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Internationale Sammler- Zeitung.
Nr. 8
machte dem König ein Teleskop zum Geschenk, das er in allen
Teilen selbst konstruiert hatte. Mau belobte ihn und dankte ihm
für seine Aufmerksamkeit. Im Jahre 1824, also zehn Jahre
später, erhielt Favre eines schönen Tages eine Sendung aus
Berlin. In einem von Friedrich Wilhelm III. Unterzeichneten
Brief teilte man dem bescheidenen Uhrmacher mit, daß man in
dem Reisegepäck des Königs, das er 1814 benützte, ein Tele
skop gefunden hätte. Als Dank für seine damalige Aufmerk
samkeit gestatte sich der König, ihm ebenfalls ein Geschenk zu
überweisen. Dieses bestand in einem großen goldenen Ring mit
einem Topas, der von 84 in Platin gefaßten Diamanten umgeben
wird. Das bisher in der Familie von Sylvain Mairet aufbe
wahrte historische Kleinod ging jetzt in den Besitz des Museums
der Heimatstadt seines ehemaligen Besitzers über.
(Das Tolstoi-Museum in Petersburg.) Das
im vorigen Jahre in Petersburg eröffnete Museum zum
Gedächtnis Leo Tolstois erfreut sich, wie uns geschrieben
wird, weitester Beachtung und Unterstützung. Die Zahl der in
dem Museum enthaltenen Erinnerungsgegenstände an Tolstoi
hat sich seit der Eröffnung des Museums stark vermehrt. Das
Museum, das bekanntlich vor allem infolge der lebhaften
Agitation des dem Dichter persönlich befreundet gewesenen
bekannten Politikers M. A. Stachowitsch zustande ge
kommen ist, enthält mehrere tausend Gegenstände, die auf die
Persönlichkeit, das Leben und das Schaffen Leo Tolstois Be
zug haben. Besonderen Wert erhält das Museum durch eine
sehr große Sammlung von Bildnissen, Büsten und Statuetten
Tolstois aus allen Lebensjahren, unter denen sich eine Reihe
hervorragender Kunstwerke befindet. Die Hoffnung der
Museumsverwaltung, von der russischen Zensurbehörde die
Genehmigung zu erhalten, die gesamte ausländische Tolstoi-
Literatur vollständig und »ungeschwärzt« in die Bibliothek des
Museums aufnehmen zu können, hat sich bisher noch nicht er
füllt, es erscheint auch zweifelhaft, ob dieses Gesuch in ab
sehbarer Zeit bewilligt werden wird. Bekanntlich wurden erst
wieder im vorigen Jahre infolge einer Verfügung des Mos
kauer Gerichtshofes drei Bände‘der nach Tolstois Tode er
schienenen Gesamtausgabe seiner Werke eingestampft. Das
Urteil gründete sich auf die *;§ 73, 281 und 128 des russischen
Kriminalkodex, die sicir auf Gotteslästerung, Aufreizung der
Bevölkerung zu feindlichem Verhalten gegenüber der Regie
rung und freche Mißachtung der Allerhöchsten Gewalt be
ziehen.
Vom Kunstmarkt.
(K u n s t a u k t i o n im Wiener »Dorotheu m«.)
Vom 24. bis 26. d. M. wird im Dorotheum in Wien eine
größere Auktion von Gemälden älterer und moderner Meister
sowie von Antiquitäten aus verschiedenem österreichisch-unga
rischen aristokratischen und bürgerlichen Privatbesitz statt
finden, dessen reich illustrierter Katalog in den nächsten Tagen
zur Versendung gelangt. Wir sind auf Grund der uns freund-
lichst zur Verfügung gestellten Aushängebogen schon jetzt in
der Lage, unsere Leser auf einige interessante Stücke auf
merksam zu machen. Von den alten Meistern möchten wir in
erster Linie nennen: Nr. 27: Das Brustbild eines Patriziers, sig
niert Schiavoni; Nr. 66: ein signiertes Bild von Thomas
van Abshofen, »Im Gemüseladen«; Nr. 46: das Reiterbild
eines polnischen Edelmannes von Casanova; Nr. 50: eine
Landschaft mit Ziegen von Ommeganck; Nr. 51: Tryptichon
eines Antwerpener Meisters um 1550, darstellend »Anbetung
der Könige«; und Nr. 52: ein signierter Daniel S e g h e r s,
»Madonna in einem Blumenkränze«. Nr. 53 ist ein ungemein
charakteristischer und in den Farben ausgezeichnet erhaltener
Altomonte, eine büßende Magdalena darstellend (gemalt
im Jahre 1743), Nr. 54, ein Werk von Latnpi d. A'e., zeigt uns
die Zarin Maria Feodorowna, die Gemahlin Paul I.
