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Nr. 5
Internationale S a in in I e r - Z e i t u n g.
Kolombine mit ihrem Gegenstück, dem Harlekin, eine
Kolombine mit Schultermäntelchen und ein Scapm zu
rechnen sind. Die Reinickeschen Figuren sind zierlicher
und in der Bewegung graziöser als Kändlers Modelle.
Sie stehen dem Rokokoideal schon bedeutend näher.
Fig. 3. Harlekin in drohender Stellung.
Der Eigenart Joh. Friedr. Eberleins (1735 bis 1749),
die besonders an den schiefstchenden Augen zu erkennen j
ist, entsprechen ein Harlekin mit Krug, ein lebhaft be
wegter Harlekin, der sich einen Zwicker auf die Nase
setzt (Fig. 4), beide in zwei verschieden bemalten Exem
plaren, und zwei Harlekine mit faunartigen Köpfen. Auch
der sitzende Harlekin, der einer Katze einen Vogel zeigt j
— er ist in drei verschiedenen Dekors vorhanden — |
dürfte Eberlein zugesprochen werden.
Der Modellierkunst Friedrich Elias Meyers (1748 j
bis 1762), der hohe, schlanke Gestalten mit kleinen Köpf
chen liebte, verdanken eine tanzende Kolombine, ein j
Tartaglia (Fig. 5) und eine Kolombine, die Radleicr spielt,
ihre Entstehung. Die pikanten Gesichter dieser Figuren ■
zeigen schon den Höhepunkt des Rokokostiles in der I
Porzellankunst. Zwei Harlekinjungen, zwei weitere Har
lekins, die als Flakons zu benützen sind, sowie eine
gleiche Kolombine und eine Jägerin sind nicht so leicht
einzuteilen, vielleicht sind auch sie von Kändlcr mo
delliert.
Außerhalb der Harlekinsammlung ist noch eine !
prächtige Verlobungsszene zu nennen, deren Dame einen j
umfangreichen, reich bemalten Krinolinenrock trägt. Die !
Gruppe entspricht der besten Zeit Kändlers um 1740 bis !
1750. Derselben Zeit entstammt auch eine Uhr mit alle
gorischen Figuren und bunter Höroldmalerei.
Die übrigen deutschen Manufakturen sind ent
sprechend ihrer geringeren Produktion nicht so umfang
reich vertreten wie Meißen, jedoch zeigen verhältnis
mäßig zahlreiche Gestaltungen, daß auch sie mannig
faltige und teilweise eigenartige Komödienfiguren ge
schaffen haben. Von der nach Meißen ältesten Manufak
tur Wien findet sich eine zierliche Gruppe: Kolombine
mit Harlekinjungen, die noch, nach der eingepreßten
Marke zu schließen, aus der ersten Zeit der staatlichen
Periode von 1744 bis 1749 herstammt. Eine tanzende Ko
lombine (Fig. 6) dürfte nur wenig später entstanden sein.
Auch eine Amorette als Kolombine wäre hier noch zu
nennen. Die immer noch nicht genügend gekannte kur
mainzische Fabrik Höchst bringt drei kleine zierliche
Figuren, eine Kolombine, einen tanzenden Harlekin mit
Maske und einen Harlekin als Kavalier, die ihrer Gestal
tung nach in die allererste Zeit unter L ö w e n f i n k
1746 bis 1749 zu setzen sind.
Neue Aufschlüsse zu der überaus flott modellierten
Serie von Komödienfiguren bietet außer dem schon be
kannten Harlekin eine Frauengestalt, die nach dem bel-
gegebenen Attribut, der Pritsche, als Kolombine anzu
sprechen ist, während die bisher dafür gehaltene Figur
wohl nunmehr als Prigatellin bezeichnet werden muß.
Frankenthal zeigt aus seiner frühen Hanonperiode
einen Harlekin von J. W. Lanz in gleichzeitiger Aus
formung, Ludwigsburg eine Kolombine von Pu
steln, Nymphen bürg einen Harlekin mit Affenkind
von B a s t e 11 i, Ansbach-Bruckberg einen
Pierrot von Laut, Fulda einen Harlekin in der glän
zendweißen Masse, die einen besonderen Vorzug der
big. 4. Harlekin mit Zwicker.
Fabrik bildet. Besonders problematisch sind die Ko
mödienfiguren der T hüringer Fabriken. Der bekannte
Harlekin mit dem Wechselbrief am rechten Ohr findet
sich in zwei verschiedenen, kaum differierenden Mo
dellen, das eine, wohl das ursprüngliche, deckt sich mit