Nr. 4
Internationale Sammler-Zeitung.
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folgt die geschichtswissensehaftliehe Abteilung des Katalogs.
Außer allgemeiner Geschichte und Kulturgeschichte sind Bayern
und Tirol. Baden und das übrige Siiddeutschland. sowie die
Schweiz durch eigene, viel Bemerkenswertes enthaltende Ab
teilungen vertreten. Dann kommen Genealogie und Heraldik
und im Anschluß eine Anzahl schöner alter Porträtwerke.
Hieran schließt sich die ziemlich große. Abteilung der Kunst
literatur, meist größere Tafelwerke zur Geschichte der
Malerei, der graphischen Künste und des Kunstgewerbes, aber
auch zahlreiche größere Monographien und Zeitschriften, wie
Zeitschrift für bildende Kunst, 1866—1909. Besondere Beach
tung verdient die Abteilung »Alte Musik«, besonders Kirchen
musik. Es folgen als letzte Sektionen des Kataloges deutsche
Literatur, ausländische schöne Literatur, Varia und Buchein
bände. Jede Abteilung enthält verschiedene interessante und
wertvolle Bände, auch Serien, wie z. B. Goethe-Jahrbuch
1880—1910, Schriften der Goethe-Gesellschaft 1886—1910 etc.
Die Bucheinbände kommen fast alle ebenso wie die Bunt
papiere und Beschläge aus dem Nachlasse Prof. Otto Seitz'
und werden schon deshalb die Beachtung der Sammler finden.
Die Beschreibung des liier vereinigten Bücherschatzes zeichnet
sich aus durch umfassende bibliographische Nachweise und.
was das wichtigere ist, durch genaue Schilderung der Indivi
dualität, namentlich der alten Bücher: es sind genaue Angaben
über Vollständigkeit und über die Erhaltung gegeben, aber
auch die Elhbände der alten Bücher sind ausführlich beschrie
ben und interessante Besitzeinträge, sowie handschriftliche
Zusätze näher charakterisiert. Der Katalog ist gratis durch
Hugo Helbing, München, zu beziehen.
Bilder.
(Rubens »Z i n,s g r o s c h e n«.) Die Liste wertvoller
alter Meisterbildcr, die England auf Nimmerwiedersehen ver
lassen. vergrößert sich stetig. So ist wieder, wie der »B. L.-A.«
meldet, ein Werk von beträchtlichem Werte, das große Ge
mälde »Der Z i n s g r o s e h e n« von Ruhe n s, das letzten
Winter von Bevollmächtigten der verstorbenen Miß M. A.
D r i b e r in der Londoner Royal Academy ausgestellt war,
nach auswärts verkauft worden, und zwar hat es der Ber
liner Sammler und Mäzen Geheimrat K- zum Preise von 200.000
Mark erworben. Das vielfigurige Bild stellt den Moment dar,
wie Christus die Hand erhebt und ihm der Zinsgroschen dar
gereicht wird, während er die Worte spricht: »Gebet dem
Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!« Rubens
Hat das Bild nach seiner Rückkehr aus Italien gemalt.
(W e m gehört der Qainsboroug h?) Aus L o n-
don wird berichtet: Neulich begann ein sehr kurioser J^ro-
zeß, der entscheiden soll, wem ein wertvoller G a i n s-
borough gehört. William Fitzwilliam Bur ton verlangt
von den bekannten Londoner Kunsthändlern Thomas Agnew
& Sohn und den Testamentsvollstreckern von D. L. Allen
und Charles John E n g 1 e d o w die Zurückgabe eines von
Gainsborough gemalten Porträts, das als »Lady Anne Pon-
sonby« bezeichnet wird. Der Vater des Klägers war ein Son
derling. Er hatte einen Herrensitz in der irischen Grafschaft
Carlow, benützte ihn aber im letzten Teil des letzten Jahr
hunderts nicht mehr, sondern verpachtete ihn, als er nach
London zog. Er ließ aus der Empfindung heraus, daß auf
seinem alten Familiensitz alles bleiben müsse wie es war, die
dort hängenden Bilder und sonstigen Kunstschätze zurück,
und nun behauptet der Kläger, der Sohn dieses Sonderlings,
daß das Porträt der Anne Ponsonby, seiner Ahnin, im Schloß
war, als Herr Engledow Pächter wurde, und aus dem Schloß
verschwand, während Herr Engledow dort wohnte. Ein Herr
Allen, dessen Beziehungen zu Herrn Engledow noch nicht klar
sind, hat das Bild verkauft, und aus einer Versteigerung bei
Christie erwarben es nun die Kunsthändler Agnew & Sohn.
