt doch das Genie des
Künstlers jedem seiner Werke das bestimmte eigene Ge
präge, das dem Kopisten nur zum Teile nachzuahmen
möglich ist. Hier diesbezüglich eine Anleitung zu geben,
geht wohl nicht, hiezu gehört das Studium eines jeden
einzelnen Künstlers, was bei den japanischen Künstlern
um so schwieriger wird, da viele von ihnen im Laufe
ihrer Tätigkeit ihre Darstellungsweise derart änderten,
daß man bei Betrachtung der Werke eines solchen nicht
vermeinen würde, daß sie von einer Hand stammen; so
zum Beispiel von Toyokunil. und H o k u s a i.
In den wenigen bis jetzt erschienenen Monographien
in deutscher Sprache über japanische Holzschnittmeister,
so in Dr. Kurths »Utamaro« und »Harunobu«, dann F.
Succos’ »Toyokuni« und in H. Smidts Studie über
Harunobu, finden wir einiges über Fälschungen dieser
Meister angeführt. So wird in diesen Werken auch auf
die Fälschungen ihrer Signaturen hingewiesen.
(Schluß in der nächsten Nummer.)