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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 8
Bilder.
(Hin neuentdeckter Re mb r and t.) Dr. Va
lentine!', der Leiter des Ncwyorker Metropolitain-
Museums, entdeckte, wie aus Newyork gemeldet wird,
unter einem Gemälde des Rembrandtschülers Fabrizius: »Der
Advokat«, ein von Re mb ran dt selbst gemaltes Bildnis
seines Sohnes Titus. — Dr. Valentiner ist neben General
direktor Bode einer der hervorragendsten Rembrandt-
Forscher. Er war es auch, der die Echtheit der von S e d e 1-
meyer auf der Auktion Weber bei Lenke gekauften »Ehe
brecherin vor Christus« bestätigte und das Bild für das New- [
yorker Museum erstand. Bredius hatte, wie erinnerlich, diesen
Rembrandt für ialsch erklärt, worauf Sedelmeyer eine sach
lich klare und überzeugende Broschüre über diesen »Fall«
Rembrandt veröffentlichte. Ueber seine jüngste Entdeckung
wird Dr. Valentiner zweifellos in kurzem Näheres mitteilen.
(Velasquez’ »Verkündigung an die Hirten«.)
Die Wiederauffindung von Velasquez »Verkündigung an
die Hirten« in London bereichert die Geschichte romantischer
Bilderfunde um ein neues Beispiel. Das Werk war unter einer
dicken Schicht von Schmutz und Firnis so gut wie unkenntlich
geworden; jetzt zeigt sich aber, daß es zu den schönsten und
prächtigsten Meisterstücken der Frühzeit des großen Meisters
gehört. Welche Bedeutung dieser Fund hat, wird man ermessen,
wenn man sich vor Augen hält, daß der berühmte spanische
Velasquez-Biograph Beruete in seinem Lebenswerk über
den Meister die Gesamtzahl der echten Velasquez-Bilder auf
nur 90 Stück bemißt. Das Merkwürdige an der jetzigen Bilder
entdeckung aber bleibt die Tatsache, daß dasselbe Werk in
der Mitte des vorigen Jahrhunderts auftauchte, vollkommen
richtig als Jugendwerk des Velasquez bezeichnet wurde, eine
Zeitlang im Handel blieb und dann spurlos verschwand. Die
»Verkündigung an die Hirten« war seinerzeit von dem be
kannten englischen Sammler Frank Hall St an di sh von Dux-
bury Hall dem Bürgerkönig Louis Philippe vermacht
worden, »als ein Zeichen meiner Hochschätzung einer edlen und
höflichen Nation, die stets fremde Reisende willkommen heißt
und die ich immer mit Freude besucht und mit Bedauern ver
lassen habe«. 1842 stellte Louis Philippe zusammen mit seinen
anderen spanischen Bilderschätzen auch die »Verkündigung«
im Louvre aus. Im Katalog der Sammlung Standish trug sie
die Nummer 153. Die spanischen Bilder füllten im Louvre 16
Zimmer und blieben bis zum Jahre 1853 dort. Damals, drei
Jahre nach dem Tode des Königs, wurden sie wieder freige
geben, nachdem Louis Philippe schon fünf Jahre vorher die
Herausgabe seiner dem Louvre geliehenen Kunstschätze ver
langt hatte. Die Sammlung kam nach London und wurde noch
im gleichen Jahre bei C h r i s t i e versteigert. Die Bilder
waren damals sehr schlecht verpackt worden und erlitten auf
dem Transport erhebliche Beschädigungen. Sic waren auch
schlecht katalogisiert, kurz, alle Umstände vereinigten sich, um
die Versteigerung zu schädigen. Zugleich aber muß man sich
vergegenwärtigen, daß die Erkenntnis der überragenden Be
deutung des Velasquez auf dem europäischen Kunstmarkt erst
viel später durchdrang; selbst die Murillos der Sammlung des
Königs Louis Philippe erzielten damals sehr mäßige Preise. Für
die »Verkündigung«, die als Velasquez bezeichnet war, zahlte
man nur 7980 Mk. Käufer war der Reverend Davenport Brom-
1 e y. Im Hause dieses bekannten Sammlers erhielt der Velas
quez einen Ehrenplatz: und in seinen »Kunstschätzen in Eng
land« widmete ihm Waagen eine ausführliche Würdigung,
indem er das Werk als »von kühner Realistik der Formen-
gebung« schildert und den mächtigen Kontrast zwischen den
hellen Lichtern und den dunklen Schatten hervorhebt. Als der
Reverend Davenport Broniley starb, wurde seine Sammlung
1863 bei Christie versteigert, und mit ihr auch jener Velasquez.
