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Internationale S a m rn 1 e r - Z c i t u n g. 
Nr. 6 
vnd verstcendt die Mensur nit vnd radprechentz durch 
ainander, das es nit müglich ist, das ainer guet miig 
werden, mit sölicher pöser Applicatz vnd ob er sich tag 
vnd nacht darmit vbet aine lange zeyt, so ist es doch 
ain verloren arbait, dieweil er nit gründlichen bericht 
ist, wie man zwicken vnd greiffen sol ainen jedlichen 
puechstaben vnd die Tabulatur«. (Wasielewski.) 
Fig. 1Ü. Daffinger, Miniatur. 
Wann Judcnkunig in die Donaustadt gekommen ist, 
läßt sich aus den bezüglich des Lautenisten überhaupt 
nur sehr spärlich vorhandenen Urkunden nicht genau 
fcststellen. Im Gedenkbuche der bei der Wiener Dom 
kirche zu St. Stephan bestandenen Gottsleichnam Zeche 
oder Bruderschaft erscheint Judenkunig in den Jahren 
1518 bis 1526 als Mitglied verzeichnet. Diese Bruder- 
Fig. 11. Kriehuber, Großfürstin Marie Paulowna. 
Schaft war von Mattheus Heyberger aus Hall im Inn- 
tale, Burger zu Wien, im Jahre 1504 . . . neu organisiert 
und vom Bäte der Stadt Wien des Pfintztags nach S. 
Laurentzen (12. August) Anno domini 1505 bestätigt 
worden. Unter ihren Brüdern und Schwestern waren 
alle Stände vertreten: Fürsten, Edellcute, Bürger, geist 
liche und weltliche Würdenträger, bis hinab zu den 
Handwerkern, Dienstleuten und »Kerzelweibern«. ln 
dieser Beziehung gewährt uns das Mitgliederverzeich 
nis der Bruderschaft... einen interessanten lokalhistori 
schen Einblick in das kulturelle und soziale Leben des 
damaligen Wien. Es ist nun wohl begreiflich, daß Juden 
kunig sich nicht ohneweiters in die fromme Bruder 
schaft aufnehmen ließ, sondern daß er schon einige Zeit 
vorher in Wien seßhaft gewesen sein wird. 
Der Judenkünig betreffende Vermerk im Gedenk- 
buchc von 1518 lautet: Hans Judenkunig lutenist. In des 
Gundlach Haus. Judenkunigs Tätigkeit in Wien er 
streckte sich also auf die musikalische Praxis, die im 
Zusammenhalte mit den in seinen Lautenbüchern ent 
haltenen Bemerkungen und Exkursen über seine didakti 
schen Erfahrungen hauptsächlich auf das Unterrichten 
im Lautenspielen gerichtet war . . . Judenkunigs Mah 
nung befand sich . . . im Gundlachhaus, welches nach 
den Stadtgewährbüchern im ältesten Teile der Stadt 
Wien in der »hinteren Bäckerstraße« gelegen war (der 
heutige Köllnerhof). Für jeden Fall müssen die Juden- 
kunigschen Lautenbücher als um so wertvollere Denk 
mäler der W'iencr Buchdruckerkunst betrachtet wer 
den, als gerade Tabulaturwerke nur spärlich die Wiener 
Druckerwerkstätten verlassen haben. 
Wie alle Lehrbücher der deutschen Lautenisten sind 
auch die Judenkunigs Behelfe zum Selbstunterricht. In 
Fig. 12. Peter, Kinderporträt. 
diesem Sinne soll die »introductio« nur eine kurze und 
bequeme Einführung in die allerersten Anfangsgründe 
der instrumentalen Betätigung bieten. Die Hauptregeln 
dieser Elementarschule sind in einer vom humanistischen 
Geist getragenen Vorrede zusammengedrängt, die leb 
haft an die knappen Gebrauchsanweisungen der italieni 
schen Lautenisten in den Petrucci-Tabulaturen erinnert. 
Die humanistische Tendenz prägt andererseits gerade 
diesem Büchlein eine spezifisch Alt-Wiener Note auf, in 
dem sie deutlich durch das poetisch-mathematische Kol 
legium und die literarische Donau-Sodalität des ge 
krönten Konrad Celtis-Pickel zu jener Zeit in Mode ge 
brachte Geistesrichtung erkennen läßt . . . 
Der Titelholzschnitt (Fig. 13) ist zweifellos von 
dem Formschneider Hieronymus R e s c h oder Rösch. 
Die sehr raren Gafurid rucke sind in einer kom 
pletten Serie vorhanden; unser Holzschnitt (Fig. 14) 
stammt aus der »Theorica musice«, die nach einem Ver 
merk am Schluß des Werkes am 15. Dezember 1492 er 
schien. Das Werk handelt von der antiken Musiklehrc 
nach Boetius und von der Solmilation. Der Holzschnitt 
veranschaulicht die Klangwirkung verschiedener Töne. 
Ein Unikum ist das Werk von Arnolt Schlick, 
dessen vollständiger Titel lautet: »Spiegel der Orgel 
macher vnd Organisten allen Stifften vnd Kirchen so 
Orgel halten oder machen lassen hochnützlich durch den 
hochberümpten Vnd kunstreichen Meyster Arnolt 
Schlicken, Pfaltzgrauischen Organisten artlich verfaszt.« 
Dieses Werk stellt unsere wichtigste Ouelle über die 
deutsche Orgclbaukunst um 1500 dar und ist 1869 von 
E i t n e r nach dem vorliegenden, einzig bekannten
	        
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