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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 3
Chronik.
Autographen.
(Die Autographenauktion bei H e n r i c i.) Aus
Berlin wird uns geschrieben: Die am 25. v. M. bei H e n r i c i
durehgefiihrte Autographenauktion war von außerordentlichem Er
folge begleitet. Eine Art »Sensation« war der Preis von 28.500
Mark, der für ein Musikmanuskript von Händel gezahlt wurde.
Es handelt sich um das »Terzett»« (für 3 Singstimmen mit Be
gleitung des Generalbasses) »Se tu non lasci arnore«, das Händel
am 12. Juli 1708 in Neapel vollendete. Es ist mit »Hendel« signiert,
wie sich der Maestro während seines italienischen Aufenthaltes
stets schrieb. Die Partitur, die 29 Seiten in Querfolio umfaßt,
dürfte das einzige im Handel befindliche Händelmanuskript sein.
~ Für den dritten Satz des berühmten F-dur-Quartettes (op. 135)
von Beethoven, das von Nohl ausdrücklich als die letzte
vollständige Arbeit Beethovens bezeichnet wird, zahlte man 5000
Mark, für ein Manuskript von Haydn, den Skizzen zu seiner
Symphonie D-dur, und zwar für das einleitende Adagio und den
ersten Satz, 500 Mk„ für die Transskription aus »Rigoletto« von
Franz Liszt 420 Mk.. für eine Mazurka von Chopin 630 Mk.
Hohe Preise brachten sodann zwei Briefe von Mozart, die
beide an die Adresse seines Vaters Leopold gerichtet sind. Der
eine Brief wurde vom Musikhistorischen Museum in Köln für
1700 Mk., der zweite von einem Berliner Händler für 2450 Mk.
erworben. Vierzehn Briefe von Hans von B ti 1 o w aus den Jahren
1863 bis 1869, zumeist aus München au Dr. Karl G i 11 e gerichtet,
wurden für 250 Mk. nach Köln verkauft, und ein Brief von Liszt
an Richard Pohl in Weimar ging zusammen mit zwei Manu
skripten des Meisters, »Und wir dachten der Toten« und »Ueber
allen Gipfeln ist Ruh’«, für 700 Mk. aus Museum in Weimar. An
diese Versteigerung der Musikautographen schloß sich die Auk
tion von Goethe-Autographen und Handschriften aus dem Goethe-
Kreise. Das Manuskript des Goetheschen Gedichtes »Vorschlag
zur Güte« brachte 570 Mk., das Manuskript von »Buchstabe Sin
Gesell XIII« 800 Mk. — diese Rarität wanderte nach Weimar •—
und für eine eigenhändig geschriebene Visitenkarte »Geheimrat
von Goethe« zahlte man 200 Mk. Ein Schreiben Goethes aus
Karlsbad, 13. August 1786, wo dem Dichter die Kur »wohl an
schlägt«, erreichte 620 Mk., ein Brief von Frau Rath 400 Mk.
Eine braun lavierte Original-Federzeichnung des Dichters, die
einst im Besitze von Goethes Privatsekretär Fr. Theodor
Kräuter war und zuletzt Krauters Sohn gehörte, wurde von
Ziegert in Frankfurt a. M. um 1030 Mk. erstanden. »Eine Tiefurter
Matinee vom Hofe der Herzogin Anna Amalia aus dem Jahre
1776«, eine Scherzschrift an Karl August und seine Begleiter (dar
unter Goethe) in Ilmenau, teils in Prosa, teils in Versen verfaßt
und eigenhändig niedergeschrieben von der Herzogin Amalia
Luise von Oöchhausen, Prinz Konstantin, Moritz Ul
rich Graf Putbus und Knebel, ist von Dr. Kippenberg in
Leipzig (Insel-Verlag) für 905 Mk. angekauft worden. Allerdings
ziert diese Schrift ein Autograph Goethes. Zahlreiche Briefe aus
uem Goethe-Kreise an Merck kaufte Dr. Merck in Darmstadt,
ein Nachkomme von Goethes Freund. Die Kollektion enthielt
schließlich auch einige Briefe von Schiller. Ein Brief Schillers
an Zelter vom 4. September 1796 brachte 600 Mk., ein Brief an
B o i e 605 Mk. und einer von den letzten Briefen des Dichters,
an »meine theure Freundin« gerichtet (24. April 1805), 900 Mk.