von Rußland. Eine ähnliche Darstellung befindet sich im
Palais Auersperg in Wien. Wir hätten es also mit einer Replik
des Meisters zu tun. Das Kolorit und die delikate Bearbeitung
des Stofflichen bringen einen auf den Gedanken, daß es sich
vielleicht um ein Originalwerk R o s 1 i n s handelt, der ja be
kanntlich diese Kaiserin oft gemalt hat. Von den österreichi
schen Künstlern sind vertreten: Rudolf und Franz Alt, Ernst
Moser mit einer tiefempfundenen Genreszene (Versöhnungs
versuch), E y b 1, End e, Mark o, Wald m ii 11 e r mit dem
Porträt der Hofrätin von Lötsch, Ranftl, Danhauser,
Ziramerniann, Seligmann u. s. w. Welch herrliche
Arbeiten unser bodenständiges Tischlergewerbe in früheren
Zeiten zu schaffen imstande war, das beweist die reiche Kol
lektion von Mobiliar, das in der Auktion vereinigt ist. Es
sei hier nur auf Kat.-Nr. 204, den herrlichen Tabernakelkasten
aus dem 18. Jahrhundert, und auf Nr. 203, einen Barockspiel
tisch vom Ende ues 17, Jahrhunderts, mit den zum Mühl- und
Puffspiel gehörigen 30 Spielsteinen mit den Bildnissen der Re
genten Leopold I„ Johann Sobieski, Ludwig X!V„ Wilhelm von
England und Darstellungen aus der zweiten Türkenbelagerung
von Wien, hingewiesen. Das ausländische Kunstgewerbe ist
mit einer Louis XV. Gobelingarnitur, Louis XV. und Louis XVI.
Schreibtischen und Boulearbeiten vertreten. Einen Clou der
Auktion dürfte die Tapisserie der Pariser Gobelinmanufaktur
aus der Zeit Ludwig XIV. bilden: »Vulkan, den Besuch Jupiters
und der Venus empfangend.« Der Gobelin stammt aller Wahr
scheinlichkeit nach aus dem Garde-Meuble, wurde unter Nap o-
leon III. anläßlich des Besuches eines ägyptischen Prinzen
zur Ausschmückung des ihm zur Verfügung gestellten Palais
verwendet und später samt dem Palais von einem Diplomaten
käuflich erworben. Die Tapisserie, teilweise iri Seide aasge
führt, zeichnet sich durch beste Erhaltung und lebhafte, schöne
Farben aus. Noch einer außerordentlichen Rarität sei Erwäh
nung getan, eines altrömischen Rennpreises, der vom Haupt
thann im Geniestabs Rudolf Rukawina in dem von öster
reichischen Truppen besetzten Teil von Novibasar im Lirri-
gebiete ausgegraben wurde. Es ist nach der Aussage Hofrates
B e n d o r f ein Unikum. Der Rennpreis stellt ein Glas in Me
daillenform dar, die untere ülasschichte ist azurblau, darauf
aus Plattgold ein Pferd, ober demselben die Inschrift »Baea-
tus«. Auf dieses seltene Sammlungsstück seien die Museen be
sonders aufmerksam gemacht.
(Nachlaß Professor R u d. M a i s o n, M ii n c h e n,
und Sammlung Bankier R. Molenaar, B e r 1 i n.)
Am 28. d. M. gelangt in der Galerie H e 1 b i n g in M ii n ch e n
der künstlerische Nachlaß des Professors Rudolf M a i s o n
zur Versteigerung. Fritz von Ostini hat in einem einleiten
den Aufsatz die Arbeiten Maisons, der bekanntlich zu den be
deutendsten deutschen Bildhauern unserer Zeit zählt, eingehend
gewürdigt. Unter den Werken, die versteigert werden, befinden
sich zahlreiche, die nicht reproduziert wurden, wie der
»Wotan«, die »Nornen« und »St. Georg«. An den Nachlaß
Maisons schließt sich die Sammlung des Bankiers R, Mole
naar, Berlin (Oelgemälde moderner Meister), mit der Bilder
aus anderem Besitze versteigert werden, insgesamt 196 Ge
mälde. Die Kollektion enthält vorwiegend Arbeiten der Mün
chener und anderer deutschen Schulen sowie zahlreiche Fran
zosen. Unter anderen sind mit bedeutenden Werken vertreten:
Andreas und Oswald Achenbach, Rosa Bonheur, H. Bürkei,
Courbet, Louis David, Dill, Erdtelt, E. v. Gebhardt, Grützner,
Gysis, H, v. Habermann, Haider. Harpignies, L. v. Hofmann,
Hübner, Jank, Jordan. Israels, Graf v. Kalckreuth, Kampf, F.
Keller, Krüger, Kühl, Kurzbauer, Leibi, Lenbach, Leistikow,
E. Liebermann, M. Liebermarin, Monticelli, M. de Munkacsy,
Oberländer, Pissarro, Putz, Regnault, E. Schleich d. Ae.,
Schuch, Sisley, Spitzweg, Stuck, Thoma, Troyon, Trübner, F.
v. Ulide, Vernet, Voltz, Wenglein, Zügel. Die Sammlung Mole
naar wird durch ein Vorwort von Dr. Georg Martin Richter
eingeleitet. Der Katalog ist mit 30 Tafeln und 29 Klischees im
Text zum Preise von 4 Mk. durch Hugo H e 1 b i n g, München,
zu beziehen-.