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Internationale S a m m 1 e r - Z e i t u n g.
Nr. 4
wort »Kostümporträts« figurieren die malerischen Porträts
ungarischer Aristokraten als Teilnehmer an dem Krönungs
zuge in Preßburg 1830 und eine Serie von Porträts von Mit
gliedern des österreichischen und ungarischen Adels in histori
schen Trachten als Teilnehmer der im März 1852 am Wiener
Hofe veranstalteten lebenden Bilder. Von ganz besonderem
Interesse dürften in dieser Abteilung zwei Aquarelle sein; das
eine, von Zampis 1863 gemalt, stellt eine atn Waldesrande
bei Liesing ruhende Gesellschaft dar, bestehend aus dem
Herzog Alexander von W ü r 11 e m b e r g, dem Groß
vater der jetzigen Königin von England, seinen I öch-
tern und seinem Schwiegersohn, Baron Hiigei; das zweite,
um dieselbe Zeit von Josef H e i c k e gemalt, stellt dieselben
Damen, Baron Hügel und den Herzog F r a tt z von 1 e c k,
den Vater der Königin von England, dar.
Der Katalog, der 831 Nummern umfaßt, ist mit dem bei
der Firma üilhofer & Ranschburg traditionellen Luxus mit
71 Abbildungen auf 32 Tafeln und 8 Textillustrationen ausge
stattet.
Aus dem reichen Illustrationsmaterial des Katalogs
bringen wir vier uns zur Verfügung gestellte Abbildungen.
Fig. 9 zeigt die von Georg Houfnagel, dem bekannten
niederländisch-kölnischen Künstler im Jahre 1594 an Ort und
Stelle gezeichnete Ansicht von Gmunden und Schloß Orth.
Zeichnungen Houfnagels, hauptsächlich solche topographischer
Darstellungen, gehören zu den größten Seltenheiten. Es wäre
sehr zu wünschen, daß dieses hervorragende Stück dorthin
käme, wohin es eigentlich gehört, in das Gmundener Stadt
museum. Fig. 10 stellt eine sehr seltene Ansicht von Prag,
radiert vom Grafen Ludwig Buquoy, dar. Ein schönes, reich
staffiertes Blatt, Blanchards Luftschirfahrt in Nürnberg am
12. November 1787, geben wir in Fig. 11 wieder.
Fig. 12. Die kleine Post.
Von den Wiener Szenen ist »Die kleine Post« mit dem
Donner-Brunnen am Neuen Markt im Hintergrund (Fig. 12)
bemerkenswert.
Chronik.
Bibliophilie.
(Die Berliner Universitätsbibliothek
und der Tunnel über der Spree.) Einen glücklichen
Gedanken hat die Berliner Universitätsbibliothek aufgegriffcn,
für dessen Verwirklichung künftige Forscher in der Literatur
des 19. Jahrhunderts dankbar sein werden. Alles Material, das
sieh auf die berühmte Künstlervereinigung, den »T u n n e 1
über der Spre e«, bezieht, von dem Fontane und Heyse
lebendige Schilderungen gegeben, soll in der Universitäts
bibliothek nach Möglichkeit vereinigt werden. Von den vielen,
die dem »Tunnel« angehört haben, darunter Adolf Menzel,
Theodor Hosemann, Geibel, Schcrenberg, die Poeten des
»Kladderadatsch«, dürfte noch manches Unbekannte wohlbe
hütet in Privatbesitz liegen. Die Bibliothek wünscht daher mit
allen, die handschriftliche Beiträge, Späne oder andere Schrif
ten zur Vereinsgeschichte besitzen, zu dauernder oder zeit
weiser Ueberlassung in Verbindung zu treten.
(Bücherversteigerungen in München.) Man
schreibt uns aus München: Am 26. d. M. kommen in der
Galerie Helbing verschiedene Büchernachlässe zur Ver
steigerung, darunter die Bibliotheken der verstorbenen Pro
fessoren Otto Seitz, August Holmberg (München), Kom
merzienrat Otto B a 11 y (Säckingen), sowie Bücher aus dem
Besitz des Herrn v. Zoller (Memmingen) und anderer Pro
venienz. Es sind zunächst interessante Bestände an I n-
knnabeln und anderen alten Büchern zu erwähnen. Die
meisten der Wiegendrucke, sowie die vorhandene alte Theo
logie stammen aus dem Besitz des als eifrigen Sammler der
deutschen Gotik bekannten Professors Otto Seitz und sind
von ihm meist auf Versteigerungen ehemaliger Klosterbiblio
theken erworben worden. Viele dieser alten Bücher haben
interessante Besitzeinträge. Mehrere gehörten einst der be
rühmten Karthause Buxheim an. Das wertvollste Buch dieser
Provenienz ist P arat u s, Sermones de tempore et de sanctis
(Hain 12398). Dieser Band trägt noch an ursprünglicher Stelle
das älteste deutsche Exlibris: kolorierten Holz
schnitt mit dem Wappen des Hildebrand Brandenburger von
Biberach und gegenüberstehend den ausführlichen Schenkungs
vermerk über diese Zuwendung Brandenburgers an die Kart
hause: in'diesem ursprünglichen Zustande, jedenfalls eine große
Seltenheit, da das Exlibris als Samrnelgegetistand meist aus
den uns überkommenen Bänden herausgenommen worden
ist. Unter den »Illustrierten Büchern« sind vor allem Holz
schnitt- und Kupferwerke zu erwähnen. Unter den älteren ein
defektes Exemplar der neunten deutschen Bibel, zwei Exem
plare Schedel, zwei unvollständige Exemplare der deutschen
Ausgaben der Legenda Aurea des Jacobus de Voragine, zwei
fragmentierte Theuerdank-Ausgaben, verschiedene Holzschnitt-
und Kupferwerke des 16. und 17. Jahrhunderts (Amman. Stim
mer, Merian etc.). Das 18. Jahrhundert ist mit verschiedenen
Augsburger Kupferwerken vertreten; auch ist K a u k o I s
Christlicher Seelenschatz, dieses bemerkenswerte kalligraphi
sche Prachtwerk, vorhanden. Von illustrierten Publikationen
des 19. Jahrhundertes sind zu nennen verschiedene Werke
über die napoleonischen Kriege, darunter Bacler d'Albe. Sou-
vernire pittoresque, sodann die für die erste Hälfte des
19. Jahrhunderts charakteristischen Praclitwerke mit pitto
resken landschaftlichen Szenerien (z. B. Loutherbourg, Scenes
romantiques de l’Angleterre, diverse Rheinansichten). Schließ
lich sind vertreten Bücher mit Bildschmuck erster deutscher
Künstler wie Menzel, W, v. Dietz etc. Auch die letzte Phase
der deutschen Illustration ist durch den »Simpli'zissimus« I—V
(1896—1900) entsprechend repräsentiert. - Viel Interessantes
enthalten die folgenden Abteilungen: Theologie, Kirchen
geschichte und Kirchenrecht, alte Autoren, Neulateiner, Schul
geschichte und Studentica, Rechtswissenschaft, alte Medizin-
und Kräuterbücher, nebst Haus- und Landwirtschaft, Jagd-
und Pferdesport, alte Naturwissenschaft und Technik. Darauf