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Internationale S a nfm 1 e r - Z e i t u n g
Nr. 4
Eine geschlossene Gruppe für sich bilden Zinn
und Blei. Unter dem Zinn ist das Hauptstück wiederum
schlesischer Herkunft. Es ist die große Kanne der Hirsch
berger Tuchmacher-Innung vom Jahre 1506, der H i n t z e
im »Cicerone« eine eingehende Würdigung hat zuteil
werden lassen, und die nicht minder begehrenswert ist
wie das verwandte Stück der Lanna-Auktion. Des
weiteren enthält diese Abteilung typische Exemplare von
Schenkkannen und Willkommen, wie sie in zum Teil
riesigen Formaten in den Zunftstuben des 17. und
18. Jahrhunderts bräuchlich waren; auch der mit dem
Gastmahl des Reichen und dem Gastmahl des Belsazar
gravierte Maßkrug von 1580 dürfte einer Zunftstube ent
stammen. Unter den mit Reliefs geschmückten Edelzinn
arbeiten wird eine seltene Herkulesschüssel neben einer
Marsschüssel und einer Temperantiakanne besonders be
achtet werden, desgleichen Hans Z a t z e r s Schüssel mit
den Arabeskenbordüren. Beim Blei ist das Relief Heim
richs II. zu Pferde ein durch Bemalung und Schärfe gleich
hervorragendes Werk.
Die Abteilung Edel m e t a 11 e mit dem zahlreichen
Kleingerät, den Schmucksachen und Eßbestecken enthält
zwar nur wenige größere Gefäße, dafür ein Stück wie
den Deckelpokal der Breslauer Ziechnerinnung, den der
Breslauer Goldschmied Paul N i t s c h am Ende des
16. Jahrhunderts schuf, und den nach Ausweis der Wid-
inungsinsohrift auf einer inneren vergoldeten Deckelplatte
Hans Kunz von Neisse im Jahre 1638 der Breslauer
Zunft verehrt hat.
Die Vorliebe Opplers für die vor dem 18. Jahr
hundert liegenden Kunstepochen bezeugen des weiteren
die Waffe n und Lederarbeiten, ganz besonders
aber die letzte der zu nennenden Hauptgruppen, die der
Stoffe, die auch denen, die im allgemeinen die
Opplersche Sammlung zu kennen meinten, eine wertvolle
Ueberraschung bieten wird. Abschnitte von süd
italienischen Seidenbrokatstoffen des 14. Jahrhunderts,
die von einem Pluviaie übriggebliebene Hälfte eines
frühen venetianischcn Brokats mit der Madonna in der
Strahlenglorie und Reste von Samtstoffen des 15. bis
17. Jahrhunderts sind neben den ganzen Kasein und ge
stickten Kaselstäben zu nennen. Stickereien sind recht
zahlreich vertreten, darunter manche Stücke aus der
späteren Heimat Opplers, aus Norddeutschland. So das
spätromanische leinene Antependium mit den Fabeltieren
und Pflanzenmotiven in braunumrandetcr Weißstickerei
und der für eine Kirchenwand bestimmte, mit biblischen
Szenen in bunter Seidenstickerei belebte Leinenfries von
1547, zu dem sich ein aus Braunschweig stammendes
Gegenstück im Berliner Kunstgewerbemuseum befindet.
Außer dem Wachsrelief Neubergers (Fig. 4), aui
das schon Brinckmann hinweist, bringen wir in Fig. 5
einen großen Reichsadlerhumpen mit bunter Emailtnalerei, eine
deutsche Arbeit aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Auf der
Wandung des Humpens, der die Walzenform hat, sieht man
den großen, doppelköpfigen Reichsadler mit dem Reichsapfel
auf der Brust und mit je 28 kleinen Wappen auf beiden aus
gebreiteten Schwingen. Außer den Wappen der Kurfürsten die
der 4 Vicarii, der 4 Landgraffen, der 4 Graffen. der 4 Ritter,
der 4 Dörffler, der 4 Birg, der 4 Seilt, der 4 Marggrafien, der
4 Burggraffen, der 4 Semperfreren, der 4 Stett und 4 Bauern.
Zu oberst unterhalb einer Perlbordüre die Inschrift: »Das
Heilige Römische Reich Mitt Sampt Seinen Gliedern.«
Hodler-Gemälde.
