MAK
Nr. 7 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Seite 103 
Eine alte österreichische Bibliothek. 
Eine ganz außergewöhnlich interessante Bücher 
sammlung ist es, die mit der alten österreichischen Biblio 
thek bei C. G. Boerner in Leipzig zur Ver 
steigerung kommt.' Unter den 997 Nummern, die der 
Katalog registriert, befinden sich nicht weniger als 
182 Inkunabeln und Drucke, die der ältesten Zeit angc- 
hören; vertreten sind alle bekannten Offizinen, am 
reichsten Köln, Leipzig, Nürnberg, Straßburg und 
Venedig. Das Verzeichnis der Drucker allein füllt fast 
zwei Druckseiten. 
Besonders hervorheben möchten wir ein vollstän 
diges Exemplar des Wiener Heiltumbuches, bei Johann 
Winter bürg, dem ersten Drucker Oesterreichs, ge 
druckt. Der Titel lautet: »In Disem Puechlein ist Ver- 
zaichent, Das Hochwirdig Heyligtub so man In der Lob / 
liehen stat Wicnn In Österreich alle iar an sontag nach 
Big. 10. Heiltumbuch, Titelholzsclinitt. 
dem Ostertag zezaigen pfligt.« Der Titelholzschnitt zeigt 
einen Ritter in Rüstung, links lehnt auf dem Boden der 
kaiserliche Adler, rechts das Wiener Stadtwappen. Auf 
der Rückseite des Titelblattes befindet sich ein Holz 
schnitt, der die Stephanskirche darstellt. (Fig. 10.) 
Bl. ai.i: »Die Vorred«, aiij verso: ein blattgr. Holz 
schnitt. »Die Form vnd gestaldt des heyltumbstuels.« 
Fol. aiii.i beginnt der Text des Heiltumsbuches. Auf Bl. c 
»Die Beschlusrede«, auf der Rückseite blattgr. Holz 
schnitt., die Steinigung des h. Stephanus darstellend; 
auf Bl. cij bis c7 der schwarz und rot gedruckte Kalen 
der; auf Bl. c8 Totendarstellung, unten auf einem 
Spruchbande: » o M o W o ALL o HERNACH o 1502 o.« 
Auf der Rückseite die Schlußschrift (19 Zeilen): Z. 17 
»Nach cristi gepurde. Tausent fünfhun- / dert vnd zway iar 
durch Johanne Winterburg burger daselbs / zu Wienn ge- 
drugkt vnd zu endbracht.« Hierauf folgt der rot gedruckte 
Titel des Nachtrages von 1514 (7 Zeilen), darunter ein 
fast ganzseitiger Holzschnitt: der hl. Stephan in einer 
Landschaft, und 2 Blatt Text, enthaltend den Zuwachs 
an Meiltümern bis 1514. 
Das Exemplar enthält auch Titel und die 2 Blätter 
der 2. Ausgabe mit dem Zuwachs an Heiligtümern in 
den Jahren 1502- 14. Außer dem Exemplar bei Lanna, 
in welchem jedoch der Titel zur 2. Ausgabe nicht ent 
halten war, ist seit zirka 40 Jahren kein Exemplar in den 
Handel gekommen. 
In der Abteilung »Austriaca« stoßen wir ferner auf 
den ersten, äußerst seltenen Druck der »Cronica 
Habsburgea nuper Rigmatice edita« von Jakob M e n n e 1. 
(Das British Museum in London und die Wiener Hof 
bibliothek besitzen nur den zweiten Druck des Werkes.) 
Jede Seite des 1507 bei Johann Schäffler in Kon 
stanz gedruckten Buches ist mit zwei hübschen Rand 
leisten geziert. Auf der Schlußseite liest man einen 
zwanzigzeiligen Reim, in dem sich der Verfasser selbst, 
sowie den Ort und das Datum nennt. 
Dieser Reim lautet: 
0atum. 
iDcrbifi gebtcbtbatCompcntcrC 
0ambr | emr mttgfellctt bilff traette« 
5Der> Kontfcben fctmig (Zvomciß 
3Urt boctot betber rechten iß 
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Z\\ (toffenr* an bem *<Xeütj'cbcn CHtte 
Den feummen jol man bweifeit i£er 
Damit fo ennbt ficb bi^ gebtebt 
ßocalte bmgj/im besten Xtcbt. 
Fig. 11. Mennel. Cronica Habsburgea. 
Ob seiner schönenTafeln interessant ist G. Ch. Kriegls 
»Erbhuldigung«, welche der Allerdurchleuchtigst-Groß- 
mächtigsten Frauen Mariae Theresiae zu Hungarn und 
Boeheim Königin, als Ertz-Herzogin zu Oesterreich von 
denen gesamten Nider-Oesterreichischen Ständen, von 
Prälaten, Herren, Rittern, auch Städt und Märckten ab- 
geleget den 22. November 1740. Wien, bey Johann 
Baptist S c h i 1 g e n. Frontispiz (Porträt Maria Theresias) 
und 11 große Kupfertafeln. Titel rot und schwarz ge 
druckt. 92 Seiten. Folio. Lederband der Zeit (s. Fig. 12). 
Von den illustrierten Werken des 16. Jahrhunderts 
sei ein Prachtexemplar des »Missale Pataviense« heraus 
gegriffen, das — bei liturgischen Handbüchern nicht 
häufig — ganz tadellos erhalten ist. 
Was diesem Missale ganz besonderen Wert verleiht, 
das sind die 2 blattgroßen Holzschnitte von Wolf 
Traut, deren erster (die Heiligen Valentin, Stephan 
und Maximilian, s. Fig. 13) die Versoseite des rot ge 
druckten Titelblattes einimmt. Der künstlerisch hervor-
	        
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