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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 24
Und nun will ich einiges über Nachdrucke, das
sind Neudrucke oder Kopien, sagen. Neudrucke sollen
gesetzlich das Verlegerzeichen tragen, fehlt es oder ist
nur das Verlegerzeichen des Originals vorhanden, so lag
die Absicht einer Täuschung vor, und ein solches Blatt
kann als Fälschung bezeichnet werden. Neudrucke sind
in den Umrissen nicht schwer herzustellen, da sic leicht
zu kopieren sind und der Schnitt nach der auf dem Holz-
blocke geklebten Kopie erfolgt. Die Schwierigkeit liegt
erst in der Farbengebung. Wir finden auch zumeist ganz
vorzügliche Kopien, soweit es die Konturen anbelangt,
und wenn diese dennoch dem Original nachstehen, so liegt
dies zumeist in der Farbengebung. Die Farbengebung
gibt uns auch die beste Handhabe, um einen Neudruck
oder eine Fälschung zu erkennen. Es gibt aber natürlich
auch mindere Neudrucke, die selbst den Anforderungen
in der treuen Wiedergabe der Konturen nicht entsprechen.
Neudrucke zeigen auch oft auf der Rückseite eine
gewisse strichweise Glätte; cs sind dies die Spuren des.
Reibens, das beim Drucke in Anwendung kam.
Was die Farben der Neudrucke anbelangt, so ist
dies wie bei den Fälschungen und späteren Drucken, sie
wirken auf den Beschauer aufdringlich, dabei sind sie
mehr oder weniger stumpf und zeigen nicht den trans
parenten Glanz der alten Farben, der selbst noch bei
schlechter Erhaltung den alten guten Blättern einen eigen
artigen Reiz verleiht. Die Farben der Neudrucke zeigen
meist auch nicht die übereinstimmende Harmonie, wie
sie den alten Blättern eigen ist, sie springen sozusagen,
einem einzeln in die Augen, wie die Töne eines schlecht
harmonierenden Orchesters in die 'Ohren. Wenn es auch
vorzügliche Neudrucke gibt, denen nicht alle diese Fehler
anhaften, ein oder der andere Fehler tritt doch hervor.
Je weniger diese Eigenschaften bei dem modernen Drucke
bemerkbar sind, desto besser ist natürlich die Kopie.
Sehr gute Neudrucke sind übrigens nicht so häufig zu
finden, und man verlangt jetzt auch schon in Europa für
solche ganz entsprechend hohe Preise.
Man würde aber den Verlegern und Kunsthändlern in
Japan unrecht tun, wenn man sic wegen der Herausgabe
der Neudrucke als Fälscher bezeichnen würde. Die
Täuschung des Käufers liegt ihnen sicher ferne, das be
weisen schon die niedrigen Preise, die in Japan für solche
Blätter verlangt werden. Dasselbe ist ja auch bei uns
der Fall, wo die graphischen Reproduktionen im Kunst
handel eine hervorragende Stelle entnehmen, nur mit dem
Unterschiede, daß bei uns im Verhältnisse bedeutend
höhere Preise verlangt werden. Ebensowenig kann man
das Werk eines Künstlers, das eine starke Anlehnung
an die Arbeit eines größeren Meisters zeigt, gleich als
Fälschung bezeichnen; oft sind solche Schöpfungen
streng oder frei bearbeitete Kopien, wie wir solche auch
bei unseren Kupferstich-Kleinmeistern im 16. Jahrhundert
vorfinden. Kopien sind nicht immer Fälschungen, erst
durch eine falsche Signierung, bei der es auf Täuschung
abgesehen ist, wird sie zur Fälschung.
Da es Sammler gibt, die mit einer gewissen Ge
ringschätzung auf diejenigen herabsehen, die auch
Neudrucke in ihre Sammlung aufnehmen, so will ich
hier an die Frage herantreten, ob man Neudrucke nach
alten Meistern sammeln soll oder nicht. Ich sage unbe
dingt ja, und zw 7 ar aus folgenden Gründen: Es ist ganz
unmöglich, sämtliche Werke eines Künstlers im Originale
zu erhalten, und so sind gute Neudrucke nur eine not
wendige Ergänzung; wir füllen damit nicht nur die
Lücken in unseren Mappen, sondern auch in unserem
Wissen aus. Es schenken selbstverständlich auch die be
deutendsten Sammler den Neudrucken ihre Aufmerksam
keit, wie dies zum Beispiel aus der Monographie Uta-
maros von Dr, K u r t h zu ersehen ist. Ferner bieten uns
die Neudrucke das beste Material, um Fälschungen zu er
kennen und sie nachzuweisen. Ich spreche hier aus prak
tischer Erfahrung und will zur Begründung meiner An
schauung in dieser Hinsicht folgendes anführen:
H. Shmidt gibt uns in seiner bereits erwähnten inter
essanten Studie »Harunobu, Technik und Fälschungen
seiner Holzschnitte« wertvolle Fingerzeige, um einen
echten Harunobu von einem falschen zu unterscheiden.
