Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
5. Jahrgang.
Wien, 15. April 1913.
Nr. 8.
Der japanische Farbenholzschnitt.
ui.
Zur Technik des japanischen Farbenholzschnittes,
Von Karl Mienzil, k. u. k. Oberst d. R. (Wien).
Kurz nachdem meine Abhandlung über den japani
schen Farbenholzschnitt im Januarhefte der »Internatio
nalen Sammler-Zeitung« erschienen war,* kam ich
durch Zufall in den Besitz
eines japanischen Bunt
druckes, welcher in das
Kapitel der Herstellung des
japanischen Farbenholz
schnittes gehört, auch wenig
bekannt ist und daher Samm
ler des japanischen Holz
schnittes wie Kunstfreunde
überhaupt interessieren
dürfte.
Der hier reproduzierte
Farbendruck (Fig. 1) zeigt
uns den Holzschneider (Xylo-
graphen) bei der Arbeit. Das
Blatt ist nach Kitagawa U t a-
maro, geboren 1756 zu
Kawagoye in der Provinz
Musashi, gestorben 1806 in
Jedo. Derselbe gehört zu den
hervorragendsten Künstlern
Japans. Durch seine geniale,
von reinstem Schönheits
und Farbensinn durch
drungene Darstellungsweise
entzückt er jeden Kunst
freund. Seine Kunst war dem
schönen Weibe gewidmet.
Fr schwelgte in der Schön
heit des Weibes und brachte
durch seine Kunst die Ver
ehrung des Schönen zum
Ausdrucke. Das weibliche
Geschlecht mit seinen Reizen
war für ihn meistens die
Anregung zum Schaffen, ihm
Siehe Nr. 15 und 16 ex 1912
und Nr. 1 des laufenden Jahr
ganges.
seine Inspiration. Es gibt
seine Darstellungsweise des
ja, man könnte sagen, zur Ueber-
sinnlichkeit hinneigt. Pere-
z y n s k i bezeichnet sie in
seiner Abhandlung über den
japanischen Farbenholz
schnitt treffend als »höchste
Sublimität und süße Mor-
bidezza«.
Utamaro malte und zeich
nete überlange, schmale
Frauengestalten mit ebenso
langen und schmalen Köpfen,
die auf dünnen, schwachen
Hälsen aufgesetzt er
scheinen. Die Körpergröße
ist oft auch im Verhältnis
zur Größe des Kopfes über
mäßig lang dargestcllt.
Immer blieb aber Utamaro
in seiner Auffassung und
Darstellung der große
Künstler und Meister des
Farbenholzschnittes. Unter
ihm erreichte diese Kunst
ihren Höhepunkt, ohne bis
jetzt übertroffen zu werden.
Zahlreiche Schüler und
Nachahmer Utamaros geben
Zeugnis, wie hoch seine
Kunst eingeschätzt wurde;
heute werden für seine
Blätter auf dem Kunst
markte die höchsten Re
kordpreise gezahlt.
Wir besitzen in der
deutschen Sprache auch
schon eine vorzügliche
Monographie über den
Künstler, und zwar von Dr.
Utamaro. Julius Kurth, welcher
verdankt er in erster Lini
wohl eine Periode, wo
Weibes zur Entartung.