Die Galerie H e 1 b i n g in M ii neben versendet den
reich illustrierten Katalog über die Sammlung Louis S. G ii n z-
b u r g e r in Genf, die am 11. März bei ihr unter den Hammer
kommt. Dr. Johannes Widme r, der dem Sammler nahe
stand und Zeuge war, wie der reiche Besitz Stück um Stück
zusammengebracht wurde, leitet den Katalog mit einem in
struktiven Vorwort ein, dem wir folgendes entnehmen:
Ein Genfer Großkaufmann, Herr L. S. Günzburge r,
hat in vielen Jahren umsichtigen und entschlossenen Sammelns
eine Galerie geschaffen, die in manchem Betracht einzigartig
dasteht. Schon zu einer Zeit, wo H o d le r sich noch mühsam
dui chzuringen hatte, fühlte er sich von seiner mannhaften
Kunst als von etwas energetisch Gleichem angezogen. Die
Sammlung enthält eine Menge wuchtiger, mit aller Kantig
keit lind Urkraft hodlerischer Hochgebirgslandschaften und
Landsknechte ausgestatteter Werke, doch sind in ihr auch,
nicht minder zahlreich, Gebilde von reinem Liebreiz und von
zartester Gestaltung vereinigt. Diese Mischung ist für das
Ganze sogar sehr bezeichnend. Eine zweite Eigentümlichkeit
ist die, daß sich die einzelnen Entwicklungszeiten mit außer
ordentlicher Deutlichkeit und wie von selbst gruppieren. Ein
Selbstbildnis des Neunzehnjährigen zeigt ihn, wie Sachtreue
und Meisterverehrung ihn durchdringen, wie Haltung und Farbe
inneilich und äußerlich noch Mustern folgen, die entschiedene,
sein Selbst durchsetzende Natur des jungen Künstlers aber
dem Gemälde eine starke Lebensfülle, ja, einen ordentlichen
Lebensdrang verleiht. Und es ist nicht akademisch glatte
Nachahmung von Stil und Malerei der Vorbilder. Nein, das
Gemisch der damaligen, übrigens auch ihrerseits bezeichnen
den Eindrücke vornehmlich von Velasquez, wohl aber auch
von Rembrandt her, veranlaßten den jungen Hodler, das
Ruhe-Satte der Tonigkeit des Spaniers, und das reizsame Hell
dunkel des Niederländers im kalten Dämmer eines Keller
gelasses Wochen hindurch zu studieren und Übereins zu brin
gen. Aus diesem Streben ging allmählich jene frühe und doch
schon durch und durch klare und gesicherte Reife hervor, die
Werke, wie das Bildnis des Bruders, August Hodler, oder die
»Landschaft bei Langental«, zeitigte.
Die zweite Gruppe dieser Gemälde Hodlers ist zwi
schen 1880 und 1890, ungefähr, entstanden. Der geistige Er
trag einer spanischen Reise ist bereits verarbeitet. Ein »Kir
cheninneres«, ein »Reformator« und andere ähnliche Studien
und Bilder, die zum Teil im Zusammenhang mit den »Refor
matoren im Hofe des Kollegiums zu Genf« (Genfer Museum)
stehen, zeigen Hodler, wie er die Realistik noch deutlicher als
bisher betreibt. Realistik hat jedoch in seiner Entwicklung nie
etwas anderes bedeutet als eine Abschiittelung mittelbarer
Anregungen und um ihn herrschender Moden. Den Dingen ge
rade ins Gesicht sehen, ihre Muskulatur unter der Haut gründ
lich durchschauen, und einzig das richtig Durchgefühlte stehen
zu lassen: darauf ging sein Sinn . . . Die eigentlichen Standard
Works, um derentwillen Hodler litt und entbehrte, sich mühte
und stritt, sind in der Sammlung durch ein bedeutsamstes ver
treten: durch den »Ewigen Juden«, vom Jahre 1886. Die alles