Als Kennzeichen der Echtheit führt er auch die Eigen
schaften der Papiere an, die Harunobu zu seinen Drucken
verwendete. Er sagt unter anderem daselbst: »Harunobu
verwendete dickes Material (bis 0‘2 Millimeter Dicke).
Das Papier seiner besten Drucke ist gleichmäßig fein
faserig, hat auf farbfreien Stellen Seidenglanz und fühlt
sich weich an. Es ist sehr widerstandsfähig und schwer
einzureißen. Abgegriffene Ecken sind stumpf, aber nicht
zerfasert.«
Diese Beschreibung paßt nun Wort für Wort auch
auf das Papier von Neudrucken Harunobus, die im Ver
lage von Kokodo Sakai in Tokio zu haben waren. Bei
Unkenntnis dieser Neudrucke könnte ein Sammler leicht
nach dem Wortlaute der Beschreibung des Papieres, wie
sie uns H. Shmidt ganz richtig gegeben hat, solche als
echte Blätter von Harunobu halten. Ich fand auch solche
Blätter in öffentlichen Auktionen als echt ausgeboten, in
Auktionen, wo es sicher auf eine Täuschung nicht abge
sehen war und zu denen der Auktionskatalog angeblich
von einem bekannten Eachmanne verfaßt wurde. Viel
leicht hätte auch ich nicht diese Blätter als Neudrucke
erkannt, wenn nicht eben dieselben Blätter als Neu
drucke in meinem Besitze gewesen wären. Man sieht
aber auch, wie schwer cs ist, bestimmte Anleitungen in
dieser Hinsicht zu geben, cs bewahrheitet sich eben
auch hier das Wort: »Grau ist jede Theorie.«
Die starken, seidenartigen J J apiere, die zu den Neu
drucken Harunobus benützt werden, haben Eigenschaften,
die ich bei den alten, starken, seidenartigen Papieren
nicht beobachtet habe. Diese neuen Papiere sind so stark
mit Pflanzenschleim versetzt, daß ein Durchfärben des
Papieres fast unmöglich ist; die Farbe haftet nur auf den
obersten Schichten des T 5 apicrcs. Ferner besitzen diese
Papiere zuweilen dunkle Flecke, die innerhalb des
Papieres sicli befinden; hält man das Papier gegen das
Licht, so kann man diese bräunlichen Flecke bemerken.
Befeuchtet man das Papier, dann treten sie auf die Ober
fläche, um beim Trocknen wieder zu verschwinden. Ge
schieht die Befeuchtung mit einem gefärbten Wasser,
dann verschwinden die Flecke nicht mehr, sie treten
stärker in Farbe auf und sind nicht mehr zu entfernen.
Fig. 2 zeigt so ein Blatt von Harunobu, wo die
Flecke in den Wolken bemerkbar sind.
Fälscher finden wir zu allen Zeiten und in allen
Orten, daher auch in Japan; es wäre aber ein Irrtum, zu
glauben, daß der Japandruck nur in Japan gefälscht
würde. Auch bei uns versteht man diese Kunst ganz
gut, denn die Fälscher haben cs hiebei, im Gegensätze
zur Fälschung anderer Kunstgegenstände, sehr leicht.
Als Grundlage zu ihren Fälschungen benützen sie ein
fach den billigen Nachdruck. Der Japaner benützt auch
alte Originalplatten, deren es noch in der jüngsten Zeit
viele gegeben hat, oder er fälscht die Blätter direkt
mit Hilfe der billigen und geschickten Holzschneider.
Diese direkte Fälschung ist schon schwieriger, denn
hiezu gehört außer der Kunstfertigkeit auch das
volle Eingehen in den Geist und die Eigenart des
Künstlers, sowie die genaue Kenntnis des Materials,
das ist die des Papiers und der Farben und dazu ist nur
der Japaner befähigt. Solche Fälschungen sind auch am
schwersten zu erkennen. Bei der Schwierigkeit der
direkten Fälschung ist es begreiflich, daß in erster Linie