Von diesem Augenblick an verlieren sich die Spuren des Bildes.
Es wurde anscheinend von Lord Ashburton gekauft. Man
i weiß aber, daß später einzelne Bilder der Sammlung Ashburton
I unter der Hand weiterverkauft wurden; und zweifellos befand
| äich unter diesen Bildern auch die jetzt wieder aufgefun-dene
1 »Verkündigung«. Allen Anzeichen nach ist seine Entstehungs-
I zeit um 1622 anzusetzen.
Numismatik.
(Frankfurter Münzauktionen.) Die Miinjzen-
handlung Adolf E. Ca.hn in Frankfurt a. M. hatte mit
ihren beiden Münzauktionen sehr guten Erfolg. Von den antiken
Münzen der Sammlung A. Oertel (Berlin) brachten die
großenteils prächtig erhaltenen römischen Münzen hohe Preise.
So erzielte ein As der römischen Republik zur Zeit der Unter
werfung Samniums (gegossen) 490 Mk., ein überaus seltener
Triens der kampanischen Stadt Tibur 890 Mk., eine reizende
Kupferporträtmünze der ersten römischen Kaiserin Livia 395
Mark, eine Großbronze Neros mit Triumphbogen auf der Rück
seite 165 Mk., eine ebensolche Hadrians von glänzender Patina
200 Mk., ein Großerz von Titus auf die Eroberung von Jeru
salem 190 Mk,, eine Großbronze von Caracalla (von feinster
Erhaltung) 400 Mk. Bei der Versteigerung mittelalter
licher Münzen der Sammlung Freiherr v. B. in D. wurden
vor allem die Karolingermünzen und Brakteaten geschätzt, von
denen ein Denar Karlomanns, des Bruders Karl des Großen,
540 Mk. brachte. Ein überaus seltener Brakteat Albrechts des
Bären, Markgrafen von Brandenburg, erzielte 330 Mk., ein
solcher Ottos von Brandenburg 210 Mk. Eine Porträtmedaille
Johann Friedrichs des Großmütigen von Sachsen (1532) wurde
mit 1225 Mk. bezahlt, ein Halbtaler Friedrichs des Weisen von
Sachsen (1508) mit 460 Mk. Eine bisher noch nicht vorge
kommene dreieckige Probe des halben Guldens der Stadt Nürn
berg von 1604 brachte 625 Mk.
Philatelie.
(Arktische und antarktische Brief
marken.) Aus Christian ia wird uns geschrieben:
Zwischen der norwegischen Generalpostdirektion und Roald
Amundsen sind vor einiger Zeit Verhandlungen eröffnet
worden, die den Zweck haben, eine »Postordnung« für die
bevorstehende Nordpolarfahrt der »Fra m« einzurichten. Es
soll eine arktische Briefmarke hergestellt werden,
und Amundsen wird wahrscheinlich für die Dauer der Nord
polfahrt zum Postmeister für die arktischen Gegenden mit der
Befugnis ernannt werden, die Briefe, Karten und anderen Post
sendungen, die unterwegs geschrieben werden, mit der arkti
schen Briefmarke versehen und diese postmäßig stempeln zu
lassen. Es ist vorgeschlagen worden, die Briefmarke mit den
Bildern Amundsens, Nansens und Svcrdrups zu versehen.
Durch den Erlös, den der Verkauf derartiger (abgestempelter)
Nordpolmarken seitens der Briefmarkenliebhaber erbringen
wird, soll nach einem hier dieser Tage lebhait erörterten Vor
schlag ein »Fram«-Fonds zum Zwecke wissenschaftlicher
Polarforschung gegründet werden. — Die Idee der Nordpolar
briefmarke ist durchaus ernst zu nehmen. Es wird noch er
innerlich sein, daß Sir Ernst Shackleton, bevor er sich
im Jahre 1907 auf seine antarktische Expedition begab, zum
»Generalpostmeister« für die antarktischen Gegenden ernannt
wurde. Shackleton leistete vor der Magistratsbehörde zu
Lyttleton (New-Zeeland) seinen Amtseid als Postmeister und
bekam einen Vorrat von etwa 23.000 antarktischen Brief
marken für seine Fahrt ausgehändigt. Die Marken waren die
gewöhnlichen roten Penny-Marken, die jedoch den Aufdruck
»König Edward VII. -Land« erhielten. Der Stempel, den
Shackleton ebenfalls mitbekam und lebhaft benützte, enthielt
die Worte »B r i t. A n t a r c t i c Exp d.« nebst Datum. Die
antarktische Briefmarke war offiziell anerkannt; es wurde die
übliche Form auch in der Weise gewahrt, daß etwa 400 Exem-