(Interessante Autographe n.) Bei S o t h e b y in
London gelaugt am 19. d. M. eine Sammlung interessanter
Autographen zur Versteigerung. Wir finden da Autographen von
Louis XL, Louis XV. und Louis XVI., den beiden Napoleons, I
Karl VII. von Frankreich, Heinrich III. und Heinrich IV. von Eng- I
land, Katharina von Medici, Cromwell, Graf Essex, Admiral
Nelson, dem Philosophen Locke, Warwick u. a. Rubens, dem
man nicht oft auf Autographenauktionen begegnet, ist mit einem
langen interessanten Brief an Pierre Dupuy vertreten. Von
Walter Scott ist außer einem Brief vom 17. Jänner 1828, der
sich aut Charlotte Chat p c n t i e r bezieht, ein Scherzvers
vorhanden, der J. Ballantyne gewidmet ist. Richard
Wagner, für dessen Autographen sich von jeher in England
großes Interesse kundgab, ist in der Sammlung durch mehrere
Briefe repräsentiert, von denen insbesondere ein unveröffent
lichter an Ziegesar, den Intendanten des Weimarer Hof
theaters (vom 21. November 1851), und einer an Voltz und
Batz (vom 27. November 1882) Beachtung verdienen. Der erste
Brief setzt des längeren auseinander, daß Wagner die ihm vorn
Intendanten Ziegesar übertragene Komposition einer Oper für
das Hoftheater zurückweisen und die hierauf erhaltenen Vor
schüsse von 200 Talern retournieren müsse, da er die Kompo
sition einer Trilogie begonnen habe, die ihn drei Jahre in
Anspruc h n e h m e n w erde. Der Brief an Voltz und Batz
betrifft den Vertragsentwurf, den Wagner mit Angel» N e u-
m a n n bezüglich »Tristan und Isolde« abgeschlossen hatte und
der zu einem Prozeß der Verleger gegen Neumann führte.
Wagner schreibt da: »Diese Angelegenheit steht so skandalös,
daß ich mich entschlossen habe, bloß um nicht als Dummkopf
behandelt zu werden, sie auf das energischste in Ordnung brin
gen zu lassen. Alles, was zwischen mir und Voltz und Batz als
wirklicher Vertrag aussieht, ist so wurmstichig, daß es vor
keinem ernsten Richterspruch bestehen kann.« Der Brief schließt
mit den Worten: »Ich trotze jedem Prozeßverfahren, und selbst
auf die Gefahr hin, nie mehr eine Note von diesem Werke in
den Theatern spielen zu lassen. Mein Ehrgefühl leidet dies nicht
anders. Mit diesem Gesindel habe ich Lust, meine Zähne zu
wetzen.« Beethoven ist mit einem Brief de dato Wien,
23. September 1810, Weber mit Briefen an Rochlitz und
Georg Friedrich Brandt vertreten. Schubert findet sieh
in dieser Sammlung mit einem Brief an seinen Bruder, worin er
ihm die Vollendung einer großen Sonate, genannt Großes Duo,
und von Variationen über ein Originalthema, beide für vier
Hände geschrieben, anzeigt.
Bilder.
(Bilder aus dem Kreise l?embrandts.) Ueber
eine zur Zeit in der Galerie A r n o t in W i e n ausgestellte
Sammlung von Bildern »aus dem Kreise Rembrandts« äußert
sich der Kunstreferent der »Neuen Freien Presse«, Prof. A.
F. Seligmann in dem genannten Blatte (Nr. 17.392 vom
23. Jänner d. J.) wie folgt: Bei Ar not eine Kollektion von
Bildern des in Paris lebenden Landschafters Radimsky,
der schon vor längerer Zeit einmal im Künstlerhause mit einer
größeren Anzahl von Arbeiten vertreten war: gut gemachte
Arbeiten, in denen die Art von Monet und Pissarro mit viel
Routine und Geschicklichkeit angewendet erscheint. Außer
dem sind einige Bilder »aus dem Kreise Rembrandts«
zu sehen, zum Teil sehr interessante Stücke, über deren Zu
weisung sich unter den zünftigen Kennern mancherlei Kontro
versen entwickeln dürften. Wer sich für die Art interessiert,
mit der solche Fragen behandelt und — nicht gelöst werden,
dem sei eine eben erschienene, reich illustrierte und sehr schön
ausgestattete Streitschrift des Pariser Kunsthändlers Sedel-
m ayer empfohlen, in welcher die Echtheit der sogenannten
»großen Ehebrecherin« Rembrandts aus der unlängst ver
steigerten Sammlung Weber gegen A. B r e d i u s verteidigt
wird, der sie für zweifelhaft erklärt; man bekommt da einen
kleinen Einblick it. die Art, wie solche Dinge »gemacht« wer
den; keinen sehr erquicklichen, aber einen um so instruk
tiveren. Und man kann dabei nur denken: Wenn das am
grünen Holze geschieht, was wird erst am dürren geschehen?.«
(Ein verschollenes Bild von Quere in o.) Die
Kunde, daß ein verschollenes Kunstwerk des alten Meisters
C. uercin o (Giovanni Francesco Barbieri) ■— Schule von Bo
logna 1591 bis 1666 — die »Heilige Familie« darstellend, ent
deckt worden ist, erregt lebhaftes Interesse in Kunst- und Fach
kreisen. Das Gemälde ist Eigentum eines in Ne w y o r k'leben-