So behauptet die Anklage. Herr Engledow und Herr Allen sind
inzwischen verstorben. Die Herren Agnew & Sohn behaupten,
und die Zeugenaussagen von dem verstorbenen Allen und an
deren scheinen das zu bestätigen, daß das Porträt, das sie
übrigens für die hübsche Summe von 168.000 Mark kauften,
seit langen Jahren im Besitz der Familie Allen war und gar
nicht Lady Anne Ponsonby, sondern Lady Charlotte, eine
Nichte der Lady Anne, darstellte. Die Allen leiten übrigens in
weiblicher Linie ihre Familie auch von den Ponsonbys ab, so
daß die Sache sich noch verwickelt. Der gute Glaube der
Kunsthändler Agnew steht ganz außer Zweifel. Sie haben das
Bild in einer öffentlichen Versteigerung gekauft und sind jetzt
nicht gerade erfreut, daß ihr Besitz angefochtcn wird. Der Pro
zeß erregt in der Gesellschaft lebhaftes Aufsehen. Die beiden
Parteien haben einen großen Haufen Zeugen geladen, die das
Bild in dem Haus der einen und der anderen Familie gesehen
haben. Und diese anscheinend unlösbaren Widersprüche wer
den noch verschärft durch die Aussage des Richters, der
erklärte, er habe das Bild gesehen, das auf der Versteigerung
bei Christie als Porträt der Lady Anne Ponsonby bezeichnet
wurde. Auf dem Rücken des Bildes aber stände Lady Char
lotte Ponsonby. Wem also gehört dieser Gainsborough? Der
Einsatz geht um ein hohes Kunstwerk und um ein Vermögen.
(Leibis Bildnis der Frau Gedon) ist vorn
bayerischen Staat angekauft worden. Die dazu erforderliche
Summe wurde durch Schenkungen zusammengebracht. Das
Bildnis ward vor einigen Monaten bei der Versteigerung iu
Paris für 154.000 Franken von der Firma Heinemann in
München angekauft und damit das Werk, das Leibis Ruf be
gründet hat. dem deutschen Kunstbesitz zurückerworben,
Ueber die Ankaufssumme, die der bayerische Staat bezahlt
hat, wird Stillschweigen bewahrt, doch soll sie dank dem Ent
gegenkommen der Firma Iieinemann den Versteigerungspreis
nicht allzuweit überschreiten.
Numismatik.
(M ii n z a u k t i o n c n.) Später als in früheren Jahren
setzen heuer die Miinzversteigerungen ein. Edmund Rappa-
port (Berlin) beginnt am 19. d. M„ abgesehen von einigen
neueren, insbesondere deutschen Münzen, mit den ansehn
lichen Resten des vom Berliner Kabinett erworbenen F u n-
des von Malchin, der für unsere Kenntnis der Kipperzeit,
insbesondere Mecklenburgs, vou höchster Wichtigkeit ist. Er
besteht großenteils aus meist vorzüglich erhaltenen Doppel-
schillingen, Groschen u. s. w., von denen ein guter Teil in ver
schiedenen mecklenburgischen Städten: Gadebusch, (inoien,
Plau, Woldegk u. a. mit den Anfangsbuchstaben des Stadt
namens gegengestempelt ist; eine in diesem Umfange noch
nicht beobachtete Erscheinung. — Am 25. Februar folgt C. F.
Gebert (Nürnberg), wie stets mit Münzen und Medaillen
mannigfachster Art, darunter der Rest des Erfurter Fundes:
zahlreiche gegengestempelte Groschen des 15. Jahrhunderts,
deren Preise wohl nun endlich sinken werden. —- Außerordent
lich mannigfach sind die am 4. März bei Eugen Merz b a ch e r
Nachf. (München) zur Versteigerung kommenden Schätze, die,
abgesehen von einer schönen Spezialsammlung augsburgischer
Münzen und Medaillen (440 Nummern), eigentlich mehr aus
vereinzelten Seltenheiten, denn aus Reihen bestehen, wie denn
auch das nur 2843 Nummern umfassende Verzeichnis von nicht
weniger als 19 Tafeln Abbildungen begleitet wird. Hervor
gehoben seien noch die zahlreichen Judaica, einige schöne
Schaustücke mit Christusbild und eine Reihe besserer Re-
naissancemedaillen. Für den späteren Verlauf des März rüsten
sämtliche großen Münzhandlungen weitere bedeutende Ver
steigerungen.
(Zwölf Millionen Erinnerungsmünzen für
19 13.) Der deutsche Bundesrat hat dem Anträge Preußens
betreffend die Prägung von Erinnerungsmünzen im Jahre 1913
zugestimmt. Wie wir hören, werden im ganzen 12 Millionen
Erinnerungsmünzen ausgeprägt, von denen die eine Hälfte,
also 6 Millionen, auf die Erinnerungsmünzen zur hundertjähri
gen Feier der Erhebung Preußens gegen die französische
Fremdherrschaft, und die andere Hälfte aut Erinnerungs-
rniinzen zum 25. Regierurigsjubiläum des Kaiser Wilhelm ent
fällt. Die Erinnerungsmiinzen sind zu ie 3 Mili. als Drei- und
Zweimarkstücke bei der Königl. Münze Berlin iri Auftrag ge
geben worden. Ferner ist die Herstellung einer Medaille